Schwörtag in Reutlingen | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Bald 120 000 Einwohner: Bosch fordert in Schwörtagsrede Invesitionen für stark wachsende Stadt

Stand: 18.07.16 08:48 Uhr

Seit dem 14. Jahrhundert bis zum Jahre 1802 war der Schwörtag das zentrale politische Ereignis in der Freien Reichsstadt Reutlingen. Damals wurde an diesem Tag der Bürgermeister gewählt. Heute ist der Schwörtag ein Volksfest. Gewählt wird an diesem Tag nicht mehr, aber der Schwur und der Brauch der sogenannten Schwörtagsrede sind geblieben. Auch in diesem Jahr ging Oberbürgermeisterin Barbara Bosch auf aktuelle politische Themen ein. Die Stadt wachse auf bis zu 120 00 Personen und müsse sich dieser Herausforderung mit gezielten Investitionen im neuen Haushalt stellen.


Punkt 11 Uhr 10. Wie einst in alter  reichsstäditscher Vergangenheit begann auch heute der Schwörtag wie an jedem 17. Juli mit einem einem Gottesdienst in der Reutlinger Marienkirche. Denn Gott und Kaiser waren die einzigen Autoritäten, die die reichsstädtischen Bürger fürchteten und anerkannten. Rund 600 Jahre war Reutlingen eine nur dem Kaiser untergebene Stadtrepublik mit besonderen Selbstbestimmungsrechten. Angeführt durch die Stadtgarde dürfen heute sich heute aber neben den wichtigsten Repräsentanten der Stadt auch Abgeordnete der Landesherrschaft sowie Vertreter des Landkreis und anderer Gemeinden einreihen.

Das Ziel des Zuges ist indessen in der jetzigen Zeit dasselbe wie einst:: der Schwörhof im ehemaligen Franziskaner-Kloster, dem heutigen Friedrich-List-Gymnasium. Und dort nahm Oberbürgermeisterin Barbara Bosch in ihrer Schwörtagsrede den Blick auf die Zeiten und die Herausforderungen für die Stadt ins Auge:

Neben einer Welt, die mit blutigen Terrorattacken , Brexit und alljährlichen Jarhundert-Hochwassern aus den Fugen geraten zu sein scheine, stehe auch Reutlingen vor großen Aufgaben: Die Stadt sprenge, was die zu erwartenden Einwohnerzahlen angehe, alle Prognosen.

Derzeit wachse Reutlingen Jahr für Jahr netto um 800 Menschen an. Eine Entwicklung, die bereits vor dem Zuwachs durch die Flüchtlingsströme begonnen habe.  Dies sei eine überaus erfreuliche Entwicklung; sie zeige, dass die Achalmstadt attraktiv sei und man "gerne hierher komme". In den kommenden Jahren marschiert baden-Württbergs jüngste Großstadt demnach auf die Marke von 120 000 Einwohnern zu. Der Hauptteil dieser Menschen seien EU-Ausländer.

Sehr aussagekräftig sei, dass gleichzeitig die Arbeitslosenquote beständig sinke und jetzt einen Tiefststand erreicht habe. Das spreche für die Stadt, ihre Unternehmen und Einrichtungen, besonders im Dienstleistungsbereich.

Ein stabiles Wirtschaftswachstum sei der Ausgangspunkt für eine insgesamt prosperierende Entwicklung.  Die Situation insgesamt  zeitige aber deshalb auch notwendige Folgewirkungen: auch die Stadt müsse mitwachsen.

Man brauche mehr Gewerbeflächen, Wohnraum, Betreuungs- und Schulplätze für Kinder, mehr Investitionen in den ÖPNV und in Fußgänger- und Radwege. Beim Thema Auto und LKW-Verkehr sei man indessen bereits  "an die Grenzen gestoßen". Hier sei man auf eine intelligente Steuerung der Verkehre angewiesen.

Die Weichen für die notwendigen Akzentsetzungen seien seit einiger Zeit bereits gestellt. Mit der Wohnraumoffensive, die man gestartet habe, dem auf dem ehemaligen Betz-Gelände geplanten Gewerbepark, der "ein erster Schritt" zu mehr Platz für neue Unternehmen sei.

Zudem zeige auch der Verkehrsentwicklungsplan zunehmend "Konturen". "Smart City, Klimaschutz, Mobilität" seien hier  "die wichtigsten Stichworte". 2650 Wohneinheiten seien in Arbeit, mehr Wohnbauprojekte bereits in der Planung, neue kulturelle Schwerpunkte seien bereits gesetzt worden.

Der anstehende Doppelhaushalt und die mitelfristigen Finanzplanungen bis 20120 müssten hier gezielte Invesitionsakzente setzen, so Bosch. Die jetzt zu fällenden Entscheidungen müssten "sich daran messen lassen. Sonst werden wir in ein paar Jahren zu den Verlierern dieser Entwicklung zählen".

Bosch betone erneut die Unabdingbarkeit, dass Reutlingen unabhängiger Stadtkreis werde und sich vom Landkreis trenne.

Lob gab es vom Stadtoberhaupt für das große Engagement von mittlerweile rund 400 Menschen und 17 Freundeskreise in der Flüchtlingsarbeit.

Es folgte der historische Eid gegenüber der Bürgerschaft, in dem Bosch unter anderem gelobte, ihr Amt "mit Treu und Fleiß und Wahrheit" zu leisten und Schaden von der Stadt zu wenden. 

Zum Ende schwang der Reutlinger Fahnen-Flaiker Thomas Walker das Abbild der alten Schwörtagsfahne und Böllerschüsse eröffneten das anschließende Reutlinger Schwörtagsfest.

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