17 März 2015: Rund 70 Polizisten durchsuchen die Räume dieses islamischen Kulturzentrums in Stuttgart. Der Verein steht im Verdacht, die Terrormiliz Islamischer Staat zu unterstützen. Neben den Vereinsräumen durchsuchten die Beamten auch die Wohnungen von sechs Vereinsmitgliedern. Nach Angaben des damaligen Innenministers Reinhold Gall ist der Verein ein Treffpunkt von Islamisten aus ganz Baden-Württemberg sein. Er lässt ihn im August 2015 verbieten.
Der Verfassungsschutz hatte festgestellt, dass sich dort Islamisten aus ganz Baden-Württemberg trafen. Und dass aus dem Umfeld der Moscheebesucher viele junge Menschen zum Kampfhandlungen für den Islamischen Staat oder andere radikale Gruppen ausgereist waren. Aktuell stehen derzeit landesweit 15 Örtlichkeiten unter Beobachtung, so der neue Innenminister Thomas Strobl.
Einige derer, die nach solchen Kampfhandlungen ins Land zurückkehren gelten den Sicherheitsbehörden als potentielle Gefährder; als Menschen denen Anschläge zugetraut werden.Derzeit spricht der Verfassungsschutz von 50 solchen Personen.
Oft beobachtet: durch die Teilnahme an den Kämpfen findet eine Verrohung statt. Gewalt und Töten bekomme einen Gewohnheitseffekt. Die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung sinke.
Auffällig insgesamt: Bestimmte Moscheen und Vereine wirken dabei als offensichtliche Durchlauferhitzer, die regelmäßig Radikalisierungen produzieren; in denen also aus jungen Menschen und friedlichen Muslimen plötzlich politisch radikale Gläubige werden.
3430 von ihnen – so die Präsidentin des baden-württembergischen Verfassungsschutzes, Bube, kürzlich in Stuttgart - stehen derzeit landesweit unter Beobachtung. 600 davon sind Salafisten. Menschen, die missionarisch, über politischen Einfluss eine Gesellschaft nach der mittelalterlichen Urform des Islams anstreben; 120 sind, laut Verfassungsschutz, darüber hinaus bereit, ihre politischen Ziele auch mit Gewalt und Terror durchzusetzen.
Vorwiegend handelt es sich dabei um junge Muslime und vor allem oft auch um solche, die konvertiert sind. Doch finden sich unter den Radikalisierten durchaus auch Frauen. er."
Oft sind es die kostenlose "lies mich"- Koran-Verteilungsaktionen deutschen Straßen, mit denen Islamisten versuchen,junge Menschen in entsprechende Bahnen und zu entsprechenden Institutionen zu lenken. 175 „Lies mich Aktionen" hat es allein 2014 gegeben.
Ein Allgemein-Profil besonders Gefährder gibt es indessen laut Verfassungsschutz nicht. Man habe es insgesamt mit einer breiten Palette an sozialen Herkünften zu tun.
Ein ganz aktuelles und neues Problem: Radikalisierungs- und Anwerbeversuche in Flüchtlingsunterkünften: Für 2015 wurden 29, für 2016, laut Innenministe Thomas Strobl, bereits rund 12 Anwerbeversuche durch Islasmisten aktenkundig. Zielgruppe hier sind vor oft junge unbegleitete Flüchtlinge, die durch das Verteilen des Korans oder Einladungen in entsprechende Moscheen gelenkt werden sollten.
Eine Erklärung für den Erfolg dieses Radikalisierungsphänoments hält Mahmoud Abdallah vom Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Tübingen bereit. Die Radikalisierer und Ideologen spielten mit der starken Religiosität der Menschen. Viele seien theologisch nicht gebildet, aber fromm. Und wenn man diesen einfachen Menschen sage, dass Gott etwas so nicht wolle, seien sie leichte Beute für eine entsprechende SIchtweise.
Was aber zieht junge Menschen, die in Deutschland aufgewachsen und hier sozialisiert sind und nicht einmal mit entsprechenden Herkunftshintergrund ausgestattet sind, in die Radikalität? Für Mahmoud ist klar: die Radikalisierer suchten sich ihre Opfer perrspektivisch aus. Oft seien es junge Menschen ohne Perspektive. Diesen präsentiere man dann die neue Gemeinschaft in der Gruppe nach genau festgelegten Werten als Gegenentwurf. Die Gruppe biete dann Anerkennung und eine scheinbare Heimat.
Für Beate Bube, die Verfassungsschutzpräsidentin, gibt es noch einen weiteren Aspekt. Es gehe im Zeitalter des Internets und der sozialenWeb-Kommnikationswelten auch um eine gefühlte Erlebniswelt in modernster VIdeo-Ästhetik. Islamismus ist, verstärkt durch die trendige perfekt inszenierte Clip-Darstellung im Internet, eine Art rebellische Jugendkultur geworden, in der Sinnsuchende scheinbar Halt und Bestätigung durch persönliche Kontakte und eben strikt vorgegebene Werte finden.
Die Bilder des von dem am 14. Juli 2014 ausgerufenen Kalifat-Staates tue ein Übriges, um typisch jugendlichen Idealismus in falsche Bahnen zu lenken.
Alledinds, so Bube, spreche dann die Beobachtung derer, die den Krieg dort überlebten und schwer traumatisiert zurückkehrten, später eine ganz andere Sprache.
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