Der Reutlinger Marktplatz, heute Morgen, Punkt Viertel nach zehn: Unmut und Wut sitzen tief bei den rund 20 Eltern, die mit ihren Kindern und Vertretern des Reutlinger Kita-Gesamtelternbeirats GerK zum Protest gegen die Stadt angerückt sind. Die mitgebrachten KIiddies sollten sich jetzt eigentlich glücklich spielend, lernend und gut betreut in Kindertagesstätten tummeln, zum Beispiel im Ohmenhäusener Kinderhaus Dirnäckerweg. Und auch ihre Eltern würden eigentlich ganz woanders sein. Aber: durch eklatanten Personalmangel, Erkrankungen, Abgänge und sonstige Widrigkeite , besonders aber wegen mieser Planung – so der Vorwurf - , würden die Kinder derzeit nur schlecht oder auch schon mal gar nicht betreut. Ungehört sei man mit den Sorgen geblieben. Und: im Rathaus verschanze man sich.
Noch grade mal eine 100 % Stelle im Stammpersonal weise das Kinderhaus im Dirnäckerweg auf, so Eva Schock, eine von drei Vorständen des dortigen Elternbeirat. Beim Rest handle es sich um Springkräfte, zum Teil über Zeitarbeitsfirmengedeckt. Faktisch fehlten nicht weniger als 4,66 Stellen um Stabilität zu gewährleisten. Das bedeute für die Eltern immer wieder schnell und ungeplanten Urlaub zu nehmen, um diese Betreuungslöcher zu stopfen. Claus Mellinger, Beiratsvorsitzender des Reutlinger Gesamtelternbeirats GerK, bemängelt, dass die Stadt vorwiegend einfach "hinhalte". Immer wieder gebe es Gespräche, die nicht zielführend seien. Und immer wieder auch Vertagungen versprochener Treffen. Von der Teilschließung des Kinderhauses sei der Beirat nicht benachrichtigt worden. Dazu habe man das Gefühl, dass das Personal der Kitas selbst "nicht offen sprechen" könne.
Viele der Eltern sind berufstätig oder es steht keine Familie als Betreuungsersatz bereit. Da sich die unbefriedigende Situation ohne Lösungsvorschlag seit mindestens Herbst 2014 hinziehe, hätten ein paar Eltern die Zahlung der Kita-Gebühren eingestellt. Mit drastischen Folgen, wie Eva Schock vom Gesamtelternbeirat GerK berichtet. Von einer Familie wissen man, dass nach der zweiten Zahlungsmahnung der Gerichtsvollzieher vor der Türe stand . Insgesamt ergebe sich der Eindruck, dass der Stadt die ausbleibenden Einkünfte wesentlich wichtiger seien als die Sorgen der Eltern und die Lösungssuche. Mit der symbolischen Übergabe ihrer Kinder, wolle man ein öffentliches Zeichen gegen diesen verschwiegenen Betreunngsnotstand setzen. Gegen die, die aus ihrer Sicht für die derzeitige Lage verantwortlich sind. Und die zudem den Dialog verweigerten.
Zumindest das aber sollte sich heute ändern: Der Sozialamtsleiter selbst erschien vor dem Überraschungsbesuch. Er habe erst gestern Abend die Situation im Dirnäckweg im öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss des Gemeinderats thematisiert, so Haas, der sich erst Ruhe verschaffen muss. Denn nicht nur Claus Mellinger bemängelt erregt, dass man den Gesamtelternbeirat Gerk nicht eingeladen habe. Haas verspricht, dass "selbstverständlich" eine Antwort auf die gestellten Eltern-frage komme werde. Darum hätten auch alle Gemeinderatsfraktionen gebeten. Er selbst könne durchaus nachvollziehen, was die derzeitige Situation für Kinder und berufstätige Eltern bedeute. Er verstehe den Unmut.
Eine Teilschließung, wie im Dirnäckerweg verhängt, sei eben das allerletzte Mittel, wenn die Träger-Aufsicht nicht gewährleistet werden könne. Das gehe nicht anders. Und: Als Stadt könne man sich dafür nur entschuldigen. Faktisch sei die Situation in Reutlingen eben nicht einer mangelhaften Stellenbesetzung geschuldet. Fast alle Stellen seien besetzt. Man habe halt einen großen Krankenstand, der selbst die soigenannten "Stellen-Springer" erfasst habe. Nicht verhindern könne man zudem, dass sich Führungskräftte um andere Positionen bewürben. Diese Argumentation überzeugt eine Mutter aber nicht. Das "Unterbesetzungstheater" ziehe sich schließlich schon "seit drei Jahren" hin. Hingegen stelle Haas es so dar, als ob die Lage ganz kurzfristig zustande gekommen sei.
Wie die Situation letztlich schnell gelöst werden könnte, darüber werde man nachdenken, sagt Haas. Und dann werde es auch Antworten geben. Weitere Aushilfen, so meint er, könnten vielleicht die Lösung sein. Die Eltern der derzeit nur teilweise betreuten Kinder aber wünschen sich zukünftig vor allem, dass die getroffenen Entscheidungen transparent vermittelt werden. Und: daß ihre Sorgen im Rathaus nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
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