Die Zentrale Landeserstufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe im vergangen November: 1,1 Millionen Asylsuchende sind 2015 nach Deutschland gekommen – Rekord. 185 000 Menschen hatten Baden-Württemberg, seine Kreise und Kommunen in der Folge unterzubringen: Mit den zunehmenden Zahlen machte sich bei großen Teilen der Menschen ein demoskopisch testiertes Gefühl von Überforderung breit.
Erst Dezember 2015 ließ sich die Kanzlerin des Diktums, dass es keine Obergrenzen gebe, nur unter Mühe auf dem CDU-Bundesparteitag drängen, dass die Zahlen deutlich reduziert werden müssten. Nach den von Merkel nicht gewollten Grenzsperrungen auf dem Balkan im Anschluss und dem Türkei- Rücknahme-Abkommen geht das Bundesamt für Migration für 2016 jetzt nur noch von 500 000 Asylsuchenden aus.
Aus Sicht des Tübinger OB Boris Palmer habe die Bundespolitik unter der Kanzlerin unter dem Eindruck der Dinge und den AfD-Wahlerfolgen stillschweigend hier eine komplette Kehrwende vollzogen. Das Asylpaket 2 für schnellere Verfahren sowie dem aktuellen Integrationsgesetz, das Bleiben mit harten Auflagen verknüpfe, so Palmer, sei das Ende der Welcome-Kultur faktisch längst eingeleitet.
Es sei aktiv durch EUropa dafür gesorgt worden, dass nur noch wenige Flüchtlinge kämen. Da das Leid der Zuflucht suchenden Menschen nicht geringer geworden sei, bestehe die einzighe Rechtfertigung für den geänderten Kurs "in der Erkenntnis, dass die eigene Gesellschaft mit dem überfordert gewesen" sei, "was ihr zugemutet wurde".
Das Aufschießen rechtspopulistischer Parteien wie der AfD, die jetzt als größte Oppositionspartei mit 15,1 Prozent im Landtag sitzt, ist aus Sicht von Palmer, originär mit einer falschen flüchtlingspolitischen Weichenstellung verknüpft. Palmer selbst hat früh Kritik am "Wir schaffen das"-Diktum der Kanzlerin geübt und "eine Grenze der sozialen Belastbarkeit" angemahnt.
Es sei im vegangenen Herbst ein großer Fehler gewesen, so Palmer, erst die Dikussion darüber überhaupt zu vermeiden und dann in der Folge Bügerinnen und Bürger mit ihren Ängsten "gleich in die rechte Ecke zu stellen". Genau das habe Bewegungen wie die AfD gestärkt.
Auch jetzt mahnt Palmer bezüglich der neuen Rechtspartei und ihren Wählern zu einem differenzierten, sachlichen Umgang. Dabei könne man "große Fehler machen". Ein Fehler sei eine "Dämonisierung". Es sei "einfach nicvht anzunehmen, dass 15 Prozent der Menschen in unserem Land Rechtsradikale und verkappte Nazis" seien. Zumal viele zuvor nachgewießener Maßen die SPD gewählt hätten. Ziel müsse es sein, "diese Menschen zu umwerben, sie zurückzuholen zu demokratischen Parteien" Dabei spiele keinerlei Rolle, ob es sich dabei um dieLlinkspartei oder die CDU handle.
Eine Verächtlichmachung der AfD-Wähler, so Palmer, helfe dabei in jedem Fall nicht. Er mahne stattdessen zu Gelassenheit und Klarheit in der Argumentation. Es sei nicht hilfreich, diesen zu sagen:" ihr seit unanständig oder verirrte Geister, ihr seid Rassisten oder Antisemiten"; siese Pauschalurteile "machen es schwieriger, diese Menschen zurückzuholen in den demokratischen Grundknsens".
Dass das gelinge, brauche auch die Ehrlichkeit, "jetzt ganz offen zu sagen, dass die eigene Gesellschaft überfordert war", in dem was ihr zugemutet worden sei. Dass man aber verschweige, dass der Kurs jetzt geändert sei, könne sich erneut als "Nährboden für AfD-Erfolge" erweisen.
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