Landtagsdebatte | Bildquelle: RTF.1

Stuttgart:

Antisemitismus-Vorwürfe gegen AfD: Tumultartige Szenen im Landtag

Stand: 10.06.16 10:27 Uhr

Im Landtag ist es heute zu tumultartigen Szenen gekommen. Hintergrund war eine von den Grünen beantragte Debatte zu Antisemitismus-Vorwürfen gegen den AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon und die Partei selbst. Diese hatte zuvor den Fraktionsausschluss von Gedeon angekündigt, weil sich dieser mehrfach antisemitisch geäußert habe. In der Folge wies der AfD-Fraktionsvorsitzende Meuthen empört den Vorwurf zurück, er und die AfD seien geistige Brandstifter.


Um von ihm gemachte Aussagen ging es: Wolfgang Gedeon, Konstanzer AfD-Abgeordneter. In einem Buch über "Christlich-europäische Leitkultur" hatte Gedeon auf die sogenannten "Protokolle der Weisen von Zion" verwiesen, einem als gefälscht geltenden Text, der rechtsextremen Kreisen zum Nachweis einer angeblich jüdischen Weltverschwörung dient; zudem hatte Gedeon bezüglich des Holocausts von einem kleinen Schandfleck, als „Zivilreligion des Westens" gesprochen, und den rechten Historiker Irving und den Neonazi Horst Mahler als Dissidenten in Deutschland bezeichnet.

In der Folge hatte Fraktionschef Jörg Meuthen den angestrebten Fraktionsausschluss Gedons angekündigt und gesagt: die AfD distanziere sich von jeglichem Antisemitismus; zudem werde Gedeon von der Ausschuss-Vorschlagsliste genommen.

Das aber nehmen die anderen Fraktionen im Landtag der Neu-Partei nicht ab. Die unterstellen dieser zudem bei bei Flüchtlingen und Migranten einen gesellschaftsspaltenden Rassismus. Es gebe neuerdings Kräfte in diesem Land "und neuerdings im Landtag" so der neue grüne Fraktionschef Andreas Schwarz,gebe es Kräfte, die das Land spalten wollen. Und das können wir nicht zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen".

Auch CDU-Fraktionschef sah dies ähnlich:" jahrzehntelang war es Konsens über alle Parteigrenzen hinweg, dass Antisemitismus und Rassismus nie wieder salonfähig werden in Deutschland". Mit dem Einzug der AfD sei dies jetzt aber anders: "tatsächlich haben wir es mit einer Ideolgie zu tun, die anschließt an eine Ideologie des Neonazismus".

Die Aussagen Gedoens und der Populismus der AfD – so Reinhart- beschwörten Geister, derer die Partei nicht mehr Herr werde; jetzt müsse der Vorsitzende und die Fraktion Farbe bekennen. Der aber ließ sich bitten; stattdessen trat für die AfD Gedeon selbst ans Pult.

Er habe damit gerechnet, "dass sie mich beleidigen", sagt er und fügt hinzu: ihn als  "geistigen Brandstifter" zu bezeichnen, "ist für mich auch eine Beleidigung. Ich weiß nicht wie sie das sehen".

Dann wiederholt Meuthen, was er bereits schon gestern sagte: in seiner Partei sei "kein Platz für Antisemitismus". Er wieder hole diese "noch einmal explizit"

Ob und wie die fraktionsinterne Abstimmung zum Ausschluss als Vorbereitung zum Fraktionsausschluss von AfD-Mann Gedeon ausgegangen ist, wurde heute nicht bekannt.


Gedeon erklärte, er sei "kein Antisemit. Ich hetze nicht gegen Juden, ich verachte sie nicht, nirgendwo". Zudem leugne er nicht nicht den Holocaust. Dieser sei "ein entsetzliches Verbrechen". Außerdem stehe er uneingeschränkt zum Existenzrecht Israels, auch wenn er den Staat heftig kritisiere.

Ein Bekenntnis, das die anderen Fraktionen nach hörbaren Zwischenrufen als nicht glaubwürdig einstuften.

Die Tatsache, so SPD-Fraktionschef Stoch, dass Gedeon, den man ja angeblich ausschließen wolle, für die AFD spreche und nicht Meuthen, zeige, dass es der Spitze nur um den öffentlichen Eindruck, nicht aber um die Sache gehe.

Wer "Frauenfeindliches mischt mit antisemitischen Floskeln", so FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, habe "hier im Haus nix verloren". Wenn es der AfD tatsächlich um die Bereinigung der Sache gehen würde, so "bräuchten sie das Abstimmungsverhalten in der Fraktion nicht zu verheimlichen".

Meuthen sei ein geistiger Brandstifter, so Andreas Stoch. Empörung auf Seiten der AfD und dann Aufruhr der anderen, als der AfD-Abgeordnete Stein von der Hinterbank aus ruft: Die Vorverurteilung hier sei schlimmer als in Zeiten des Nationalsozialismus.

Pfui und Buhrufe im Plenum und eine Ermahnung an die Adresse des Zwischenrufers. Später wird Stein mit einer offiziellen Rüge bedacht. Dieser wird sich später entschuldigen.

AfD-Mann Heinrich Fiechtner legt indessen zum Thema Antisemitismus nach: Der komme importiert von anderswo: 90 Prozent der Bevölkerung in muslimischen Ländern seien untersuchtermaßen antisemitisch. "Das Wort Jude" sei unter muslimischen Jugendlichen auch hier ein häufig gebrauchtes Schimpfwort geworden.

Dann kommt der, dessen Wort gefordert wurde. AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen tritt ans Pult: Er habe damit gerechnet, dass er hier beleidigt werden würde, sagt er. Und ihn als "geistigen Brandstifter" zu bezeichnen, das empfinde er als Beleidigung. Dann wiederholt Meuthen den Satz, den er in den letzten Tagen schon öfter sagte: Er versichere: in seiner Partei sei für Antisemiten kein Platz.

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