Jan Böhmermann | Bildquelle: Screenshot Youtube

Justiz:

Viele hundert Strafanzeigen gegen Moderator Böhmermann nach Schmähgedicht

Stand: 27.04.16 07:22 Uhr

Bei der Staatsanwaltschaft in Mainz sind viele hundert Strafanzeigen gegen den ZDF-Moderator Jan Böhmermann eingegangen. "Die Strafanzeigen bewegen sich geschätzt im oberen dreistelligen Bereich", sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller der Rheinischen Post. Böhmermann hatte mit einem Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für eine Debatte über die Grenzen von Satire gesorgt. Im Mai will Böhmermann aus der Pause zurückkehren.

Der Zeitpunkt für eine Entscheidung in dem Beleidigungsverfahren lasse sich noch nicht prognostizieren. Die Staatsanwaltschaft Mainz will zuvor auch Böhmermann selbst hören.

Am 12. Mai will Jan Böhmermann unterdessen mit einer neuen Ausgabe von Neo Magazin Royale auf den Bildschirm zurückkehren. Seine Radiosendung mit Olli Schulz allerdings stellt er ein.

Kanzlerin Angela Merkel und die Bundesregierung hatten dem türkischen Ersuchen im Fall Böhmermann zugestimmt und den Weg für juristische Ermittlungen frei gemacht. Gleichzeitig kündigte die Bundesregierung aber an, dass sie den Paragrafen über Beleidigung ausländischer Staatschefs abschaffen will. Merkel verteidigte ihre Entscheidung, räumte aber später ein, ihre persönliche Bewertung des Gedichts sei ein Fehler gewesen.

Eine vom ZDF in Auftrag gegebene Expertise kam unterdessen zu dem Schluss, dass die in Rede stehende Sequenz einschließlich des so genannten "Schmähgedichts" rechtlich zulässig war und daher die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten worden sind.

Mit dem "in eine satirische Gesamtdarstellung eingebetteten Gedicht", so das ZDF, habe das "Neo Magazin Royale" die Debatte um die politische Diskussion über einen Satirebeitrag der Sendung "extra3" und die diesbezügliche Reaktion des türkischen Staatspräsidenten aufgegriffen. Dabei sei es nicht nur um eine satirische Auseinandersetzung mit dieser Reaktion und dem rechtlichen Begriff der Schmähkritik gegangen, sondern auch darum, die Rezeption solcher satirischer Stilmittel in der digitalen Medienöffentlichkeit zu thematisieren. Form und Inhalt des satirischen Beitrags zielten nicht auf eine Ehrverletzung des türkischen Staatspräsidenten, sondern bezweckten die kritische Auseinandersetzung mit diesen Themen, heißt es.

Das ZDF hatte am Tag nach der Ausstrahlung entschieden, das umstrittene "Schmähgedicht" nicht mehr zu verbreiten, weil die Passage nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF entspreche. Dies sei jedoch von der strafrechtlichen Bewertung der in Rede stehenden Sequenz klar zu trennen.

WERBUNG:



Seitenanzeige: