Die Innenminister beurteilen den Blitzermarathon unterschiedlich: Während Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) in einem Interview des WDR den Blitzermarathon als Instrument ausdrücklich befürwortete, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) gegenüber dem Magazin Focus: "Unser Ziel, die Zahl der Unfälle, Verunglückten und vor allem Getöteten nachhaltig zu senken, haben wir bisher mit dem Blitzer-Marathon nicht erreicht." Denn die Zahl der Verkehrstoten in Europa und auch in Deutschland war im Jahr 2015 gestiegen.
Wie entwickelten sich die Unfallzahlen nach den Blitzermarathons?
Bereits im Jahr 2014 wurde im Rahmen einer Masterarbeit am Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen nachgewiesen, dass Autofahrer an Stellen, an denen geblitzt worden war, auch noch 10 Tage später messbar langsamer fuhren.
Lassen die Unfallstatistiken, die vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden, Rückschlüsse auf messbare Effekte unmittelbar nach Durchführung eines Blitzermarathons zu?
Der Blitzermarathon 2014 wurde am 18.09.2014 bundesweit durchgeführt. Waren es im August noch 4.318 Unfälle mit Personenschaden, so ging diese Zahl im September auf 3.905 zurück und blieb im Oktober fast konstant. Im November schließlich ereigneten sich nur 3.075 Unfälle mit Personenschaden, ein Wert, der weit unter dem Durchschnitt liegt. Leider war der Dezember 2014 dann mit 4.256 Unfällen mit Toten und Verletzten ein vergleichsweise schlechter Monat. Prüft man die gleichen Werte für 2015, als der Blitzermarathon am 16.April stattfand, lässt sich kein offensichtlicher Effekt feststellen.
Die Zahl der Unfälle mit Personenschäden stiegen von 3.468 im April auf 3.739 im Mai und 4.310 im Juni 2015. In beiden Zeiträumen war das Wetter nicht extrem, lediglich der Dezember 2014 war außergewöhnlich warm.
Fazit: Auf Basis der verfügbaren Daten konnte der Verband keine klare Aussage zur unmittelbaren Wirkung von Blitzermarathons treffen.
Steigen die Unfallzahlen wegen überhöhter Geschwindigkeit? Die Gesamtzahl der Unfälle, Verunglückten und Getöteten ist im Jahr 2015 gestiegen. Allerdings trifft dies nicht auf Unfälle mit Personenschäden zu, bei denen als Unfallursache unangepasste Geschwindigkeit festgestellt wurde. Die Zahlen sind von 2012 bis 2014 gefallen und in 2015 beinahe konstant geblieben (Anstieg um 0,1%) - gegen den allgemeinen Trend steigender Unfallzahlen. Für die höhere Anzahl von Unfällen allgemein und von solchen mit Personenschäden im Besonderen scheinen daher andere Ursachen als unangepasste Geschwindigkeit verantwortlich zu sein.
Fazit: Um die Zahl der Unfälle mit Personenschaden weiter zu reduzieren, müssen die Autofahrer für die Gefahren unangepasster Geschwindigkeit sensibilisiert werden. Der Blitzermarathon ist eine von mehreren Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels. Es wird wohl mit der vorhandenen Datenbasis nicht möglich sein, den Beitrag des Instruments "Blitzermarathon" genau zu ermitteln. Auch kann auf Basis der Unfallstatistiken kein unmittelbarer Effekt in den Folgewochen und -monaten nachgewiesen werden. Es bleibt aber festzuhalten, dass unangepasste Geschwindigkeit als Unfallursache im Verhältnis zu anderen Fehlverhalten weiter abnimmt.
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