Staatsanwaltschaft Tübingen stellt Bilanz vor | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Viel zu tun für die Staatsanwaltschaft: "Bräuchten 5 Anwälte mehr"

Stand: 06.04.16 16:43 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Tübingen meldet für das Jahr 2015 mehr Ermittlungsverfahren als im Vorjahr. Mit rund 50.000 Vorgängen mussten sich die 27 Dezernentinnen und Dezernenten befassen. Die gute Nachricht: Mord und Totschlag waren kaum darunter: Nur 12 Kapitalverbrechen beschäftigten die Staatsanwaltschaft, die für die Landkreise Calw, Reutlingen und Tübingen zuständig ist. 2014 waren es noch mehr als doppelt so viele. Bei den meisten anderen Deliktsarten - abgesehen von Steuerdelikten - gab es dagegen einen Anstieg.


Der Brand eines Asylbewerberheims in Rottenburgs. Die Staatsanwaltschaft Tübingen ermittelte gegen unbekannt wegen Brandstiftung. Letztendlich wurde das Verfahren im Januar eingestellt. Der zunächst naheliegende Verdacht: ein fremdenfeindlicher Hintergrund. Die aufwendigen Ermittlungen der Polizei hätten zu dem Ergebnis geführt, dass eine vorsätzliche Brandstiftung nahezu auszuschließen sei, sagte Oberstaatsanwalt Dr. Martin Klose. Fahrlässigkeit sei die Ursache des Brandes gewesen. Der Brand war im Inneren ausgebrochen, ein Brandbeschleuniger wurde nicht verwendet. Auslöser war wahrscheinlich eine weggeworfene Zigarette oder eine brennende Kerze. 
 
Ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet auch das Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik. Der Vorwurf hier: Tierquälerei im Rahmen der umstrittenen Experimente an Primaten.  Das Verfahren zieht sich in die Länge. Zwar liege jetzt der polizeiliche Ermittlungsbericht vor, doch die Staatsanwaltschaft hätte jetzt einen Sachverständigen für Primaten beauftragt.
 
Doch das sind nur zwei von insgesamt knapp 50.000 Vorgängen, mit denen sich die Staatsanwaltschaft befasste. Dabei ermittelte sie gegen mehr als 25.000 Beschuldigte. Für die siebenundzwanzig Dezernentinnen und Dezernenten alle Hände voll zu tun.  "Die Arbeitsbelastung ist sehr hoch", sagte der neue Leitende Oberstaatsanwalt Prof. Michael Pfohl, der Anfang des Monats von Hechingen nach Tübingen gewechselt war. "Wir bräuchten fünf Staatsanwälte mehr in der Behörde."
 
Einen erheblichen Zuwachs gab es bei den vorsätzlichen Körperverletzungsdelikten: Knapp 2.200 Fälle.  Die Anzahl der Diebstahls- und Unterschlagungsfälle überschritt im vergangenen Jahr wieder die 3.000.
 
Auch die Internetkriminalität ist gewachsen – vor allem Betrug und Untreue, aber auch Geldwäsche. Hier geraten oft auch ansonsten unbescholtene Bürger ins Visier der Ermittler. Sie haben einen unseriösen Job angenommen und machen sich unbewusst strafbar. Hier rät die Staatsanwaltschaft zu einem gesunden Misstrauen. 
 
Was Flüchtlinge angeht, so gibt es keine eigene Statistik der Staatsanwaltschaft sondern nur eine persönliche Einschätzung von Oberstaatsanwalt Klose. Flüchtlingskriminalität bewege sich hauptsächlich im Bereich des Ladendiebstahls und des Schwarzfahrens, aber auch im Bereich der Körperverletzung bei Auseinandersetzungen in Flüchtlingsunterkünften.

 

Die Zahlen im einzelnen:

Geschäftszahlen insgesamt: 48.080 -> 49.809

Neueingänge Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte: 20.868 -> 21.689

Beschuldigte: 24.818 -> 25.338

Strafvollstreckungsverfahren: 7.259 -> 7.442

Eingänge Jugendsachen: 4.352 -> 4.194

Kapitaldelikte: 29 -> 12

Vorsätzliche Körperverletzung: 2.070 -> 2.171

Diebstahl und Unterschlagung: 2.952 -> 3.102

Betrug und Untreue: 4.050 -> 4.144

Geldwäscheverfahren: 239 -> 293

Verbreitung pornografischer Schriften: 59 -> 65

Insolvenzverfahren: 92 -> 110

Betäubungsmittelgesetz: 1.762 -> 2.088

Steuerstrafverfahren: 74 -> 35

 

 

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