foodwatch hatte 214 Produkte in Deutschland und 430 Produkte in den Niederlanden unter die Lupe genommen, auf deren Verpackungsvorderseite mit Vitaminen geworben wurde – mit deutlichem Ergebnis: In Deutschland entsprechen 90 Prozent der Lebensmittel nicht den Standards der WHO, und auch in den Niederlanden waren Drei Viertel der Produkte ungesund. Unter den Produkten in Deutschland befinden sich gesüßte Getränke (75 Produkte), besonders bei Kindern beliebte Süßigkeiten (42 Produkte) aber auch Säfte (34 Produkte) und Joghurts (18 Produkte). In 85 Prozent der Fälle wurden die Vitamine künstlich zugefügt. Obwohl die meisten Menschen in Deutschland laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit Vitaminen ausreichend versorgt sind. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt in einigen Fällen sogar vor einer Überdosierung und rät von einer Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin A und Vitamin D ab.
„Wider besseres Wissen spielt die Lebensmittelindustrie mit den Ängsten der Verbraucher, denn Deutschland ist kein Vitaminmangel-Land. Für die Hersteller ist das ein profitables Geschäft: Zuckergetränke und Süßigkeiten sind günstig zu produzieren und versprechen hohe Gewinnspannen – durch den künstlichen Zusatz von billigen Vitaminen können die Produkte dann auch noch als besonders gesund vermarktet werden.", erklärte Michaela Kruse.
Zwar müssen sich Lebensmittelhersteller seit 2012 ihre gesundheitsbezogenen Werbeaussagen durch die EU genehmigen lassen – erlaubt sind derzeit rund 250 „Health Claims" (gesundheitsbezogene Angabe). Und auch für den Gebrauch von nährwertbezogenen Angaben wie „Vitamin C" oder „fettarm" gibt es Vorgaben. Doch welche Produkte die Hersteller mit dieser Werbung schmücken dürfen, ist bislang nicht geregelt. Eigentlich hätte die Europäische Union schon 2009 sogenannte Nährwertprofile mit Mindestanforderungen an die Nährwertzusammensetzung vorlegen müssen. Doch das ist bis heute nicht passiert. Auf Druck der Lebensmittellobby sollen die Nährwertprofile nun sogar komplett aus der Verordnung zu Health-Claims gestrichen werden – über einen entsprechenden Antrag stimmt das Europäische Parlament am 12. April ab. foodwatch forderte die EU-Abgeordneten auf, den Vorschlag abzulehnen und das Nährwertmodell der WHO zu übernehmen: Nur jene Produkte, die dessen Kriterien erfüllen, sollten künftig mit Vitaminwerbung vermarktet werden dürfen.
Das WHO-Regionalbüro für Europa hatte Anfang 2015 konkrete Vorgaben für ernährungsphysiologisch ausgewogene Produkte definiert. Dabei spielen unter anderem die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt oder zugefügte Süßstoffe eine Rolle. Die WHO hat das Modell ursprünglich für die Beschränkung von Kindermarketing entwickelt, empfiehlt den Einsatz von Nährwertprofilen jedoch auch in anderen Zusammenhängen zur Förderung einer gesunden Ernährung. Auch der Europäische Verbraucherverband (BEUC) fordert, das WHO-Modell als Grundlage für die EU-Verordnung zu Health Claims zu übernehmen.
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