Euro-Banknoten | Bildquelle: pixabay.com

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Scharfe Kritik an EZB: Regionale Kreissparkassen und Volksbanken sehen durch Nullzins ihr Geschäftsmodell bedroht

Stand: 11.04.16 20:36 Uhr

Die nicht an Gewinnmaximierung orientierten regionalen Volksbanken und Kreissparkassen geraten durch die Politik der europäischen Zentralbank immer stärker unter Druck. Von den Niedrigzinsen, dem mehr an Bürokratie und der Forderung nach mehr Eigenkapital und Plänen für einen europäischen Einlagen-Sicherungsfond sind auch die Kunden betroffen.


Sie sorgt aus Sicht vieler Banken mit ihrer Geldpolitik immer wieder für Verdruss: Die Europäische Zentralbank in Frankfurt. Dieser werfen immer mehr Kritiker vor, unter der Ägide ihres Präsidenten Mario Draghi mittlerweile nicht mehr nur Geldpolitik, sondern selbst Politik zu machen.

Um vor allem die Wirtschaften der kriselnden und oft hochverschuldeten südeuropäischen Staaten anzukurbeln, hat die EZB den Leitzins vor kurzem auf 0 gesenkt. Eine gute Nachricht sei dies nur für Börsianer und Schuldenländer, so jetzt der deutsche Außenhandelsverband BGA. Der Nullzins gehe auf Kosten der deutschen Sparer. Sparen und Vorsorgen lohne sich nicht mehr. Im Moment finde faktisch eine gigantische europäische Umverteilung von Norden nach Süden statt.

Auch Dr. Christian Gögler, der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Tübingen, sieht die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank sehr kritisch. Aus internationaler Perspektive führe das dazu, dass Staaten, die Reformen bitter nötig hätten, entlastet würden. Denn bei so niedrigen Zinsen gebe es keinerlei Anreiz, Schritte zur Konsolidierung bei den Schulden einzuleiten.

Immense Auswirkungen könnte diese Entwicklung langfristig auch für die bisher krisenfesten regionalen Kreissparkassen und genossenschaftlichen Volksbanken mit ihrem soliden Geschäftsmodell haben. Auf Gewinnmaximierung zielende hochriskante Finanz- und Spekulationsgeschäfte werden dort nicht getätigt.

Stattdessen ist dort grade das Zinsgeschäft die Hauptertragsquelle. Dieses macht bei der Kreissparkasse Tübingen laut Gögler rund 90 Prozent aus. Jetzt muss die Bank dabei zusehen, wie dieser Finanzierungsblock immer weiter schrumpft. Mit Konsequenzen: Die Kreissparkasse nimmt ihre Kosten ins Visier. Ein Stichwort für viele Regionalbanken in der gleichen Situation ist die Ausdünnung der Filialen.

Immer mehr Experten befürchten: Den nicht auf Gewinnmaximierung zielenden Sparkassen und Volksbanken werde so die langfristig ihre Geschäftsgrundlage entzogen. Das aber hätte dramatische Konsequenzen: denn grade diese Banken sind der Hauptkreditgeber für den regionalen deutschen Mittelstand.

Mehr als ungerecht, finden viele. Denn in der Finanzkrise von 2009 hatten sich grade die solide wirtschaftenden Kreissparkassen und Volksbanken als stabil und krisenfest gezeigt; ganz anders die Situation bei den auf Gewinnmaximierung  zielenden Konkurrenten, die sich am Aktienmarkt und beim Investmentbanking oft verspekuliert hatten.

Dass manche Banken so für ihre risikobehafteten Geschäftsmodelle  sozusagen künstlich subventioniert würden und damit für gesunde Banken zu großen Konkurrenten würden, hatte  nicht nur Bernd-Dieter Reusch, der Vorstand der Bezirksvereinigung der Volksbanken, schon früher laut beklagt.

Während die Kreissparkassen und Volksbanken ihren Kunden keine hohen Zinsen anbieten, locken risikoreicher wirtschaftende Kreditinstitute mit viel höheren Zinsen. Diesen Umstand kritisiert auch Josef Schuler, der Vorstandsvorsitzende der Reutlinger Volksbank, schon lange: Es gäbe eine ganze Menge an Banken, die mit hohen Zinsen für hochverzinsliche Staatsanleihen kokettierten.

Scharfe Kritik gibt es seitens der Kreissparkassen und Volksbanken zudem und deshalb auch an EU-Plänen, dass alle deutsche Banken über einen gemeinsamen europäischen Einlagen-Sicherungsfond für alle anderen europäischen Banken haften.

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