Stephan Neher | Bildquelle: RTF.1

Rottenburg:

Stephan Neher - Ein Porträt

Stand: 20.03.16 20:22 Uhr

Stephan Neher hat sich in Rottenburg eine große Beliebtheit erarbeitet. Dabei war der Anfang eher holprig, ja schwierig. Nur ein Drittel der Bischofstädter hatte ihn gewählt. Im folgenden ein Rückblick auf die erste Amtsperiode.


Rottenburg, 4. April 2008. Nach einem spannenden Wahlabend mit drei Kandidaten hatte er am Ende die Nase vorn: Rechtsanwalt Stephan Neher erzielte 35,3 Prozent. Das reichte im zweiten Wahlgang, um Oberbürgermeister von Rottenburg zu werden.

"Es ist ein tolles Gefühl, heute als Sieger aus der Wahl hervorzugehen und vor allem auch jetzt mit einem größeren Abstand als beim ersten Wahlgang", sagte Neher am Wahlabend. "Das werte ich als Bestätigung meines Wahlkampfes und auch als Bestätigung des ersten Wahlganges, und ich freue mich riesig darüber, dass es heute so geklappt hat."
 
Doch der Weg ins Amt war zunächst steinig. Der Tübinger Rechtsanwalt Karl Joachim Hemeyer brachte eine Wahlanfechtung auf den Weg. Die Begründung: Neher habe sich im Wahlkampf unrechtmäßig als „Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht“ ausgegeben. Der Prozess zog sich hin. In der Zwischenzeit bestellte der Gemeinderat Stephan Neher zum Amtsverweser – zum Oberbürgermeister ohne Stimmrecht im Gemeinderat.

Nach der Wahl sei es sehr turbulent gewesen, sagte Neher im Dezember 2008. Viele hätten ihn vor der Amtseinsetzung nicht persönlich gekannt sondern nur über die Berichterstattung. Um so erfreulicher sei es, dass die Arbeit im Gemeinderat jetzt harmonischer verlief und die Zusammenarbeit sehr gut funktioniere.
 
Im März 2009 wies dann das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Wahlanfechtung zurück. Im Dezember 2009 folgte dem auch der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Für Stephan Neher mehr als nur ein reiner Verwaltungsakt. Es sei für ihn wichtig, dass nun geklärt sei, dass die Wahlanfechtung zu Unrecht erhoben worden sei, sagte Neher.
 
Im Februar 2010, knapp zwei Jahre nach der erfolgreichen Wahl, dann endlich die formale Amtseinsetzung. Doch Neher war längst im Amt angekommen – und hatte die Sympathie der Rottenburger gewonnen. Ihn lernten die Bischofstädter als OB kennen, der für so manchen Spaß zu haben war. Ob mit Oktopus auf dem Kopf beim Neckarfest,  als Gast-Ahland beim Narren-Ringtreffen, als der OB auch gleich noch gebräutelt wurde, gemeinsam mit dem Tübinger Amtskollegen Boris Palmer auf dem dortigen Sommerfest oder aktiv in Bewegung bei Mission Olympic, als sich Rottenburg den Titel der aktivsten Mittelstadt Deutschlands erspielte.
 
Aber auch ernste Töne schlug Stephan Neher in seiner ersten Amtszeit bei zahlreichen Gelegenheiten an – so auch bei der Einweihung der KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen im Juni 2010. "Eine Diktatur oder ein Nazi-Regime oder ein sonstiges unmenschliches System kann nur funktionieren, wenn viele Menschen mitmachen", sagte Neher. "Es kann aber auch nur dann funktionieren, wenn noch viel mehr Menschen NICHT dagegen aufstehen, vor allem nicht frühzeitig aufstehen und darauf hinweisen, in welche Richtung sich etwas entwickeln kann."
 
Aus diesem Grund zeigte Neher immer klare Kante gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus. So auch im Dezember 2014 auf einer Demonstration, nachdem ein Rottenburger zwei Asylbewerberinnen angegriffen und verletzt hatte. "Einfach um ein klares Zeichen zu geben, Fremdenfeindlichkeit und Ausländerfeindlichkeit haben in Rottenburg keinen Platz", sagte Neher. "Und die Tat des 21-Jährigen, der zwei Frauen aus Gambia brutalst zusammengeschlagen hat, das ist so erschütternd für uns gewesen, dass wir gesagt haben, da wollen wir klare Kante zeigen und sagen: In Rottenburg hat es für solche Leute keinen Platz."
 
So trat Neher in der Flüchtlingspolitik für eine klare Willkommenskultur ein. Kritischen Tönen, wie sie sein Amtskollege Boris Palmer zeitweise anschlug, erteilte er eine Absage – auch bundesweit in einem Interview mit SPIEGEL online. "Mein Slogan gilt auch immer noch: Wenn alle ihre Aufgaben tatkräftig erfüllen, sind die Flüchtlingsunterbringung und auch die Integrationsbemühungen, die jetzt notwendig werden, gut zu meistern", sagte Neher. "Wir sind immer noch bei rund 1-2 % der zusätzlichen Menschen, die nach Deutschland kommen und wer hier von Überforderung spricht, der soll sich einen ruhigeren Job suchen und sich nicht täglich in den Medien darüber äußern, wie stark er überfordert ist mit seiner Aufgabe.“ 
 
Nach einem schwierigen Start hat sich Stephan Neher zu einem sehr beliebten und allgemein geschätzten Oberbürgermeister entwickelt. Von einer Wechselstimmung ist derzeit in Rottenburg ganz und gar nichts zu spüren.

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