Thomas Demaiziere | Bildquelle: RTF.1

Pfronstetten:

"dann stellen sich neue Fragen": Innenminister DeMaiziere öffnet Tür für Kurswechsel bei Flüchtlingen

Stand: 06.03.16 18:42 Uhr

Bundesinnenminister DeMaiziere hat in Pfronstetten erstmals eine mögliche Wende in der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel angedeutet. Wenn die Verhandlungen mit der Türkei am Montag scheiterten, keine Einigung innerhalb der EU zu erzielen sei und die Flüchtlingszahlen im Frühjahr nicht sänken, müsse man sich neue Fragen stellen. DeMaiziere war Gast auf der Hauptwahlkampf-Veranstaltung des CDU-Landtagsabgeordneten und stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden im Landtag Karl-Wilhelm Röhm.


Punkt 19 Uhr 15: Tosender Applaus in der Pfronstetter Albhalle: Der Innenminister hält Einzug. Blasmusik spielt. DeMaiziere ist der Einladung des stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Wilhelm Röhm auf dessen Hauptwahlkampfveranstaltung gefolgt, vor allem durch die Vermittlung des ehemaligem Reutlinger Bundestagsabgeordneten Ernst-Reinhard Beck

Nur zwei Termine nimmt der Hauptakteur in den derzeitigen Verhandlungen um eine EU-gemeinsame Lösung der Flüchtlingskrise im BW-Wahlkampf wahr. Röhm hält seit 2001 im Wahlkreis Hechingen-Münsingen für die CDU das Direktmandat. DeMaiziere ist verspätet, dann aber legt Merkels wichtiger Mann los. Er weiß, dass die Menschen hier Erklangen und Orientierung erwarten.

Der unbeliebte Kurs der Kanzlerin hat die Südwest-CDU tief ins Umfrage-Minus gestürzt. Der Bundesminister will aber mehr sagen. Es sei eine Landtagswahl Er übt scharfe Kritik an der grün-roten Bildungspolitik. Baden-Württemberg habe einst das beste Schulwesen der Republik gehabt. Jetzt drohe es, "diesen wertvollen Schatz einer soliden, verlässlichen und seriösen Bildungspolitik, die "auf die unterschiedlichen Begabungen der Kinder" abstelle, "zu verzichten".Die grün-rote Gemeinschaftsschule ruiniere die Stärke des Landes.

Dann aber leitet DeMaiziere über auf das alle beschäftigende Thema: Was tun mit den Flüchtlingsströmen? Dass die Kanzlerin umlenkt, ist seit Tagen klar. Merkel und DeMaiziere haben "die Politik des Durchwinkens" nach Deutschland für beendet erklärt. Und hier in Pfronstetten verkündete der Innenminister dann einen möglichen Kurswechsel – wenn denn das Abkommen mit Türkei, gemeinsame europäische Lösungen und eine deutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen scheitere.

DeMaiziere wörtlich: der wirksame, bessere gerechtere Weg sei zwar der, die europäischen Außengrenzen dicht zu machen und nicht an den europäischen Binnengrenzen. "Klar ist aber auch: wenn das auf Dauer nicht funktioniert und die zahlen wieder im Frühling so hoch würden, dann könnten sich andere Fragen stellen". Wenige Tage vor dem EU-Türkei-Gipfel am Montag ist diese in dieser Deutlichkeit bisher noch nicht gemachte Aussage zweifellos bemerkenswert.

Dann erklärt DeMaiziere den Kurs der Bundeskanzlerin. Diese arbeite jetzt an einem Dreiklang: "Flüchtlingsströme ordnen-steuern- verringern". DeMaiziere macht deutlich: "den einzigen Weg" gebe es nicht. "Wer das verspricht, ist ein Hochstapler!". Ein Seitenhieb auf die AfD.

DeMaiziere verurteilt auch nationale Grenzschließungen und nimmt die Balkanstaaten und Österreich ins Visier. Fakt aber ist auch: Bis zur geplanten EU-Ausgrenze-Sicherung sind sie es, die den deutschen Zustrom jetzt haben abebben lassen. Geordnet werde jetzt schon - durch eine lückenlose deutsche Registrierung, 300 000 Altfälle seien abgebaut, Daten zwischen Polizei, Behörden und Körperschaften würden endlich ausgetauscht.

Bezeichnend sei, dass die Grünen im Bundestag dem Asylpaket alle nicht zugestimmt hätten. Die Residenz-Pflicht für Flüchtlinge hatte Grün-Rot in BW als Preis für ein "Ja" zu Sicheren-Balkan-Herkunftsländern herausgehandelt: Zwischen Bürgerkriegs- und von Verfolgung bedrohten Menschen und Wirtschaftsflüchtlingen müsse jetzt klar unterschieden werden. Erstere hätten Anrecht auf zeitlichen Schutz, letztere müssten konsequent abgeschoben werden. Grün blockiere:

DeMaiziere kritisierte zudem scharf, dass sich die Grünen Kretschmanns auch beim Thema Maghreb-Staaten als Neue Sichere Herkunftsländer aus wahltaktischen Gründen gegen Merkels Wunsch querstellten.Die SPD habe darum gebeten, wegen der Grünen das auf die Zeit nach den Landtagswahlen zu verschieben. Und so sich den Schwur vor den grünen Wählern zu ersparen.

Auch DeMaiziere bezeichnete den ganz auf Winfried Kretschmann zugeschnittenen Personen- Wahlkampf, der bewusst inhaltslos geführt werde, als Mogelpackung. Wer CDU wähle bekomme Merkel, Wolf, Strobl, Schäuble, Kauder, von der Leyen Klöckner und ihn selbst. Wer grün wähle, kriege Volker Beck, Ströbele, Ströbele, Trittin, Künast und Hofreiter. Die bekomme der Wähler alle mit.

Wenn man das einmal überlege, dann sei klar: es gebe vor allem für traditionelle CDU-Wähler wenig Gründe Kretschmann statt Wolf, Grün statt CDU und schon gar nicht die AfD zu wählen. Stattdessen komme es auf das an, was sich hinter den Gesichtern verberge.

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