Sigmar Gabriel | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Kein Kuschelkurs: Sigmar Gabriel besucht Flüchtlingsprojekt der Reutlinger Volkshochschule

Stand: 01.03.16 17:46 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat heute ein Integrationsprojekt für Asylbewerber in Reutlingen besucht. An der dortigen Volkshochschule werden unter anderem Integrations- und Sprachkurse vergeben. Gabriel traf dabei auch auf Asylbewerber in einem Stella-Kurs. Dort sollen Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden. Dabei stellte Gabriel klar: nicht alle Aufgenommenen werden bleiben können. Zugleich machte der Vizekanzler und SPD-Parteivorsitzende auch Hoffnung auf ein Einwanderungsgesetz. Gabriel war einer Einladung des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministers Nils Schmid gefolgt.


Ankunft und Begrüßung des SPD- Parteivorsitzenden, Wirtschaftsministers und Vizekanzlers in Reutlingen. Die dortige Volkshochschule spielt eine wesentliche Rolle bei der gemeinsamen Flüchtlingsintegration durch Kommune und Landkreis. Rund Personen nehmen dort derzeit rund 360 Asylbewerber Deutschkurse. 90 davon besuchen das sogenannte StellA-Programm. Dieses ist auf 2 Jahre befristet und ermöglicht Asylbewerbern mit hoher Bleibeperspektive eine Sprachqualifikation,, die ihnen dann eine Berufsausbildung ermöglicht.

Die Kursteilnehmer in dem besuchten Kurs haben bereits alle eine im Ausland abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar ein Studium absolviert. Der bisher dreimonatige zeigt aus Sicht von Kursleiterin Martina Davies die gewünschte Wirkung: Mit dem Deutschlernen gehe es sehr schnell voran. Die Progression der Teilnehmer sei stark.

Allen hier will der SPD-Wirtschaftsminister in der jetzigen Diskussion indessen trotzdem nicht Hoffnung auf dauerhaftes Bleiben machen. Einige der Sprachschüler kommen nicht aus Bürgerkriegs- oder Verfolgungsländern. Ihnen droht die Abschiebung. Daraus macht Gabriel auf Nachfrage auch keinen Hehl. Eine Perspektive für die Schüler aber hat er dann doch.

Deutschland werde schon bald einen Fachkräftemangel im Millionenbereich haben. Und hier werde dann einmal ein Einwanderungsgesetz greifen. Menschen, die bereits in Deutschland erlangte Qualifikationen und Sprachkenntnisse vorweisen könnten, hätten dann sicher bessere Chancen in einem Auswahlverfahren.

Ein ganz aktuelles Problem hier in Reutlingen ist bei allen Integrationsmodellen einfach die schiere Zahl, die zu bewältigen ist. Im Landkreis sind derzeit rund 3100 Asylbewerber zu betreuen. 2016 soll die Zahl auf bis zu 5000 steigen. 70 Prozent haben Bleibe-Perspektive - und sind damit Aspiranten für Kurse wie diese.

Deshalb könne das besuchte Kurs-Projekt, da sind sich Landrat Thomas Reumann und die Reutlinger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch einig, eben nur ein wichtiger Integrations-Baustein unter anderen sein. Hier haben die Reutlinger Akteure dem sichtlich interessierten Wirtschaftsminister auch Anregungen mit auf den Weg nach Berlin gegeben.

In Reutlingen ist ein Projekt am Laufen, das nicht mehr darauf setzt, erst nach dem qualifizierten Spracherwerb und dann erst mit der weiteren Integration über den Arbeitsmarkt zu beginnen, wie der Reutlinger Landrat Thomas Reumann erklärt. Dazu hat man hier ein Bündnis für Arbeit geschmiedet. In einer Art Eingangsgespräch sollen die Qualifikationen der Asylbewerber und ihre Sprachkenntnisse geprüft werden.

Dazu sind drei sogenannte Integrationszentren im Landkreis Reutlingen geplant.Mitglieder in diesem Projekt sind IHK und Handwerkskammer, die Agentur für Arbeit, die Gewerkschaften, Diakonie und Ehrenamtliche. So soll auch zunächst ohne hochqualifizierte Sprachkenntnisse Kontakt zum Arbeitsmarkt hergestellt werden.

Gabriel will diese „duale Integration" prüfen. Als Wirtschaftsminister ist er Herr über die dortigen Fördertöpfe und zudem fällt die Arbeitsagentur in seinen Verantwortungsbereich. Landeswirtschaftsminister Nils Schmid, SPD, hat dem Bundesminister und Parteikollegen den Wunsch nach Verstetigung und mehr Mittel generell mit als Wunsch auf den Weg gegeben. Man brauche mehr finanzierte Plätze in diesem Projekt.

Gabriel brachte in den Diskussionen um die Bewältigung der großen Zahlen dabei verpflichtende neunmonatige Intensivsprachkursen mit sieben Wochentagen an den Berufsschulen ins Spiel. Für einen Kuschelkurs, das wird an diesem Tag klar, ist der SPD-Bundesvorsitzende dabei indessen nicht. Wichtig sei, dass die Neuankommenden auch ernten, dass diese Gesellschaft anstrengend sei. Und: An Ehrlichkeit über die Bleibechancen führe kein Weg vorbei.

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