Günther Oettinger | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

"Transatlantische Gefahr": EU-Kommissar Günther Oettinger warnt in Tübingen vor Google, Facebook und Co

Stand: 08.02.16 13:48 Uhr

Im Rahmen eines Besuchs beim Tübinger Medizintechnikhersteller Erbe hat der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident und heutige EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft Günther Oettinger eindringlich, davor gewarnt die derzeit in allen Bereichen laufende Digitatlisierung zu verschlafen.Amerikanische Groß-Unternehmen wie Google oder Apple planten über die ihnen zufließenden massenhaften Daten in Verbindung mit den fortschreitenden Digitalisierungsprozessen über das Web einen Zentralangiff mitten ins Herz der deutschen High-Tech-Wirtschaft - über alle Branchen hinweg. Oettinger war auf Einladung des Tübinger CDU-Landtagskandidaten Klaus Tappeser in die Neckarstadt gekommen.


Ankunft des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten bei Erbe in Tübingen: Günther Oettinger ist derzeit oft im Südwesten unterwegs. Der Kampf um die Macht und die Mandate in Stuttgart wirft seine Schatten voraus. In Tübingen hatte die CDU 2011 das Direktmandandat nur um einige Stimmen verpasst. Mit seinem Besuch will der EU-Kommissar seinen ehemaligen Wissenschaftsstaatssekretär Klaus Tappeser unterstützen. Der ehemalige OB von Rottenburg hat den damals siegreichen Grünen den Kampf angesagt und dabei jetzt prominente Unterstützung bekommen.

Tappeser hatte Oettinger zum Medizintechnik-Unternehmen Erbe eingeladen - einem Leuchtturm der regionaln Wirtschaft. Elektrochirurgische Instrumente, Thermofusion, Hydrochirurgie, Plasmo-und Kryochriurgie: Erbe gehört auf diesen Feldern zu den Weltmarktführern. Die Firma ist in 110 Ländern aktiv, beschäftigt weltweit rund 930 Mitarbeiter, hat 78 Prozent Exportanteil und 2015 die 200 Millionen beim Umsatz überschritten. Und ist in mittlerweile vierter Generation familiengeführt.

Fast Dreiviertel der Belegschaft bei dem  Medizintechnikhersteller arbeiten im Bereich von Forschung und Entwicklung. "Billig und einfach, das können viele, innovativ und hochqualitativ aber nur wenige ". Und zu diesen wenigen wolle Erbe "auch zählen", so Erbe-Geschäftsführer Reiner Thede, der zusammen mit seinem Schwager, dem IHK-Präsidententen Christian O. Erbe das Unternehmen führt.

Erbe will permanent am Ball bleiben, was die Fortentwicklung der eigenen Produkte angeht. Zu den aktuell innovativen Entwicklungen gehört derzeit auch ein in der Art eines i-pads gesteuertes präzises Operationsgeräts. Das soll  Chirurgen durch das neuartige Handling präziseste Gewebentfernungen ermöglich.

Die bipolare Vernetzung von technischen Werkzeugen und Herkömmlichen mit digitaler Computersteuerung ist unter dem Begriff als „Wirtschaft 4.0" derzeit aller Munde. Genau dort spiele die "Musik der Zukunft", so Klaus Tappeser. Da könne man viele der aktuell zu lösenden gesellschaftlichen Problemstellungen hernehmen. Beispielsweise denke er "an die problematische Ärzteversorgung im ländlichen Raum". Im Fall des zunehmenden landärztlichen Mangels könne "die Tele-Medizin" auf digitaler Basis einmal eine entscheidende Rolle spielen.

Für den Digital-Kommissar Günther Oettinger genau die richtige und unverzichtbare Denkweise. Denn er ist nach Tübingen auch mit einer dringlichen allgemeinen Warnung vor Gefahren aus Richtung USA gekommen. Dort blase man derzeit  zum Großangriff auf das Herz vor allem der deutschen und hier besonders der südwestdeutschen Wirtschaft. Google habe sich nicht von ungefähr jetzt in "Alphabet" umbenannt. Das wurde Oettinger auf dessen Frage hin bei einem Besuch bei Google vor Ort beschieden. Die Buchstaben stünden stellvertretend für 26 Sektoren, in die man sich Schritt für Schritt ausdehnen wollte. Und die reichten beispielsweise von "A" für "Automotive"  bis hin zu "H" wie "Health".

Amerikanische Internet- und Web-Unternehmen im Bereich der  "Social Media" hätten als immer unverzichtbarerer Bestandteil des menschlichen Alltags nicht nur permanent immer mehr Kundendaten in der Hand, sondern damit auch gleichzeitig die Kunden für die neuen digital vernetzten Produkte von morgen. Ein gefährliches Szenario für die bisher, laut Oettinger,  oft noch rein auf  mechanisch-technisch orientierte deutsche Produktions-Industrie.

Die Amerikaner seien da den Deutschen beunrhigend "weit voraus". Es gehe "um digitale Überlegenheit" und dahinter verberge sich "eine klare Strategie", die "mitten ins Herz der deutschen, ja der südwestdeutschen Industrie" ziele.

Laut Oettinger ist es allerhöchste Zeit, auf diese Entwicklungen zu reagieren. Die erbe-Entwicklungen seien hier ein Fingerzeig, wohin die Bestrebungn im allgemeinen gehen müssten. Denn es werde nicht mehr lange dauern, bis sich die amerikanischen Digital-Konzerne wie Google, Facebook und Co mit ihrem Kundenwissen und ihren digitalen Vernetzungsmöglichkeiten in alle entsprechenden Industrie-Sektoren ausdehnten. So habe ihm der neue Apple-Chef   angekündigt, dass demnächst  schon bald neben dem i-pod und dem i-phone ein eigenes, voll- digitalisiertes Auto, ein "i-car" stehen werde.

Das wiederum sei nichts weniger als eine Kampfansage an die baden-württembrergische Automobil-Industrie.

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