Stadt Reutlingen plant Auskreisung | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Setzen, sechs! - Gutachten zur Auskreisung der Stadt Reutlingen stellt schlechtes Zeugnis aus

Stand: 03.02.16 13:58 Uhr

Die Stadt Reutlingen will Stadtkreis werden. Im Juli des vergangenen Jahres hatte ja der Gemeinderat einen entsprechenden Antrag gestellt. Jetzt liegt dieser Antrag dem Innenministerium und dem Regierungspräsidium Tübingen vor. Dieses hat den Landkreis Reutlingen um eine Stellungnahme gebeten. Der Kreis wiederum gab ein Gutachten in Auftrag. Dieses liegt jetzt vor und zeigt eindeutig: Die Stadt Reutlingen hat keinen Rechtsanspruch auf Auskreisung.


Verfassungsrechtler Prof. Christofer Lenz hat sich den Antrag der Stadt Reutlingen vorgenommen. Sein Gutachten ist 44 Seiten stark – die Anhänge nicht mitgerechnet. Und doch lässt es sich in nur zwei Worten zusammenfassen: Setzen, sechs.  Schon die Grundannahme, auf der der Antrag der Stadt Reutlingen basiere, sei falsch: "Das Hauptargument der Stadt Reutlingen ist die Selbstverwaltungsgarantie der Landesverfassung und des Grundgesetzes, die schützt eine Gemeinde dagegen, dass man ihr etwas wegnimmt: Geld, Aufgaben, Gebiet", sagte Lenz. "Sie gibt ihr aber kein Recht, mehr zu bekommen, und genau das hat die Stadt Reutlingen falsch verstanden. "
 
Dafür ist der Landkreis Reutlingen durch genau dieses Recht geschützt. Denn ein Auskreisungsgesetz würde ihm Gebiet, Aufgaben und Geld wegnehmen.  Sollte der Landtag also tatsächlich die Auskreisung Reutlingens beschließen,  könnte der Landkreis dagegen vor dem Staatsgerichtshof klagen. 

Umgekehrt hätte in dem Fall, dass der Antrag abgelehnt würde,  eine Klage der Stadt keine Aussicht auf Erfolg.  Wenn sich der Gesetzgeber also überhaupt damit befassen soll, dann nur,  wenn die Landesregierung der Ansicht ist, dass es besser für das Gemeinwohl ist. 
 
Das bis ins Detail nachzuweisen, ist Aufgabe der Stadt Reutlingen. Doch das habe die Stadt bisher nicht im nötigen Umfang getan, so Lenz.  "Wenn ich eine Aufforderung des Innenministers bekomme, was ich im Einzelnen darzulegen habe und ich lege es nicht dar, dann ist das so, wie wenn Sie ein Baugesuch stellen und wissen, das und das sollte dem Baugesuch beigefügt werden, und Sie fügen es nicht bei, dann wird das auch nicht zum Erfolg führen", sagte Prof. Christofer Lenz.
 
Klar, der Landtag kann TROTZDEM für die Auskreisung stimmen. Dann muss er aber auch mit den Konsequenzen leben – und das sei ein unkalkulierbares Rechtsrisiko, denn vieles sei überhaupt noch nicht geklärt, so Landrat Thomas Reumann: "Was passiert mit den Kreiskliniken? Was passiert mit den beruflichen Schulen? Was passiert mit den Schulden? Wenn die Stadt Reutlingen gar nicht alle Aufgaben übernimmt, was für Konsequenzen hat das?"
 
Die Stadt Reutlingen möchte erst mal zum Stadtkreis erklärt werden, und alles andere soll später geklärt werden. Aus der Sicht des Gutachters der genau falsche Weg.  "Die Lebenserfahrung zeigt eben: Wenn man solche Kopfgeburten macht und sagt, die Grundsatzentscheidung treffe ich und mit den Details befasse ich mich später, stellt sich eben oft bei der Betrachtung der Details heraus, leider ist die Grundsatzentscheidung falsch gewesen."
 
Zusammenfassend: Die Stadt Reutlingen hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht, so das Ergebnis des Gutachtens.  Jetzt liegt es am Innenministerium zu entscheiden, wie das Verfahren weitergeht.  Im Landratsamt hält man es aber für sehr wahrscheinlich, dass die Stadt Reutlingen nacharbeiten muss.

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