Über 600 Gäste sind ins Sparkassen-Carree gekommen, um die Rede der Linken-Ikone
Gregor Gysi zu hören. Bevor Gysi ans Rednerpult trat, sprach Margrit Paal, Kreisvorstand der Linken im
Wahlkreis Tübingen Grußworte, ebenso der Landtagskandidat Berndhard Strasdeit, der sich absichtlich kurz hielt um genügend Zeit für Gastredner Gysi zu lassen:
"Wir haben auch in Baden Württemberg die 5% Hürde zu übersteigen", so Strasdeit. "Das ist nicht reiner Zweckoptimismus. Es gibt ein paar gute sachliche Gründe, zuversichtlich zu sein, nachdem Grüne und SPD in der Landesregierung so weit in die Mitte und in die Nähe der CDU gerutscht sind, glaube ich das wir genügend Platz haben, deutlich zu machen, warum es die Linke im Landtag braucht."
Grußworte kamen auch von Heike Hänsel, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. Im Focus: nicht nur der soziale Wohnungsbau, sondern auch die Flüchtlingsproblematik. Man stünde weiterhin solidarisch an der Seite der Flüchtlinge – man verpflichte sich für eine Politik, die nicht Flüchtlinge bekämpfe, sondern Fluchtursachen, so Hänsel. "Wir erleben jetzt eigentlich die Folgen einer jahrzehntelangen verfehlten Politik, die die reichen Staaten mit den Konsequenzen ihrer Politik
konfrontiert. Deswegen finde ich, kann man hier auch nicht von einer Flüchtlingskrise sprechen, sondern von einer politischen Krise, die neue Antworten bedarf. "
Obergrenzen, rasche Ausweisungen – für Gysi Diskussionen in die falsche Richtung. Im Blick auf die sexuellen Übergriffe in Köln: Straftaten müssen immer bestraft werden, egal wer sie begeht – ob Syrer oder Deutscher. Nur dürfe man jetzt nicht so tun, als hätte es sie vorher nicht gegeben. Das Problem war lange da: in vielen Ehen, an vielen Arbeitsplätzen, so Gysi. Und auch andere Probleme seien lange vor der Flüchtlingskrise da gewesen: "Ich finde das sehr gut, dass jetzt erkannt worden ist, dass wir sozialen Wohnungsbau brauchen, dass jetzt erkannt worden ist, dass wir Lehrerinnen und Lehrer brauchen – da sag ich immer zu den Leuten: so nützlich sind Flüchtlinge. Das brauchten wir schon vorher, das hat nur keiner erkannt. Immerhin ist der Druck so groß, dass vielleicht wirklich etwas passiert", so Gysi.
Aber für die Bundesregierung bräuchte es immer erst einen scharfen äußeren Druck, das dürfe zukünftig auch nicht so sein. Deutschland brauche Investitionen in Bildung, Erziehung, Wohnungsbau und Infrastruktur.
„Nun haben wir ein Problem: Die Bundesregierung hat sexuell erotisches Verhältnis zu schwarzen Null", sagte Gysi. "Ein triebhaftes Verhältnis - du kommst gegen Triebe mit Logik und Vernunft nicht an... Das wissen wir alle.“
Merkel sage „Wir schaffen das“ - dann solle sie das aber auch bezahlen, so Gysi. Die Kommunen müssen für die Integration der Flüchtlinge ausreichend Geld bekommen. Zu Integration gehöre die Unterbringung, die Anerkennung der Qualifikation, die weitere Möglichkeit zur Qualifikation und auch die Vermittlung der deutschen Grundwerte. "Und das zweite ist, dass wir natürlich die ärmere Bevölkerung nicht vergessen dürfen – die haben jetzt schon den Eindruck, wir reden alle nur noch über Flüchtlinge und nicht mehr über sie. Kluge Politik würde sagen, ja, jetzt ist die Zeit vernündftige bezahlten Jobs in Zusammenhang mit den Flüchtlingen zu schaffen, dann werden sie zu einem Gewinn und nicht zu einem Verlust. Dann entziehen wir sie den Raubrittern von rechts – da muss uns gelingen“, sagte Gysi.
Über Parteigrenzen hinweg müsse es gelingen, den Rechtsruck zu stoppen. Es müsse nicht nur
dagegen kandidiert werden. Man müssen gemeinsam überlegen, wie ein Projekt aussehen kann gegen ein rechtes Europa und ein rechtes Deutschland, so Grego Gysi.
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