Gemeinschaftsschule | Bildquelle: RTF.1

Baden-Württemberg:

Ministerium: "Gemeinschaftsschule auf einem guten Weg"

Stand: 01.02.16 11:20 Uhr

Es ist ein Thema, das die Landtagswahl in ähnlicher Weise beeinflussen könnte, wie die Flüchtlichsproblematik: Die Gemeinschaftsschulen. Während speziell die CDU lieber zum altbewährten Mehr-Säulen-Modell zurückkehren würde und die Gymnasien stärker in den Vordergrund stellen möchte, will die grün-rote Landesregierung an ihrem Konzept festhalten und die neue Schulform noch weiter fördern. Vor drei Jahren hatte das Wissenschaftsministerium eine Begleitforschung zur Einführung der Gemeinschaftsschule in Auftrag gegeben, um die Gelingensfaktoren, aber auch noch vorhandene Probleme identifizieren zu können. Gegner werfen dem Modell vor, das Bildungsniveau abzusenken.


Die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen galt im Schulamt lange als Vorzeigeschule unter den Gemeinschaftsschulen. Ein internes Gutachten der Uni Tübingen hatte der Schule zwischenzeitlich starke Mängel attestiert. Die Qualität einer Gemeinschaftsschule habe aber nichts mit dem Konzept zu tun, sondern liege an der individuellen Umsetzung – zu diesem Ergebnis kommt Prof. Thorsten Bohl, Mitarbeiter der Begleitstudie: "Die Schulart Gemeinschaftsschule ist für die motivational-affektive Entwicklung der Schülerinnen und Schüler nicht relevant. Für diese Entwicklung – also im Bereich der Motivation – ist nicht die Schulart, sondern die Qualität des Unterrichts unabhängig von der Schulart relevant." Wie an anderen Schularten auch, sei die Qualität des Unterrichts also vom kompetenten Lehrerhandeln innerhalb der einzelnen Lerngruppe abhängig.

Laut Prof. Albrecht Wacker, ein weiterer Mitarbeiter der Begleitstudie, würden Lehrer an Gemeinschaftsschulen intensiver und in anspruchsvolleren Kooperationsformen interagieren als andere Lehrer. Das Konzept laufe auf eine Individualisierung der Schüler heraus. Hierfür gebe es Input-Stunden und individuelle Lernzeiten. Kooperatives Lernen hätten die Verantwortlichen eher weniger gefunden. Es fände eher seltener statt. Es zeige sich weiter der Befund, dass Schüler mit einem hohen Leistungsniveau die höchste aktive Lernzeit in diesen individuellen Stunden aufweisen. Weiterhin zeige sich laut Wacker, dass Schüler auf dem unteren Leistungsniveau mehr aktive Lernzeit in den Input-Stunden aufweisen. Eine Kombination aus beiden Strukturen sei daher sinnvoll.Die Individualisierung sei chancenreich, aber auch anspruchsvoll.

Für ihre Analyse hatten die Forscher mehrere tausend Schüler, Lehrer und Eltern befragt, zwei Jahre lang täglich den Unterricht beobachtet und Schülertexte analysiert. Eine Möglichkeit zur Qualitätsverbesserung: Die Lehrer wünschen sich mehr Zeit, um die vielfältigen Bereiche bewerkstelligen zu können. Hierzu Kultusminister Andreas Stoch: "Natürlich wird ein neuer Bildungsplan, der so etwas wie eine Niveaudifferenzierung dann auch abbildet, ein wichtiges Hilfsmittel für die Lehrkräfte sein. Dazu in Verbindung stehende Kompetenzraster werden eine Arbeitserleichterung für Lehrkräfte sein, die sehr häufig auch noch in der Erstellung von Aufgaben und Unterrichtsmaterialien Zeit binden." Erfreulich hierbei sei, dass die Lehrer hier sehr kooperativ handeln würden.

Das Fazit der Gutachter und des Ministers: Die Gemeinschaftsschulen hätten sich konzeptionell entwickelt, aber es gäbe noch einiges zu tun. Für die Realisierung des Forschungsprojekts standen insgesamt 150.000 Euro zur Verfügung.

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