Bundeskanzleramt | Bildquelle: pixabay.com

Landshut / Berlin:

Flüchtlingsbus auf dem Weg zu Merkel - Landrat Dreier schickt heute überzählige Flüchtlinge ins Kanzleramt

Stand: 14.01.16 09:23 Uhr

14.01.2016. Der Landshuter Landrat Michael Dreier macht seine Ankündigung heute wahr: Ein Bus mit überzähligen Flüchtlingen werde sich am heutigen Donnerstag ab 9 Uhr auf dem Weg in die Bundeshauptstadt machen. An Bord: Überzählige Flüchtlinge. Der Landrat hatte vergangenes Jahr angekündigt, im Neuen Jahr Woche für Woche alle Flüchtlinge, die im Landkreis Landshut nicht untergebracht werden können, im Bus nach Berlin ins Bundeskanzleramt zu schicken. Der erste Bus sei ab 9 Uhr unterwegs, meldet die Tageszeitung "Die Welt". Bundeskanzlerin Merkel habe Dreier gebeten, sie zu informieren, wenn der erste Bus auf dem Weg sei.

Heute 9 Uhr rollt der erste Flüchtlingsbus

Heute ist Premiere: Nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" fährt der erste Landshuter Flüchtlingsbus am heutigen Donnerstag, 14. Januar 2016, um 9 Uhr los - direkt zum Bundeskanzleramt: Die Flüchtlinge seien über das Vorhaben informiert und seien freiwillig mit an Bord.

"Das Thema Asylbewerber beschäftigt uns täglich", hatte der Landrat und vormalige Hohenthanner Bürgermeister Dreier schon im August 2014 gesagt, als er eine Bilanz nach den ersten 100 Tagen Amtszeit zog. Er registriere mit Sorge, dass die Flüchtlingsströme gen Europa nicht abreißen. Ein Umstand, der es dem Landkreis schwer mache, an sienem Ziel der dezentralen Unterbringung dieser Menschen festzuhalten. Dreier sagte: "Wir haben das letzte Woche zwar noch einmal bekräftigt. Allerdings suchen wir auch händeringend nach entsprechenden Unterkünften."

Kurz vor Weihnachten: Vorbereitung für Flüchtlingsbusse laufen an

Kurz vor Weihnachten 2015 machte Landrat Dreier, der den Freien Wählern angehört, dann ernst:  Das Landratsamt teilte den Lokalzeitungen "Wochenblatt" und "Straubinger Nachrichten" mit, dass die Vorbereitungen für den ersten Flüchtlings-Transport zum Bundeskanzleramt anlaufen.

Gleichzeitig wolle das Landratsamt eine weitere Flüchtlingsnotunterkunft für 300 Personen schaffen. In 10 Wochen seien bereits 17 neue Flüchtlings-Unterkünfte entstanden. Das sei Dank der großen Unterstützung durch die Bürgermeister und seiner Mitarbeiter notwendig gewesen. Das zeige "wie intensiv und erfolgreich unsere Bemühungen waren", zitieren "Wochenblatt "und "Straubinger Nachrichten" den Landrat: "Jetzt können wir aber mit den andauernd hohen Zuweisungen nicht mehr schritthalten." Wöchentlich 70 neue Asylsuchende seien nicht mehr zu verkraft:  Es kämen mit der Eröffnung einer neuen und der Erweiterung einer alten Unterkunft zwar 21 Plätze dazu, da Landratsamt rechne aber mit einer Zuweisung von weiteren Flüchtlingen. 

Merkels Büroleiter ist informiert

Ein Wettlauf mit der Zeit, den Landkreis und Landratsamt nach Ansicht des Landrats offensichtlich nicht gewinnen können: Anfang Dezember habe Dreier Bernhard Kotsch, Merkels Büroleiter, mitgeteilt, dass das Landratsamt zukünftig wöchentlich alle Flüchtlinge weiter nach Berlin schicken wolle, für die in der jeweiligen Woche keine Unterbringung möglich sei,berichtet das Wochenblatt am 15. Dezember 2015.

Zuvor habe Bundeskanzlerin Merkel den Landrat nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" schon im Oktober 2015 in einem Telefonat darum gebeten, dem Kanzleramt einen Tag vorher Bescheid zu sagen, bevor er den ersten Bus schicke.

"Wenn Sie Busse zu mir schicken, müsste ich die eigentlich nach Griechenland zurückschicken", zitiert "Die Welt" die Bundeskanzlerin aus dem Telefongespräch: "Aber von dort laufen dieFlüchtlinge dann wieder zu Ihnen."

Weihnachtsfeiertage abwarten...

„Über die Weihnachtsfeiertage können wir uns mit den vorhandenen Plätzen in den Notunterkünften gerade noch retten, dann sind wir aber absolut dicht“, sagte der Landrat dem Landshuter Tagblatt am 16.12.2015: Der Landrat hatte sich dazu entschlossen, wegen des bevorrstehendes Weihnachtsfestes die kommenden drei Wochen "keine Busse nach Berlin" zu schicken: „Auch wenn für unsere extrem belasteten Mitarbeiter in den kommenden Wochen von Weihnachtsfriede keine Rede sein kann, weil die wöchentliche Zuweisung von 70 Flüchtlingen ungebremst weiterläuft, wollen wir über die Feiertage für eine geordnete Unterbringung der Menschen sorgen“, sagt Dreier egenüber dem Tagblatt.

Landrat beim Jahresrückblick: „Nein, wir schaffen das nicht mehr"

 „Es ist zu einfach, die Verantwortung für ein bundespolitisches Problem auf die untersten Ebenen abzuwälzen. Nein, wir schaffen das nicht mehr." zitiert das Tagblatt am 23.12.2015 den Landrat. Es gehe nicht nur um die einigermaßen menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge, sondern auch um die Wahrung des inneren Friedens der Bürger. Auch deren Sorgen müsse man ernst nehmen.

Der Streit um Begriffe wie ‚Obergrenzen', ‚spürbare Reduzierung' oder ‚Kontingente  helfe vor Ort "gar nichts. Wir bekommen Woche für Woche die Flüchtlinge vor die Landratsamtstür gefahren und müssen zusehen, wo wir sie unterbringen", zitiert das Tagblatt den Landrat.

Ein großes Problem gebe es auch bei den sogenannten "Fehlbelegern" bei der Erstunterbringung: Über 300 anerkannte Flüchtlinge könnten nicht mehr nach dem "Königsteiner Schlüssel" auf das Kontingent des Landkreises angerechnet werden. Die Alternative wäre, die Flüchtlinge vor die Tür zu setzen. Dann würde das Problem auf die Gemeinden verlagert, welche die Flüchtlinge im Rahmen der Obdachlosenunterbringung unterbringen müssten. Das wolle der Landrat vermeiden.

Flüchtlingsbus voller "Fehlbeleger"

Dem Landshuter Wochenblatt zufolge handelt es sich bei den Insassen im Flüchtlingsbus um solche Fehlbeleger: "Anerkannte Flüchtlinge also, die noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben müssen, obwohl sie dort eigentlich nichts mehr zu suchen hätten." Solange Fehlbeleger auf dem angespannten Wohnungsmarkt nicht unterkommen, blockieren diese die entsprechenden Plätze in den Erstaufnahme-Einrichtungen, die eigentlich für asylsuchende Neuankömmlinge vorgesehen sind. 

Bayerische Staatsregierung droht mit juristischen Konsequenzen

Indes habe das bayerische Sozialministerium Landrat Dreier in einem Telefonat mit juristischen Konsequenzen gedroht, meldet das Blatt. Die Ministerin habe "dienstrechtliche Schritte gegen Dreier angekündigt und prüfen lassen".

295 Flüchtlingsbusse pro Woche ins Bundeskanzleramt ?

Nun macht der Landrat ernst und schickt den ersten Bus nach Berlin. Man darf damit rechnen, dass das Bundeskanzleramt - und vielleicht auch Merkel selbst - diesen ersten Flüchtlingsbus nicht "nach Griechenland" weiterschicken, sondern die Flüchtlinge "in allen Ehren" empfangen und für die Unterbringung der Insassen sorgen wird. Was aber, wenn Meiers Landrats-Kollegen es dem Landshuter Landrat gleichtun, und ebenfalls Woche für Woche ihre überzähligen Flüchtlinge nach Berlin zum Bundeskanzleram schicken? Dieses Szenario dürfte der Bundeskanzlerin Unbehagen bereiten: Denn die Zahl der Landkreise, die im Deutschen Landkreistag organisiert sind, liegt bei 295.

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