Landwirte fordern faire Preise | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Es geht um die Wurst: Landwirte verkaufen 12-Cent-Snack

Stand: 13.01.16 14:34 Uhr

Eine Wurst mit Brötchen für 12 Cent. Klingt nach einem verlockenden Angebot. Doch 12 Cent, das ist genau das Geld, das pro Wurst am Anfang der Wertschöpfungskette ankommt - nämlich beim Schweinemastbetrieb. Viel zu wenig, finden die baden-württembergischen Bauern. Mit einem landesweiten Protesttag haben die Landwirte reagiert und in den Fußgängerzonen des Landes die Wurst mit Brötchen für 12 Cent verteilt. So auch in Reutlingen.


Zwölf Cent ins Sparschwein als Spende für das Kinderhospiz in Stuttgart – und das Mittagessen war gesichert. Für die Passanten eine einmalig günstige Gelegenheit, doch für die Schweinehalter geht es um die Wurst. Es seien Existenzen gefährdet, sagt der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Gebhard Aierstock.  "Die Situation ist die, dass in den letzten fünf Jahren ca. 30 Prozent der Schweinehalter aufgehört haben, und wenn ja kein Geld zu verdienen ist, dann ist die Frage: Wie geht’s weiter? Viele weitere Schweinehalter werden aufhören, das bedeutet dann, dass die regionale Produktion in Baden-Württemberg, im Kreis Reutlingen schlechter wird", sagte Aierstock.
 
Für hundert Kilo Schlachtschwein bekommt ein Schweinehalter derzeit hundert-fünfundzwanzig Euro. Damit es sich rentiert, müsste er hundertfünfzig oder besser hundertsiebzig Euro verdienen – pro Wurst wären das dann fünfzehn bis siebzehn Cent. Doch bei diesem Preis bekommen die Landwirte ihr Schweinefleisch nicht mehr los. Die Gründe sind vielfältig:

"Das Russlandembargo spielt eine wesentliche Rolle", sagte Aierstock. "Die Märkte insgesamt funktionieren nicht so, wie sie funktionieren sollen, aber es ist auch der Druck der Discounter, der Preisdruck, ein maßgeblicher Grund ."
 
Die Aktion der Landwirte richtet sich vor allem an die Verbraucher. Sie sollen bewusster einkaufen, so der Appell, und die regionalen Metzger und Direktvermarkter unterstützen. Dort seien die Preise in der Regel für die Bauern noch etwas besser.  "Aber es ist genauso eine Aktion, die dazu führen soll, die Verbraucher auch anzuregen: Was wollen wir denn in Zukunft? Wir versuchen, das Gespräch, die Diskussion mit Verbrauchern zu führen", sagte Aierstock. "Was für eine Landwirtschaft wollen wir in Zukunft? Es wird vielfältig diskutiert. Es gibt ein Ergebnis der Forschung des wissenschaftlichen Beirats, die sagt, die Tierhaltung ist so nicht zukunftsfähig."
 
Das Ergebnis des Gutachtens, das im vergangenen Jahr erstellt wurde: Eine radikale Veränderung sei nötig. Die Tierhaltung müsse sich von der konventionellen Produktion in Richtung Öko-Landwirtschaft weg bewegen. Nur: Wie dies geschehen soll, dazu ist eine gesamtgesellschaftliche Diskussion nötig. Die Landwirtschaft jedenfalls sei dazu bereit, so Gebhard Aierstock.
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