LEA Rottenburg-Ergenzingen | Bildquelle: RTF.1

Region Neckar-Alb:

Altes Lager, Scheibengipfeltunnel und Flüchtlinge - Der Oktober 2015 im Rückblick

Stand: 04.01.16 16:14 Uhr

In der Flüchtlingspolitik verhärteten sich im Oktober die Fronten. In Reutlingen-Oferdingen trat Bezirksbürgermeister Schönenborn nach Anfeindungen und anonymen Drohungen zurück. In Tübingen erntete Oberbürgermeister Boris Palmer Kritik für seinen Ausspruch "Wir schaffen es so nicht!" Doch auch andere Themen prägten den Oktober. So hat das Alter Lager bei Münsingen endlich einen neuen Eigentümer.


Das Alte Lager bei Münsingen ist verkauft. Der Käufer:   Franz Tress, bekannt als Produzent von Qualitätsnudeln.  Er will auf dem rund siebzig Hektar großen Kasernengelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes ein Freizeit- und Erlebniszentrum bauen.  "Es war mir schon vor Jahren ein Herzenswunsch etwas zu tun", sagte Tress. "Ich habe meine Nudelfirma meinem Sohn überlassen. Mich treibt an, hier noch etwas Vernünftiges zu tun, und das macht mir auch Freude."

Im Alten Lager soll „albgut- erlebe Biosphäre“ entstehen. Wirtschaft, Umwelt und Soziales sollen miteinander in Einklang gebracht werden: Gastronomie, ein großes Angebot für Kinder und Umweltbildung.

 
Im Rahmen eines Fests am Südportal des Scheibengipfel-Tunnels konnten Bürger und Politiker im Oktober eines der derzeit größten Verkehrsprojekte im Land in Augenschein nehmen – und sich über den Stand der aktuellen Bauarbeiten informieren.
 
Landes-Verkehrsminister Winfried Herrmann hob hervor, dass die Stadt Reutlingen durch die neue Ost-Umfahrung künftig wesentlich von Lärm, Stau  und Luftschadstoffen entlastet werde.  Als Vertreter des Bundesverkehrsstraßen-Projekts mit dabei auch Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium. 
 
Der Tunnel von knapp zwei Kilometern Länge führt die B 312  verkehrsentlastend um Reutlingen herum.  

 
Politikerbesuch in Ergenzingen: Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Chris Kühn haben sich im Oktober die dortige Flüchtlingsaufnahmestelle angeschaut. Und das in einer Zeit, in der sich die Flüchtlingsdebatte längst zu einer Krise ausgeweitet hatte.

Zehntausend Asylbewerber täglich kamen in Deutschland an. Die Behörden auf allen politischen Ebenen kamen dem kaum mehr nach, arbeiteten im Krisenmodus. Die Einrichtung der Flüchtlingsaufnahmestelle in Ergenzingen im Hauruck-Verfahren war da symptomatisch. Längst wurde über Belastungsgrenzen diskutiert. Doch Diskussionen über Zuwanderungsstopp oder Aylrechtsänderung erteilten die Grünen-Politiker eine Absage.

"Ich finde es unverantwortlich", sagte Beate Müller-Gemmeke. Man dürfe keine Ressentiments schüren, und das passiere gerade auf der politischen Ebene. Müller-Gemmeke hielt das für inakzeptabel.
 
Anders sah es Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Die Zeit für eine falsche Art von Rücksichtsnahme sei vorbei. Wer Probleme nicht anspreche stärke nur rechte Parteien und radikale politische Kräfte. „Wir schaffen das“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholt zum Thema Flüchtlingskrise gesagt. Dem widersprach Palmer angesichts der aktuellen Zahlen.

"Wir schaffen das jedenfalls so nicht, wie die Kanzlerin es gerade versucht", sagte Palmer. "Nur mit Durchhalteappellen. Die Kanzlerin muss jetzt auch was schaffen - mit Geld. Sie muss gesetzliche Erleichterungen geben."
 
Der Ton in der Diskussion um Flüchtlinge wurde schärfer – auch auf lokaler Ebene. In der Reutlinger Bezirksgemeinde Oferdingen traf es den Bezirksbürgermeister Ralph Schönenborn. Anonyme Drohungen trieben ihn zum Rücktritt. „ich trete mit sofortiger Wirkung vom Amt des Beezirksbürgermeisters und auch als Gemeinderat zurück", hieß es in einer Mitteilung. "Persönliche Anfeindungen und anonyme drohungen gegen meine Person und gegen meine Frau haben den Ausschlag gegeben, dass ich aus Rücksicht auf meine Familie diesen Schritt gehe.“
 
Wenig später: Betroffenheit auf einer sofort einberufenen Pressekonferenz der Stadt Reutlingen. "Die Vorgänge, die dazu geführt haben, haben mich erschüttert", sagte Oberbürgermeisterin Barbara Bosch. "Es haben alle große Sorgen und können vielleicht nicht verstehen, wie es uns gelingen kann, den wachsenden Zustrom an Flüchtlingen unterzubringen und zu integrieren."
 
Im Vorfeld hatte es um die vom Reutlinger Gemeinderat beschlossene Unterbringung von siebzig Flüchtlingen auch in Reutlingen-Oferdingen heftige, zum Teil emotionale  Diskussionen und Auseinandersetzingen unter Oferdinger Bürgern gegeben. 
 
Streitobjekt war ein unbebautes Grundstück im Besitz der GWG. Hier wollte die Stadt Reutlingen ein Containerdorf bauen. Die Oferdinger waren dagegen und wollten stattdessen eine dezentrale Unterbringung. Bezirksbürgermeister Schönenborn dagegen verteidigte die Entscheidung der Stadt – und erhielt anonyme Drohungen. Schließlich forderte ihn der Bezirksgemeinderat zum Rücktritt auf.

In der ersten Sitzung nach dem Rücktritt zeigte sich der Bezirksgemeinderat betroffen. Auf der Tagesordnung stand auch das umstrittene Containerdorf. Schließlich entschied sich der Bezirksgemeinderat für eine abgespeckte Variante von 52 statt 76 Plätzen. 
 
Der Reutlinger Gemeinderat nahm den Kompromissvorschlag nicht an und überstimmte die Oferdinger. Das Containerdorf konnte wie geplant gebaut werden. 
 
Es gab aber auch positive Nachrichten zum Thema Flüchtlinge. So konnte die Stadt Reutlingen fünfzehn Asylbewerber bei den Technischen Betriebsdiensten beschäftigen – und somit die Integration vorantreiben. 
 
Und für Flüchtlingskinder in Ergenzingen hatte der DRK-Kreisverband noch mal eigens vor der Winterpause seine Hüpfburg aufgestellt.

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