Klimakonferenz Paris | Bildquelle: COP Paris/Flickr/CC0-Lizenz

UN-Klimakonferenz COP21:

Weltklimaabkommen angenommen - Vertrag gegen Erderwärmung

Stand: 13.12.15 09:58 Uhr

Die UN-Klimakonferenz COP21 hat den Stresstest bestanden. Nach harten letzten Verhandlungstagen und -nächten steht das erste für alle Staaten verbindliche Weltklimaabkommen, das auf das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll folgen soll. Die Reaktionen sind überwiegend postiv, doch jetzt muss geliefert werden, meinen Umweltverbände.

Den Verhandlern gelang ein Meisterstück der Klimadiplomatie: "Der COP-Präsident Laurent Fabius hat den Vertrag über die Ziellinie gebracht. Paris hat geliefert. Es wird erstmals eine Architektur aufgesetzt bei der sich alle Staaten gemeinsamen, transparenten Zielen und Regeln unterwerfen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Der internationale Klimaschutz hat einen großen Sprung nach vorn gemacht", kommentiert Regine Günther, Generaldirektorin Politik und Klimaschutz beim WWF Deutschland.

"Auf der Basis dieses Abkommens soll die globale Erwärmung auf weit unter 2 Grad gegenüber vorindustriellen Werten begrenzt werden, mit dem Anspruch 1,5 Grad in Sichtweite zu bringen. Der Text folgt damit den Vorgaben der Wissenschaft. Dies ist ein wirklich bedeutender Schritt, gerade für die verletzlichsten Staaten und kleinen Inseln", sagt WWF-Direktorin Günther. Mit den Emissionsminderungen, die von 185 Staaten zur Pariser Klimakonferenz eingereicht wurden, würde die globale Erwärmung um rund 3 Grad steigen. "Die Minderungslücke zum 1,5 Grad Limit ist enorm. Das Signal aus Paris heißt deshalb: Die Welt wird sich von Kohle, Öl und Gas beschleunigt verabschieden. Jetzt kommt es darauf an, dass auf nationaler Ebene die Geschwindigkeit bei der Umsetzung erhöht wird. Der Kohleausstieg in Deutschland steht wie auch in anderen Staaten mehr denn je auf der Tagesordnung", so Günther weiter.

Das Abkommen sende auch ein klares Zeichen, dass Waldschutz unerlässlich sei, um die globale Temperaturerwärmung unter der kritischen 1,5 Grad-Schwelle zu halten. Alle Länder sind aufgefordert, sofortige Maßnahmen zum Waldschutz und zum nachhaltigen Landmanagement einzuleiten. Der Landsektor ist die zweitgrößte Emissionsquelle nach dem Energiesektor. "Bitter ist," so Günther, "dass die Emissionen des internationalen Luft- und Schiffsverkehrs im Abkommen nicht einbezogen sind. Die Lobby hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet."

Entwicklungsländer sollen in ihrem Bemühen um Klimaschutz, Anpassung und bei der Bewältigung der Klimaschäden verpflichtend von Industrieländern unterstützt werden. Weniger positiv sei dabei, dass die Höhe der Zusagen bisher aber bei weitem nicht ausreichend scheinen, um diese Mammutaufgabe zu bewältigen. Dies müsse nach Paris dringend nachgebessert werden.

Der NABU hat den am heutigen Samstag in Paris verabschiedeten Weltklimavertrag als positives Signal gewertet. Endlich gebe es wieder eine gemeinsame Basis der gesamten Staatengemeinschaft für den weltweiten Klimaschutz. Nach dem gescheiterten Versuch auf dem Klimagipfel 2009 in Kopenhagen sei jetzt ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll von 1997 auf den Weg gebracht worden. In den vergangenen vier Jahren wurde das Abkommen vorbereitet und seitdem haben sich fast alle 196 Vertragsstaaten zu Selbstverpflichtungen bekannt.NABU-Präsident Olaf Tschimpke: "Der Weltklimavertrag setzt mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad ein wichtiges Signal. Dadurch klafft aber eine noch größere Lücke zwischen Anspruch und Realität. Wer die Fieberkurve der Erde kennt, muss jetzt auch die notwendige Medizin nehmen." Bisher laufen die vorgelegten freiwilligen Klimaschutzpläne der Staaten auf 2,7 Grad zu. Der Vertrag lässt offen, wie diese Lücke geschlossen werden kann. "Wenn die Klimaziele, wie vorgesehen, erst 2023 überprüft und nachgeschärft werden, ist das eindeutig zu spät, um wieder auf den Pfad der Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu kommen", so Tschimpke.

Eine entscheidende Schwächung sieht der NABU darin, dass der Begriff der Dekarbonisierung, den selbst die G7-Staaten in Elmau schon beschlossen hatten, in den letzen Verhandlungsstunden aus dem Vertragstext gefallen ist. Denn damit wäre eindeutig der Pfad für eine weltweite Energiewende für 100 Prozent naturverträgliche erneuerbare Energien eingeschlagen worden. "Die jetzt genannten Begriffe 'Balance zwischen Emissionen und Senken' müssen aber so interpretiert werden, dass sie tatsächlich ein Startsignal für die notwendige naturverträgliche Energiewende sind," so Tschimpke. weiter.

Für die EU, die selbst das 1,5 Grad-Ziel mit in die Debatte gebracht hat, bedeutet das Abkommen, dass die Klimaziele bis 2030 noch einmal deutlich nachgeschärft werden müssen. Der NABU hat bereits bei der Verabschiedung der EU-Ziele für 2030 die Minderung der CO2-Emissionen um 55 Prozent, die Erhöhung der Energieeffizienz um 40 Prozent und den Ausbau grüner Energien um 45 Prozent gefordert. "Auch Deutschland muss durch einen schnelleren Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bei den eigenen Klimazielen nachschärfen", so Tschimpke.

Weitere Schwachpunkte des Abkommens sind, dass die Emissionen aus internationalem Luft- und Schiffsverkehr nicht einbezogen werden - beides Sektoren in denen starkes Wachstum prognostiziert wird und die bereits heute so viele Emissionen wie in ganz Deutschland erzeugen. Aus Naturschutzsicht besonders bitter ist, dass der rechtsverbindliche Schutz und Erhalt von Ökosystemen nicht mehr im Abkommen zu finden ist.

Positiv ist, dass die Themen "Verluste und Schäden" fest im Abkommen verankert sind. Ebenfalls positiv: Dass die 100 Milliarden US-Dollar jährlich, die ab 2020 als konkrete Summe für die Unterstützung der Ärmsten bei Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, genannt sind, wenn auch nur im unverbindlichen Teil.

Einen wichtigen Beitrag zum Erreichen eines gemeinsamen Abkommens haben Deutschland, insbesondere die deutschen Verhandlungsführer, und die EU durch das Schmieden neuer internationaler Bündnisse geleistet. Insbesondere die sogenannte Koalition der Ehrgeizigen ("High Ambition Coalition") hat dazu beigetragen, dass die gewohnten Fronten aufgebrochen sind und neue Kompromisse gefunden wurden. Nach den Pariser Verhandlungen werden sich nun aber die Mitglieder dieser Koalition an ihren Ambitionen messen lassen müssen. "Wenn sich die Staatengemeinschaft nächstes Jahr zum Klimagipfel in Marrokko trifft, werden wir sehen, welchen Einfluss solche zwischenstaatlichen Bündnisse tatsächlich haben", so der NABU-Präsident.

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