Ausgrabung Sülchenkirche | Bildquelle: RTF.1

Tübingen / Rottenburg:

1.500 Jahre Bestattungstradition: Funde unter Sülchenkirche werden restauriert

Stand: 10.12.15 09:12 Uhr

Es ist der älteste heute noch benutzte Friedhof Baden-Württembergs: Schon seit 1.500 Jahren werden an der Sülchenkirche in Rottenburg Menschen bestattet. Seit dem 19. Jahrhundert dient die gotische Kirche als Grablege der Rottenburger Bischöfe. Sie ist das letzte Überbleibsel der Ortschaft Sülchen, die Hauptort des Sülchgaus war und etwa zeitgleich mit der Stadtgründung Rottenburgs aufgegeben wurde. Die Sanierung der Bischofsgruft im Jahre 2012 machte eine Rettungsgrabung nötig. Aus der Rettungsgrabung wurde mehr, denn das Archäologen-Team stieß wie berichtet auf eine Überraschung nach der anderen. Die Grabungen sind mittlerweile abgeschlossen, die Funde werden derzeit beim Landesdenkmalamt in Tübingen restauriert.


Ein bronzenes Radkreuz aus dem Grab eines etwa sechsjährigen Mädchens. Vor tausend-vierhundert Jahren war sie gestorben. Ebenfalls aus dieser Zeit: eine römische Goldmünze von Kaiser Justinian.  Damals, im 7. Jahrhundert, herrschten die fränkischen Merowinger über die Alamannen. Dort, wo heute die Sülchenkirche steht, stand schon im frühen Mittelalter eine Kirche.  Die ganz große Überraschung aber sei gewesen, dass diese frühmittelalterliche Kirche wieder auf ein merowingerzeitliches Reihengräberfeld gebaut worden sei, so Dr. Beate Schmid vom Landesamt für archäologische Denkmalpflege in Tübingen. Bislang sei das so noch nicht nachgewiesen. Reihengräberfelder habe man woanders im Land aufgegeben und die Kirche woanders errichtet.
 
Simone Korolnik ist Restauratorin beim Landesdenkmalamt. Gerade arbeitet sie an den Überresten eines frühmittelalterlichen Gürtels.  In der Nähe der Schnalle haben sich Textilreste erhalten. Was auf den Laien wie Dreck wirkt, ist für die Archäologen etwas ganz besonderes. 

 

Funde in der SülchenkircheFunde in der Sülchenkirche

Etwa 2.800 Funde haben die Forscher aus der Erde geholt. Gerade läuft die mühsame Restaurierung.  "Die Infos, die sie von Objekten kriegen, die frisch aus der Erde kommen, ist unglaublich viel höher als Sachen, die einfach irgendwo abgelegt sind und erst mal nicht beachtet werden", sagt Korolnik. Der Zustand nach der Grabung sei der allerbeste, aber auch der allerschlechteste.   Denn die Funde sind kurz nach der Grabung am anfälligsten. Die Restauration soll dafür sorgen, dass sie auch die Ausstellung im Museum unbeschadet überstehen. 
 
Aus der Barockzeit kommen weitere Funde, die gerade restauriert werden. Die Archäologen haben sie aus Priestergräbern geborgen.  Darunter auch ein Reliquiar, gefüllt mit einem Doppelkreuz, einem Sebastianspfeil und einem Amulett. Fundstücke wie diese dürften ab 2017 vor Ort in der Sülchenkirche ausgestellt sein. Die Außenstelle des Diözesanmuseums wird dann aber nur mit Führung zu betreten sein. 

 

"Wir haben Grabensembles, wo sehr unterschiedliche Gegenstände zu finden sind", sagt Dr. Melanie Prange, Leiterin des Diözesanmuseums in Rottenburg. "Wenn wir das als Ensemble ausstellen können und erklären können, wie sich die Grabfunde zusammensetzen und was die Gegenstände für die Person an Bedeutung haben, dann ist das das besondere, was wir aufzeigen können."
 
Die Toten selber sollen dann aber nach der wissenschaftlichen Erfassung wieder in Ruhe gelassen werden. Sie werden auf dem Sülchenfriedhof erneut bestattet.

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