Kretschmann besucht Flüchtlingsunterkunft | Bildquelle: RTF.1

Stuttgart:

Es bewegt sich was: Ministerpräsident bringt europäische Kontigent-Lösung ins Spiel

Stand: 25.11.15 07:36 Uhr

Im Thema der Steuerung der noch immer ansteigenden Flüchtlingsströme ist landespolitisch Bewegung: Auch Ministerpräsident Kretschmann spricht sich jetzt für europäische Kontingentlösungen aus. Zudem bringt Kretschmann die Unterscheidung zwischen dem Flüchtlingsstatur nach deutschem Asylrecht und dem von Bürgerkriegsflüchtlingen ins Spiel. Zweitere genießen lediglich einen befristeten Schutz. Der Vorteil: das deutsche Grundrecht auf Asyl bliebe unangetastet. Bei diesem europäischen Ansatz zur Regulierung bleiben aber auch Fragezeichen.


Europäische Kontigentierung"- so heisst das neue parteiübergreifende deutsche Zauberwort als ein Ansatz im Ringen um eine Lösung der Flüchtlingskrise. Dabei sollen sich die EU-Länder über zu verhandelnde Kontingente aus Flüchtlingslagern und Regierstriergshotspots den Flüchtlingszustrom teilen. Rein faktisch wäre so eine deutsche Obergrenze möglich - bereits bevor für die jetzt täglich rund 11 00 nach Deutschland strömenden Menschen auf deutschem Boden das nationale Asylrecht überhaupt greift. Ein Recht, das weder die Grünen und schon gar nicht die Bundeskanzlerin angetastet sehen möchten.

Man fahre – wie die Kanzlerin es sage - "in einer schweren Krise" ohne Patentrezepte weiter tastend „auf Sicht – so Kretschmann heute in Stuttgart. Diese Sicht setzt zunächst - das ist nicht neu - auf Stabilisierung vor Ort: das erste und vordringlichste sei, die Flüchtlingslager im Bahen Osten zu unterstützen und dort für lebenswürdige Zustände zu sorgen. Denn viele dort kämen nur deshalb nach Europa und Deutschland, weil die Bedingungen so schlecht seien. Die Menschen seien "unterversorgt". Eine solche Hilfe werde den Flüchtlingszustrom in einem fundamental wichtigen ersten Schritt aus dem Libanon, dem Irak und der Türkei abbremsen.

Dann aber folgt das Neue, denn Kretschmann nimmt das Wort der in der EU verhandelbaren "Kontingente" ins Spiel. Dies sei "ein möglicher gangbarer Weg", der sich "als eine mögliche Lösung" derzeit abzeichne, "um das Ganze zu begrenzen".

„Begrenzen" durch Kontingente" ein vom Ministerpräsidenten bisher gescheutes und neues Wort, das eingebettet in ein europäisches Gesamtk onzept die von den Grünen wie von Angela Merkel gescheuten Asylrechtsdiskussionen vermeidet.

Neu in Kretschmanns Duktus sind auch Unterscheidungen bezüglich der hier dann Angekommenen, die er jetzt vornimmt: Er unterscheidet zwischen denen, die "als politisch Verfolgte" unter das Asylrecht fallen, und den "Bürgerkriegsflüchtlingen", deren Schutz nur "subsidiär"" sei - also zeitlich befristet. Unter diese Rechtsgruppe fallen die meisten der derzeit ankommenden, vor allem Menschen aus Syrien. Flüchtlinge dieser Kategorie haben kein sofortiges Recht auf Familiennachzug. Zudem wird der Aufenthaltsstatus immer wieder überprüft - und gegebenfalls verlängert. Solche Flüchtlinge sind deshalb auch "rückführbar".

Bemerkenswert: den Begriff des "subsidiären Schutzes" hatten Finanzminister Wolfgang Schäuble und Innenminister Thomas Demaiziere ins Spiel gebracht; damals wurden dies Interventionen als Angriff auf Angela Merkels Kurs empfunden. Vor allem der Familiennachzug macht vielen Sorge. Die geschätzten Zahlen bewegen sich zwischen 3 und 7 Millionen.

Kretschmann betont aber auch, dass die grün-rote Politik im Land greife: mit der gestemmten Unterbringung, der neuen zentralen Registrierungsstelle in Heidelberg und dem "Rückführmanagement" sei das Land bundesweit an der Spitze. Vor allem die Beratungsgespräche für Menschen ohne Bleibeperspektive zeigten Wirkung. Rund ein Drittel der Asylbewerber fielen unter diese Kategorie. Man habe grade einen ganzen Flieger voll Menschen zurück in ihre Heimat gebracht.

Kritische Stimmen merken beim Setzen auf die Karte einer "europäischen Lösung" an, dass Deutschland in Europa mit seiner Flüchtlingspolitik fast allein stehe. Zudem zeigten Wahlergebnisse wie die in Polen, in der nation-konservative Kräfte die mit einer scharfen Anti-Flüchtlingspolitik siegten, dass es für eine solche "Lösung" schwierig zu erreichen sein dürfte.

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