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Europa:

Vierte Einwanderungswelle kam vor 13.000 Jahren aus dem Kaukasus - Eiszeit isolierte Jäger & Sammler über Jahrtausende. Dann zogen sie nach Europa.

Stand: 16.11.15 15:12 Uhr

15.11.2015. Wissenschaftlern ist es gelungen, mit DNA-Analyse eine vierte Einwanderungswelle nach Europa zu identifizieren: Vor 13.000 Jahren wanderte eine Jäger & Sammler - Population nach Europa ein. Zuvor war die Gruppe durch die Eiszeit in den kaukaischen Bergen für Jahrtausende von Resteuropa isoliert. Die Gene dieser kaukasisch-fernöstlichen Vorfahren sind heute in nahezu allen Europäern präsent.

Populationen von Jägern & Sammlern überdauerten die Eiszeit  offenbar isoliert in der kaukasischen Gebirgsregion. Später vermischten sie die Menschen mit anderen Ur-Populationen von Jägern & Sammlern. Daraus gibt die Yamnaya-Kultur hervor, welche diese kaukaische Jäger & Sammler-Linie nach West-Europa brachte. 

Bei den Untersuchungen handelt es sich um die erste Genom-Sequenzierung - also der Analyse von Erbgut -, die 13.000 Jahre in die Vergangenheit zurückreicht,  in die Periode den späten oberen Paläolothikums, also der späteren Altsteinzeit. Zutage gebracht hat die Forschung nun einen bisher unbekannten vierten Strang Europäischer Vorfahren.

Diese neue Linie stammt von Populationen von Jägern & Sammlern ab, die sich von den westlichen Jägern & Sammlern vor etwa 45.000 Jahren abgespalten hat - kurz nachdem der Jetztmensch (Homo Sapiens Sapiens) sich der Out-of-Africa-Hypothese zufolge aus Afrika kommend auf andere Kontinente ausgewandert ist.

Ein Teil der Menschen, die aus Afrika kamen, siedelten sich in der Kaukaus-Region an, im Gebiet der heutigen Grenze zwischen Südrussland und Georgien.

Dort blieb diese Jäger & Sammler-Gruppe für Jahrtausnde. Die Menschen wurden zunehmend isoliert, als die Eiszeit im letzten Eiszeit-Maximum vor etwa 25.000 Jahre ihre größte Ausdehnung erreicht. Die Eiszeit verbrachte diese Jäger & SAmmler-Population relativ geschützt in den kaukasischen Bergen, bis ihnen schließlich das einsetzende Tauwetter mehr Bewegungsfreiheit erlaubte. Das brachte sie in Kontakt mit anderen Populationen, wahrscheinlich aus dem Fernen Osten.

Das führte zu einer genetischen Vermischung und zur Entstehung der Yamnaya culture: Steppen-Hirten, die von Geburt an "auf dem Pferderücken" aufwuchsen und die vor etwa 5.000 Jahren nach Westeuropa hineinschwappten. Und die wohl den Beginn des Bronze-Zeitalters einläuteten. Mit sich brachten diese Menschen die Metallurgie, also den Umgang mit Metall, und die Kenntnis der  Viehzucht. Mit diesen Menschen fanden auch die Gene ihrer Jäger & Sammler-Vorfahren des Weg nach Europa - heute ist dieser Genstrang in ziemlich allen Population des Europäischen Kontinentes präsent. 

Die Forschung wurde von einem internationalen Team durchgeführt, das von Wissenschaftlern der Cambridge Universität, des Trinity College Dublin und des University College Dublin geleitet wurde. Die Ergebnisse wurden heute im Journal "Nature Communications" veröffentlicht.

"Die Frage, woher die Yamnaya gekommen sind, hatte bis heute etwas Mysteriöses an sich," sagte einer der führenden Hauptautoren, Dr Andrea Manica vom Cambridge Department of Zoology.

"Wir können darauf jetzt die Antwort geben, dass - wie wir es herausgefunden haben -  ihr genetisches Make-Up ein Mix von Ost-Europäischen Jägern & Sammlern mit einer Population aus dieser Kaukaus-Region ist, welche den größten Teil der letzten Eiszeit offenbar isoliert in diesem Einschluss überdauert haben. Dieser kaukasische Einschluss ist der vierte wesentliche Strang urtümlicher Euroäischer Vorfahren. Bis jetzt waren wir uns dessen nicht bewusst," sagte er.

Professor Daniel Bradley, Leiter des Trinity teams, sagte: "Das ist ein entscheidendes, neues Puzzlestück zur menschlichen Abstammung. Der Einfluss dieses Puzzlestücks ist heute in ziemlich allen Pupulationen auf dem europäischen Kontinent und darüber hinaus präsent."

Bishe hatten alte europäische Genome drei Populationen von Vorfahren perisgegeben, die sich in heutigen Europäern in variierenden Anteilen wiederfinden. sagt Mancia.

Im Gefolge der "out of Africa"-Expansion zogen einige Jäger-Sammler-Populationen nach Nordwesten und kolonisierten schließlich dem größten teil Europas von Spanien bis Ungarn. Andere Populationen siedelten währenddessen rund um das östliche Mittelmeer und die Levante, wo sie vor etwa 10.000 Jahren die Landwirtschaft entwickelten. Diese frühen Farmer expandierten nah Europa und kolonisierten den Kontinent. 

Schließlich gab es, nach Beginn der Bronzezeit, vor etwa 5.000 Jahren, eine Migrationswelle vom zentralen Eurasien nach Westeuropa hinein - die Yamnaya.

Die untersuchte DNA wurde aus zwei getrennten Bestattungen in West-Georgien gewonnen, die eine über 13.000 Jahre alt, die andere gut 10.000 Jahre alt.

Indessen hat die Sequenzierung der alten DNA den Wissenschaftler die Erkenntnis ermöglicht, dass die Yamnaha die Hälfte ihrer Ahnenreihe bislang unbekannten Quellen verdanken, die genetisch von Jägern & Sammlern herstammen : Dem vierten Strang. 

Durch das Lesen dieser DNA konnten die Forscher aufzuzeigen, dass sich die Linie des vierten Strangs - der kaukasischen Jäger & Sammler - unmittelbar nach der Expansion des anatomisch modernen Menschens von Afrika nach Europa von den westlichen Jäger-Sammlern abspaltete:

"Das kaukasische Jäger-Sammler Genom zeigte eine kontinuierliche Vermischung mit den Vorfahren der frühen Farmer in der Region der Levante. Das mache, sagt Manica, Sinn, betrachtet man die relative Umgebung [im Originaltext: "given the relative proximity"; Anm.d.Red.]. Wie auch immer, endet das vor ungefähr 25.000 Jahrem, kurz vor der Zeit des letzten glazialen Maximums, daher dem Höhepunkt der Eiszeit.

Zu diesem Zeitpunkt, während sich die Gene vermischen, werden die kaukasischen Jäger-Sammler-Populationen kleiner. Ein Zeichen, daß sich zunehmenden Menschen miteinander fortpflanzen, die eine zunehmend ähnliche DNA aufweisen. Das ändert sich über tausende von Jahren nicht, solange diese Populationen in offensichtlicher Isolation im Schutz der Berge: Möglicherweise waren sie von den anderen damaligen Hauptpopulationen für einen Zeitraum abgeschnitten, der bis zu 15.000 Jahre umfassen könnte. Dieser Zustand hielt solange an, bis die Auswanderung wieder begann, als das glaziale Maximum zurückwich, und schließlich die Yamnaya-Kultur auftaucht. "

"Wir wussten, dass die Yamnaya eine umfangreiche genetische Komponente hatten, die wir nicht zuordnen konnten. Und jetzt können wir sehen, dass es sich dabei um diese alte Linie handelt, sie sich während der letzten Eiszeit im Kaukasus versteckt hat," sagte Manica.

Während der Anteil der kaukasischen Jäger-Sammler-Ahnen schließlich durch die Yamnaya westwärts getragen wurde, fanden die Forscher auch heraus, dass diese Vorfahren auch weiter östlich einen signifikanten Einfluss hatten. Eine ähnliche Population musste irgendwann nach Süd Asien ausgewandert sein, sagt Eppie Jones, eine PhD-Studentin vom Trinity College, die Erstautorin des papers ist.

"Indien ist eine komplette Durchmischung von asiatischen und europäischen genetischen Komponenten. Die kaukasischen Jäger-Sammler-Vorfahren stellen dabei den besten Treffer dar, den wir für dem Anteil der europäischen genetischen Komponenten gefunden haben, quer durch die moderne indische Population," sagte Jones. Forscher sagen, daß dieser Ahnen-Strang mit den Menschen in die Region geflossen sein könnte, die auch die Indo-Aryan Sprachen mitbrachten.

Die weite Verbreitung der kaukasischen Jäger-Sammler-Ahnen, die auf deren langer Isolation folgt, macht geographisch gesehen Sinn, sagt Professor Ron Pinhasi, ein führender Senior Autor vom University College Dublin. "Die Kaukasus-Region befindet sich geradezu in einer Straßenkreuzug der Eurasischen Landmasse: In der Umgebung wohl die sensibelste Migrations-Route sowohl für den Westen als auch für den Osten.

Er ergänzte: "Das Sequenzieren der Genome aus dieser Schlüssel-Region wird einen entscheidenden Einfluss auf die Bereiche der Paläogenomie und der menschlichen Evolution in Eurasien haben, weil es eine entscheidende geografische Lücke in unserem Wissen schließt."

David Lordkipanidze, der Direktor des Georgischen National-Museums und Ko-Autor des Papers,sagte: "Das ist die erste Sequenz aus Georgien - Und ich bin sicher, dass wir bald weitere paläogenetische Information aus unserer reichhaltigen Fossilien-Sammlung bekommen werden."

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