Abdallah ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am 2012 gegründeten Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen. Der in Ägypten geborene Theologe erforscht und lehrt unter anderem über Menschenrechte im Islam, die Theologie des Zusammenlebens und: Glaubensgemeinschaften in pluralen Gesellschaften.
IS und radikale Salafisten, so sagt er, missbrauchten den friedlichen Islam als Deckmantel für eigene Interessen. Gewalttaten, die Radikalisierung von Menschen , Ausgrenzung von anderen, Raub und Diebstahl und politische Interessen würden damit gerechtfertigt. Wer aber, wie der IS Menschen Köpfe,der enthaupte zugleich auch den Islam.
Warum aber entwickelt diese Form der radikalen Botschaft und die Ästhetik brachialer Gewaltbilder eine solche Anziehungskraft auf junge westliche Muslime und Konvertiten? Abdallah sieht darin auch ein gesellschaftliches, ein soziologisches Problem.
Ganz gezielt suchten sich die Islamisten ihre Leute aus. Menschen, die oft perspektivlos seien und im gesellschaftlichen Abseits stünden und die Sehnsucht nach Selbstbestätigung und Gemeinschaft hätten. Dann zeige man ihnen die Vision einer neuen Gesellschaft, die durch ein Beieinanderstehen gekennzeichnet sei.
Insgesamt setzten der IS und die radikale salafistische Kräfte ganz gezielt auch auf oft fehlendes Wissen und mangelnde Bildung von vielen Muslimen. Sie nutzten dabei aus, dass diese oft sehr religiös seien und sehr gottesfürchtig. Diese Gottesfürchtigkeit aber sei zumeist mit keiner oder nur rudimentärer religiöser Bildung verknüpft. Das wiederum verhindere die Erkenntnis, dass die vertretene Radikalität und Brutalität "so von Gott nicht gewollt sein" könne.
Genau hier sollen Institutionen, wie das 2012 an der Uni Tübingen gegründete Zentrum für Islamische Theologie, ansetzen. Der missbräuchlichen und unreflektierten Form des Islam will man dort über ausgebildete islamische Theologen etwas entgegensetzen.
Wichtig sei hierbei, dass das theologische Wissen dort nicht ganz akademisch "im Büro" verbleibe; vielmehr müsse man die Früchte des Lernens dort dann in die Gesellschaft and zu den Menschen tragen. Richtig sei es deshalb, dass die deutsche Politik jetzt endlich auf offiziellen Islam-Unterricht an den Schulen durch staatlich ausgebildete Lehrer setze.
Ein weiteres Problem: einzelne radikale Imame, die ihre Moscheen zur Verbreitung, Radikalisierung oder Rekrutierung von jungen Menschen nutzen. Von der "österreichischen Lösung", nur staatlich ausgebildete Geistliche als Prediger zu gestatten, hält Abdallah indessen nichts. Auch hier gelte der deutsche Rechtsstaat, der Politik und Religion trenne.
Trotzdem werde "das deutsche Modell" mit der Einrichtung universitärer Zentren für das Islam-Studium langfristig die besseren Früchte tragen. Die "ganze EU" schaue hier auf Deutschland und überlege, ob man ähnliche Modelle aufbauen könne.
Denn Deutschland setze, wie jetzt in Tübingen, auf die Ausbildung islamischer Theologen auf höchstem wissenschaftlichen Niveau. Deren Qualität - attestiert durch mit weltweit anerkannte Zeugnisse - werde sich dann auch langfristig bei der freien Wahl der Imame durch die Moschee-Gemeinden durchsetzen.
Nur Wissen werde verhindern, dass radikale Kräfte den Diskurs bestimmten und politische Ziele zu Religion machten. Am 12. November wird Abdallah über genau dieses Thema öffentlich an der Tübinger Volkshochschule sprechen
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