Schneider argumentierte, es müsse einen geschützten Raum des Vertrauens zwischen Arzt, Patient, Pflegenden und Angehörigen geben. "In diesem geschützten Raum müssen grundlegende Fragen besprochen und entschieden werden können. Da sollte das Strafrecht möglichst rausgehalten werden."
Der ärztlich assistierte Suizid sei aus seiner Sicht ein Grenzfall und müsse ein Einzelfall bleiben, "in dem der Mediziner eine Gewissensentscheidung trifft". Schneider betonte: "Ich möchte nicht, dass der Staat vorschreibt, unter welchen Bedingungen ein assistierter Suizid statthaft ist."
Was die Frage der Rechtssicherheit für Ärzte angeht, verwies der Theologe auf seine Erfahrungen. "Ich habe ganz viele Menschen beim Sterben begleitet und erlebt, wie Ärzte agieren, zum Beispiel wenn es um die Abgabe von Morphium ging. Die Ärzte haben immer darauf geachtet, dass die Sterbenden so sterben konnten, wie sie es wollten. Sie haben dabei nicht zuerst an mögliche strafrechtliche Ermittlungen gedacht. Ich glaube auch nicht, dass die Gefahren eines Staatsanwalts am Krankenbett wirklich so real sind, wie behauptet wird."
Ein assistierter Suizid quasi als Regelangebot des Gesundheitssystems sei jedoch klar abzulehnen, fügte Schneider hinzu. Er wolle nämlich nicht, dass irgendwann jemand komme und Druck ausübe, damit ein anderer aus Kosten- oder Zeitgründen seinem Leben frühzeitig ein Ende setzt.
Die seit einem Jahr laufende Bundestagsdebatte über die Sterbebegleitung wertete der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende als "qualitativ sehr hochwertig". Das Parlament habe sich Zeit genommen und nur zur Sache debattiert, ohne Gesetzentwürfe und ohne auf eine Abstimmung zu zielen. "Das hatten wir so, glaube ich, bisher noch nicht." Auch die Diskussion über die Gesetzentwürfe habe ihn beeindruckt. "Da gab es kein Gezänk oder unangenehme parteipolitische Profilierung. Die Positionen wurden aus einem starken inneren Anliegen heraus begründet. Das tut auch uns als Gesellschaft gut."
Quelle: Die Wochenzeitung „Das Parlament" (Erscheinungstag: 9. November 2015).
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