Paläobotanikerin Dr. Martina Stebich von der Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie in Weimar hat gemeinsam mit deutschen und chinesischen Kollegen die Entwicklung der Vegetation und des Klimas im jüngsten Erdzeitalter, dem Holozän, in Nordost-China untersucht. Anhand von Pollenanalysen konnte sie Änderungen im Ozean-Atmosphäre-System als Hauptantriebskraft für den damaligen Monsun identifizieren. Der Blick in die Vergangenheit hilft bei der Beurteilung des aktuellen Klimawandels in dieser klimatischen Schlüsselregion. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal „Quaternary Science Reviews" veröffentlicht.
„Anhand von Bohrkernen laminierter, das heißt jahreszeitlich geschichteter Seesedimente aus dem Sihailongwan-Maarsee in Nordost-China konnten wir Veränderungen des Paläomonsuns in einer Größenordnung weniger Jahre bis Jahrzehnte nachweisen", erklärt Stebich und fährt fort: „Erstmals haben wir quantitative Daten zur Vegetations- und Klimaentwicklung der Untersuchungsregion für das Holozän, die Zeit vor etwa 11.700 Jahren bis heute."
Da die Waldvegetation des Untersuchungsgebietes bis in die jüngste Vergangenheit vom Menschen weitgehend unbeeinflusst war, zeichnen die Daten aus den Bohrkernen hauptsächlich natürliche Klimaänderungen nach. „Diese Region ist für unsere interdisziplinäre Forschung zum Klimawandel und dessen Auswirkungen auf Ökosysteme und letztlich den Menschen deshalb besonders wichtig", erläutert die Weimarer Wissenschaftlerin.
Insgesamt 120 Pollen- und Sporenarten sowie 32 weitere Mikrofossilien haben Stebich und ihr deutsch-chinesisches Team in den Bohrkernen des Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften gefunden und bestimmt. Stebich hierzu: „Die Proben sind sehr reich an Material: Im Durchschnitt sind es 500.000 Pollenkörner pro Kubikzentimeter!"
Die aus den Pollen gewonnenen Daten spiegeln signifikante Vegetations- und Klimaänderungen während der heutigen Warmzeit wider. Die Auswertung ergab, dass im eher warm-trockenen Frühholozän vor allem die Temperaturänderungen die Vegetationsentwicklung in Nordostchina entscheidend beeinflusst haben, während im kühleren und eher feuchteren Spät-Holozän die Einflüsse der Monsun-Regenfälle auf die Vegetation überwiegen. Hauptursachen für den langfristig natürlichen Wandel des Ostasiatischen Monsunsystems liegen laut der Studie in der Änderung des gekoppelten Ozean-Atmosphäre-Systems und der Stärke der Sommer-Sonnenstrahlung. Diese Information kann aus den Pollen herausgelesen werden, die wiederum Aufschluss über die Vegetation und deren bevorzugte Umweltbedingungen geben.
„Man sieht, dass ein detailliertes Wissen über das vergangene Monsunsystem unerlässlich ist, um globale Klimaprozesse zu verstehen. Zudem ist ein solches Verständnis auch von hohem ökonomischem und gesellschaftlichem Nutzen – beispielsweise zur Vorhersage der künftigen Niederschlagsentwicklung", fasst Stebich zusammen. (SENCKENBERG)
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