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Türkei:

Wahlsieger AKP holt 49,38% der Stimmen - Regierungspartei verfehlt Zwei Drittel Mehrheit für Verfassungsänderung deutlich

Stand: 02.11.15 00:00 Uhr

01.11.2015. Die regierende AKP hat die heutige Parlamentswahl in der Türkei deutlich gewonnen, sie erreichte 49,38% der Sitze. Gleichzeitig verfehlte sie die angestrebte, verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit der Parlamentssitze deutlich - dazu fehlen der AKP 57 Sitze. Die pro-kurdische HDP übersprang mit 10,69% der Stimmen auch bei dieser Wahl wieder die 10%-Hürde und zieht - wenn auch knapp - wieder ins Parlament ein. Sie verlohr eine Million Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl. Die CHP erreichte 25,41% der Stimmen, und die MHP erreichte 11,94% der Stimmen.

Die AKP gewann 316 Sitze (letzte Wahl: 258 Sitze), die CHP gewann 134 Sitze (letzte Wahl: 132 Sitze), doe MHP gewann 41 Sitze (letzte Wahl: 81 Sitze) und die HDP gewann 59 Sitze (letzet Wahl: 79 Sitze).

AKP: Deutlicher Wahlsieg - Trotz Stimmenzuwachs hat die Regierungspartei zwei Ziele nicht erreicht

Die AKP ist Wahlsieger der heutigen Wahl und konnte ihren Stimmenanteil deutlich erhöhen. Die alte und neue Regierungspartei hat nicht nur eine deutliche absolute Mehrheit der Parlamentssitze erreicht, sondern auch die absolute Mehrheit der Wählerstimmen nur knapp verfehlt.

Zur angestrebten Zweidrittel-Mehrheit fehlen der islamisch-konservativen AKP allerdings 57 Parlamentssitze. Der türkische Präsident Erdogan hatte die Zweidrittel-Mehrheit angestrebt, um eine Verfassungsänderung hin zu einer Präsidial-Demokratie anstoßen zu können.

Die Hoffnung der AKP, dass die prokurdische HDP bei der erneuten Wahl an der 10%-Hürde scheitern werde, hat sich allerdings nicht erfüllt.

HDP musste Federn lassen - Ihr Einzug ins Parlament verhindert aber verfassungsändernde Zweidrittel-Mehrheit für die AKP

Die pro-kurdische Partei HDP musste - im Vergleich zur Wahl im Sommer 2015 - Verluste hinnehmen. Trotz rund einer Millionen verlorener Wählerstimmen gelang es der HDP, auch bei der heutigen Wahl wieder die 10%-Hürde zu überwinden und ins Parlament einzuziehen. Sie erreichte 10,69% der Stimmen. Im Sommer 2015 hatte sie noch 13,07% der Wählerstimmen erreicht. Die HDP hat damit 2,38 Prozentpunkte eingebüßt, das entspricht rund 18% ihrer vormaligen Wähler.

Die AKP hatte darauf gesetzt, dass die HPD an der 10%-Hürde scheitert und der AKP somit rechnerisch eine zwei-Drittel-Mehrheit der Parlamentssitze zufallen würde.Bei einem Scheitern der HDP wäre die AKP rechnerisch in die Nähe der Zweidrittelmehrheit im Parlament gekommen; hätte voraussichtlich  auch dann mit 316 Sitzen die 2/3-Mehrheit von 324 Sitzen knapp verfehlt. 

CHP - Stabile Stammwählerschaft beschert Platz 2

Die CHP konnte mit 25,41% ihre Position leicht verbesser. Bei der Wahl im Sommer 2015 hatte sie 25,01% der Sitze erreicht. Sie verfügt offenbar über eine stabile Stammwählerschaft und wird auch dieses Mal wieder zweitstärkste Partei. 

MHP  verliert ein Viertel ihrer bisherigen Wähler an die AKP

Die MHP verlor deutlich und erreichte nur 11,94% der Stimmen. Im Sommer 2015 hatte sie noch 16,34% der Stimmen erreicht. Die MHP hatte im Vergleich zur letzten Wahl die größten Verluste zu verzeichnen: Sie verlor 4,4% der Wählerstimmen und hat somit mehr als ein Viertel ihrer vormaligen Wähler verloren: Offensichtlich hatte die Wahlkampf-Strategie der AKP Erfolg, besonders um die konservativen Wähler der MHP zu werben.

Politische Dreiteilung der Türkei

Sortiert man die 81 Provinzen nach der jeweiligen stärksten Partei, dann ergibt sich eine politische Dreiteilung der Türkei:

63 Provinzen für die AKP

Eine dominierende Fläche von über 80% der Provinzen, die den größten Teil der Türkei umfasst: Hier konnte die AKP die Mehrheit für sich gewinnen.

Eine Auswahl (In Klammern das Ergebnis aus Sommer 2015): Aana 37,13% (?), Adana 37,15% (?), Adyaman 69,15% (58,67%), Afyonkarahisar 63,25% (?),  Afyoukarahisar 63,25% (?), Aksaray 71,73% (?), Amasya 51,61%, (44,26%), Ankara 48,9% (42,06%), Antalya 41,58% (35,11%),Ardahan 36,5% (?) Artvin 45,39% (38,98%), Balikesir 45,7%, Bartin 53,36% (?), Bayburt 73,1% (60,23%),  (39,1%), Bilecik 46,49% (?), Bingöl 63,86% (?), Bolu 62,68% (?), Burani ?% (43,24%), Burdu 50,69% (?), Bursa  53,98 % (43,84%), Canakkali 40,05% (?), Cankiri 68,83% (?), Corum 61,18% (?), Denizli 45,67% (39,62%), Düzke 70,5% (?),  Elazig 66,59% (?), Erzincan 56,73% (?), Eskisehir 43,37% (?), Erzurum 67,83% (52,78%), Gaziantey 61,45% (?), Girsesum 61,59% (53,56%), Gümüsihane 68,09% (?), Hatay 43,42% (?),  Isparta 53,24% (?), Istanbul 48,82% (42,06%), Kahramanmaras 71,47% (?), Karabük 60,43% (?), Karfaman 64,44% (?), Kastamona ?% (48,81%), Kastamonu 59,82% (?), Keyseri 65,37% (?),  Kirikkale 62,2% (?), Kirsehir: 50,75% (?), Kocaeli 56,47% (?), Konya 74,06% (65,4%),  Kütahya 67,37% (?), Malatya 67,48% (58,62%), Manisa 44,21% (39,88%), Mersin 31,51% (?),  Nevsehir 62,69% (?), Nigdir 57,05% (?),Ordu 63,09% (53,15%), Osmaniye 46,65% (?), Rize 75,48% (66,73%),  Sakarya 67,3% (?), Samsun 63,54% (53,15%),  Sanliurfa 64,37% (47,1%), Sinop 56,26% (?), Sivas 68,31% (57,74%), Tokat 59,47%  (51,54%), Trabzon 66,5% (?), Trobiouss ?% (55,32%), Usak 46,75% (38,09%),Yozgat 64,64% (?),  Zonguldak 49,49% (?),    

Besonders interessant sind daher die wenigen Provinzen in denen die AKP keine Mehrheit für sich gewinnen konnte:

6 Provinzen für die CHP

Ein schmaler Streifen von 6 Provinzen am Westrand der Türkei: Hier konnt die CHP die Mehrheit für sich gewinnen: Kirklareli ?% (50,14%), Edirne ?% (53,69%), Tekirdag ?% (44,53%),  Izmir ?% (45,66%), Aydin ?% (40,75%), Mugla ?% (45,75%). In den Provinzen Canakkale (vormals 39,53%),  Zonguldak (vormals 39,42%), Eskisdehir (vormals 39,49%), und Mersin ( vormals 28,78%) musste die CHP die Mehrheit an die AKP abgeben.

12 Provinzen für die HDP

Die HPD konnte Mehrheit in einem - mit Ausnahme von Tunali - räumlich geschlossenes Gebiet von 12 Provinzen im Südosten der Türkei für sich gewinnen (in Klammern das Ergebnis von Sommer 2015): Tunali 55,5% (60,64%), Diyarbakir 71,65% (78,3%), Mardin 67,41% (72,03%), Batman 67,2% (72,14%), Mus 60,97% (66,61%), Bitlis 48,86% (60,46%),  Siirt 57,52% (65,367%), Sirnak 84,15% (84,62%), Igdir 51,99% (55,34%), Agri 67,19% (78,26%), Van64,63% (73,15%),  Hakkan 82,47% (86,78%). In den beiden Provinzen Ardahan (vormals 29,64%) und Kars (vormals 41,96%), musste die HPD die Mehrheit an die AKPabgeben.

Wahl-Analyse: AKP erkämpft sich Status Quo zurück - aber nur teilweise

Im Ergebnis ist es der AKP gelungen, den Status Quo, wie er bis zum Sommer 2015 bestanden hat, in Teilen wieder herzustellen: Präsident Erdogans Partei kann in Zukunft wieder alleine und mit absoluter Mehrheit regieren. Den - wenn auch knappen - Wiedereinzug der prokurdischen HPD ins Parlament konnte die AKP allerdings nicht rückgängig machen.

Auch ihr  strategisches Ziel, mit einer angestrebten Zweidrittel-Mehrheit die Verfassung der Türkei zu ändern und ein Präsidial-System einzuführen, hat die AKP allerdings nicht erreicht. Sie wäre für die dafür notwendigen 57 fehlenden Parlaments-Stimmen auf einen Koalitionspartner angewiesen. Recherisch kämen dafür die CHP (134 Stimmen) oder die HDP (59 Stimmen) in Frage. Es gilt aber als ausgeschlossen, dass eine Koalition zwischen AKP und HDP zustande kommen könnte,

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