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Türkei:

Richtungswahl in der Türkei - Wahllokale noch bis 17 Uhr geöffnet

Stand: 01.11.15 18:23 Uhr

01.11.2015. Die Wahllokale sind noch bis 17 Uhr geöffnet: Rund 54 Millionen Wahlberechtigte in 81 Provinzen sind heute in der Türkei zur Wahl des 26. Parlamentes aufgerufen. Gewählt werden 550 Mitglieder der Großen Nationalversammlung. Auch eine gute Million - nach anderen Informationen 2,8 Millionen - Auslandstürken konnten ihre Stimme abgeben. Das Ergebnis der heutigen Richtungswahl wird mit Spannung erwartet: Im Sommer hatte die regierende AKP unter Präsident Erdogan ihre absolute Mehrheit im Parlament verloren - nachdem die prokurdische HDP den Sprung über die 10%-Hürde geschafft hatte. Die AKP erhofft sich für heute die Rückeroberung der absoluten Mehrheit. Die Oppositionsparteien erhoffen sich einen Machtwechsel.

Auch 1.041.470 Auslands-Türken - nach anderen Informationen 2,8 Millionen - waren  im Ausland zur Parlamentswahl aufgerufen. Bei der letzten Wahl im Sommer 2015 hatte die AKP mehr als 50% der Auslandsstimmen gewonnen. Die HDP kam unter den Auslands-Türken auf 21%, die CHP auf 17% der Stimmen. 

Insgesamt hatte die regierende AKP im Sommer 2015 40,9% der Stimmen geholt. Damit blieb die AKP die mit Abstand größte Partei, gefolgt von der CHP mit 25%, der MHP mit 16,3% und der HDP mit 13,1%. Die übrigen Parteien brachten es zusammen auf 4,8% der Stimmen und scheiterten damti im Sommer an der 10%-Hürde.

Die 10%-Hürde war es auch, die der AKP während der letzten Wahlen trotz nur relativer Mehrheit der Wählerstimmen jeweils die absolute Mehrheit im Parlament verschafft hatte: Die HDP war in den vorangegangenen Wahlenan der 10%-Hürde gescheitert.

 

Die Parteien

DIE AKP

Das Parteienkürzel der regierenden AKP steht für die islamisch-konservative Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung. Im Sommer 2015 erreichte die AKP einen Stimmenanteil von 40,9%. Die AKP betreibt eine Islamisierung des Türkischen Staates und hat in den vergangenen Jahren verschiedene auf den Staatsgründer Kemal Atatürk zurückgehende Gesetze abgeschafft, so beispielsweise das Kopftuchverbot an den Universitäten.

Die AKP betreibt zudem eine sehr restriktive Pressepolitik und hat eine Reihe großer Medienunternehmen, Zeitungen und TV-Sender, verboten beziehungsweise unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt. Die AKP genießt besonders unter den Auslandstürken einen starken Rückhalt: Dort kam die Partei von Staatspräsident Erdogan im Sommer 2015 auf über 50% der Stimmen.

Der türkische Präsident Erdogan (AKP) war zuvor bereits über lange Jahre Ministerpräsident der Türkei. Als eine erneute Wiederwahl zum Ministerpräsidenten aufgrund der türkischen Rechtslage nicht mehr möglich war, kandidierte Erdogan erfolgreich für das Präsidentenamt. Neuer Ministerpräsident wurde Ahmet Davutoglu (AKP). Die Machtbefugnisse des Türkischen Präsidenten gehen Erdogan allerdings nicht weit genug. Deshalb strebt Erdogan bei der heutigen Parlamentswahl eine Zweidrittelmehrheit angestrebt, um in der Türkei ein Präsidialsystem einzuführen.

DIE CHP

Das Parteienkürzel CHP steht für die sozialdemokratische und kemalistische Partei. Im Sommer 2015 erreichte die CHP 25% der Stimmen. Die CHP geht auf Staatsgründer Kemal Atatürk zurück, der die Türkei konsequent an westlichen Strukturen orientierte und eine strikte Trennung von Staat und Religion verordnete.

DIE MHP

Das Parteienkürzel MPH steht für die nationalistische Bewegung. Im Sommer 2015 erreichte die MHP 16,3% der Stimmen. Die MHP steht der Gülen-Bewegung nahe, deren Gründer und Leiter Gülen in den USA lebt.  

Zwischen den früheren Verbündeten Erdogan und Gülen kam es in den vergangenen Jahren zu einem offen ausgetragenen Machtkampf um den Einfluss auf den Staatsapparat und auf Medien.

DIE HPD

Das Parteienkürzel HPD steht für die prokurdische Arbeiterpartei. Die HPD erreichte im Sommer 2015 13,1% der Stimmen. Bei der letzten Wahl wurde die HPD zunehmend auch von nicht-kurdischen Wählern als wählbare demokratische Alternative angenommen und konnte dadurch die 10%-Hürde überschreiten, und ins türkische Parlament einziehen - der Grund dafür, dass die AKP im Sommer 2015 ihre absolute Mehrheit verloren hat.

Die Konflikte

Der türkische Präsident Erdogan (AKP) war über lange Jahre Ministerpräsident der Türkei. Als eine erneute Wiederwahl zum Ministerpräsidenten aufgrund der türkischen Rechtslage nicht mehr möglich war, kandidierte Erdogan erfolgreich für das Präsidentenamt. Neuer Ministerpräsident wurde Ahmet Davutoglu (AKP). Die Machtbefugnisse des Türkischen Präsidenten gehen Erdogan allerdings nicht weit genug. Deshalb hatte Erdogan bei der heutigen Parlamentswahl eine Zweidrittelmehrheit angestrebt, um in der Türkei ein Präsidialsystem einzuführen.

Im Vorfeld der heutigen Parlamentswahl konnten bereits die im Ausland lebenden 2,8 Millionen Türken in Wahlbüros, Botschaften, auf Flughäfen und an Grenzübergängen ihre Stimme abgeben. Medienberichten zufolge hatten bei der letzten Wahl im Sommer 2015 allerdings die im Irak lebenden Türken aufgrund von Sicherheitsbedenken der Türkei keine Möglichkeit, ihre Stimmen abzugeben. Ob  die Situation  bei den Wahlen am 01.11.2015 immer noch so ist, ist nicht bekannt. In Deutschland hatten im Sommer 2015 die Grünen unter Cem Özdemir dazu aufgerufen, nicht die AKP zu wählen, sondern die kurdische HDP zu unterstützen.

In den vergangenen Jahren war es in Beamtentum, Justiz und Verwaltung zu einem Machtkampf zwischen Anhängern von Erdogans AKP und von Gülens MPH gekommen. Während Erdogan und Gülen zunächst Verbündete waren, warf Gülen Erdogan vor, missliebige Staatsangestellte aus dem Staastsdienstzu entfernen oder zu versetzen. So soll Erdogan Staatsanwälte und Justizangehörige, die Ermittlungen gegen ihn eingeleitet hatten, versetzt haben. Erdogan wird zudem vorgeworfen, die Presse- und Meinungsfreiheit einzuschränken und gegen missliebige Journalisten und Medien mit massiven Mitteln vorzugehen. Befürworter von Erdogans AKP halten dagegen, die AKP habe in den vergangenen Jahren "viel für das Land getan."

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