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Rostock / Jena:

Vom Tintenfass zur CD-Rom: Neue Lutherbibel auf der Wartburg übergeben

Stand: 01.11.15 10:02 Uhr

Der Überlieferung nach wurde Martin Luther beim Übersetzen der Bibel so vom Teufel geplagt, dass er ein Tintenfass nach ihm warf. Jahrelang wurde auf der Wartburg bei Eisenach ein entsprechender Fleck an der Wand von Luthers Studierstube gezeigt. Im Herbst 2015 stand die Wartburg wieder einmal im Zeichen von Luthers Bibel: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, erhielt eine CD mit dem Text der neuesten Revision der wichtigsten deutschen Bibelausgabe.

In nur fünf Jahren haben Wissenschaftler fast aller theologischen Fakultäten Deutschlands jedes Wort der bisherigen Übersetzung geprüft und Änderungsvorschläge unterbreitet. „Wir wollten einerseits Luthers Sprachklang so gut es ging erhalten", so Martin Rösel von der Universität Rostock. „Aber wir mussten auch die Erkenntnisse der theologischen Forschung einfließen lassen, die Luther noch nicht kennen konnte". Der Theologe Rösel hat dabei ein Team geleitet, das sich mit den Spätschriften des Alten Testaments beschäftigt hat, den so genannten Apokryphen. „Hier war der Änderungsbedarf besonders groß; einige Bücher mussten wir von Grund auf neu übersetzen". So das Buch Judith, das Prof. Christfried Böttrich an der Partnerfakultät in Greifswald bearbeitete.

Rösel war nicht nur als Übersetzer und Koordinator an dem Projekt beteiligt, sondern er war auch Mitglied im Lenkungsausschuss des Projekts. Hier wurde jede einzelne der vorgeschlagenen Änderungen diskutiert und abgestimmt. „Es war wichtig, dass die sprachliche und theologische Einheitlichkeit gewahrt bleibt; das lässt sich nur mit einem übergeordneten Gremium erreichen."

Rostock spielt noch in weiterer Hinsicht eine wichtige Rolle für die Lutherbibel-Revision: Die wissenschaftlichen Leitlinien des Projekts waren hier im Herbst 2013 auf einer Tagung offengelegt und intensiv diskutiert worden. Als „Beiträge der Rostocker Konferenz" wurden sie unter dem Titel „Was Dolmetschen für Kunst und Arbeit sei" publiziert. Zusammen mit anderen Veröffentlichungen belegt dieser Band die breite Kompetenz in Fragen der Übersetzungswissenschaft, die an der Interdisziplinären Fakultät der Universität Rostock in den letzten Jahren erarbeitet wurde. Die Übergabe der CD-Rom mit dem neuen Text fand am Mittwoch, dem 16.09.2015, statt.

„Unsere Vorgänger an der Theologischen Fakultät lehnten im 19. Jahrhundert jede Änderung an der Lutherbibel noch kategorisch ab", berichtet Rösel. Demgegenüber öffnet sich die Rostocker Theologie nun viel stärker den kulturellen Fragestellungen der Gegenwart und bemüht sich darum, Tradition und Innovation zu verbinden.

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