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Tübingen :

Schwangerschaftsdiabetes verlangsamt Hirnreaktion des Fetus nach einer Mahlzeit

Stand: 29.10.15 21:47 Uhr

29.10.2015. Zwischen Schwangerschafsdiabetes (Gestationsdiabetes) und der Hirnreaktion von Ungeborenen auf akustische Reize besteht ein Zusammenhang: Bei Kindern von Schwangeren mit Gestationsdiabetes reagiert das Gehirn im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe später auf Töne. Die Messungen wurden eine Stunde nach einer Mahlzeit vorgenommen. Das haben Wissenschaftler von der Universität Tübingen haben jetzt in einer Studie veröffentlicht.

Die Studie der Forschergruppe um Prof. Hubert Preißl und Prof. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen, dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung und dem Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen ist jetzt im Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism erschienen.

Gestationsdiabetes ist eine Form des Diabetes, der sich während einer Schwangerschaft entwickeln kann. Die Diagnose erfolgt über einen oralen Glukosetoleranztest, bei dem nüchtern, eine und zwei Stunden nach dem Trinken einer Zuckerlösung Blutzuckerwerte bestimmt werden. Wenn einer der Werte den Grenzwert überschreitet, wird der Gestationsdiabetes diagnostiziert.

Vierzig Schwangere wurden in der Diabetesambulanz und der Frauenklinik des Universitätsklinikums Tübingen für die Studie rekrutiert, davon zwölf mit Gestationdiabetes. Die Studie beinhaltete drei Messzeitpunkte: Eine Nüchternmessung, nach der die Teilnehmerinnen die Zuckerlösung zu sich nahmen, dann eine Messung eine Stunde nach der Glukoseaufnahme und eine weitere Messung zwei Stunden nach Glukoseaufnahme. Zu jedem Messzeitpunkt wurde mittels fetaler Magnetoenzephalographie, einer Methode zur nicht-invasiven, passiven Messung fetaler Hirnaktivität, die fetale Hirnreaktion auf einen wiederholt präsentierten Ton gemessen und die Reaktionszeit des Gehirns bestimmt. Zusätzlich wurde bei der Mutter zu jedem Messzeitpunkt Zucker und Insulin im Blut gemessen.

Eine Stunde nach Glukoseaufnahme fanden die Forscher eine langsamere fetale Reaktion auf Töne in der Gruppe der Gestationsdiabetikerinnen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Zu den anderen beiden Messzeitpunkten zeigte sich kein Unterschied zwischen den Gruppen. Die Autoren schließen daraus, dass die fetale Hirnfunktion vom mütterlichen Stoffwechsel beeinflusst wird. Sie nehmen an, dass eine Prägung des fetalen Stoffwechsels durch den der Mutter stattfindet, die Konsequenzen für das spätere Diabetes- und Übergewichtsrisiko des Kindes haben kann. Eine Schlüsselrolle könnte hier der erhöhte Zucker- und Insulinspiegel der Mutter und des Kindes haben.

Die Ergebnisse dieser Studie erweitern die bisherigen Erkenntnisse zur Bedeutung von verminderter Insulinwirkung im Gehirn für Übergewicht und Typ 2 Diabetes substantiell, da sie darauf hinweisen, dass möglicherweise eine sogenannte Insulinresistenz im Gehirn schon in utero angelegt sein könnte. Der derzeitige Stand zur Bedeutung dieser Insulinresistenz wurde gerade von der Arbeitsgruppe in einem Übersichtsartikel in der renommierten Fachzeitschrift Nature Reviews Endocrinology zusammengefasst.

Diese Forschung wurde unterstützt durch das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (TR-SFB 654 "Plasticity and Sleep") und die Helmholtz Allianz. (Universitätsklinikum Tübingen)

Originalpublikationen

Katarzyna Linder, Franziska Schleger, Isabelle Kiefer-Schmidt, Louise Fritsche, Stefanie Kümmel, Martin Heni, Magdalene Weiss, Hans-Ulrich Häring, Hubert Preissl und Andreas Fritsche (2015). Gestational Diabetes Impairs Human Fetal Postprandial Brain Activity. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism. Early Release, jc.2015-2692. Link: http://press.endocrine.org/doi/10.1210/jc.2015-2692

Martin Heni, Stephanie Kullmann, Hubert Preissl, Andreas Fritsche, Hans-Ulrich Häring (2015). Impaired insulin action in the human brain: causes and metabolic consequences. Nature Reviews Endocrinology. Advanced Online Publication, doi:10.1038/nrendo.2015.173.Link: www.nature.com/nrendo/journal/vaop/ncurrent/abs/nrendo.2015.173.html

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