«Falls sich dieser Trog auf Grund des Zusammenpressens zweier Platten gebildet hätte, müsste es Hinweise für ein stetes Wachstum der Alpen geben, denn Zusammenprall, Trogbildung und Gebirgshöhe sind unmittelbar miteinander verbunden», sagt Fritz Schlunegger vom Institut für Geologie der Universität Bern. Er und Edi Kissling vom Instut für Geophysik der ETH Zürich haben indes herausgefunden, dass die alpine Topographie während der letzten 20 Millionen Jahre nahezu konstant geblieben ist – sprich: Die Alpen haben aufgehört, in die Höhe zu wachsen. Die beiden Forscher schliessen daraus, dass das Modell der alpinen Gebirgsbildung revidiert werden muss. Die Resultate ihrer Analyse sind in «Nature Communications» erschienen.
Schematischer Querschnitt durch die Alpen: Der gelb eingefärbte Trog unter dem Mittelland wird hauptsächlich durch die Schwere des Sporns gebildet. Diese biegt die Europäische Platte nach unten.
Schlunegger und Kissling fanden den Schlüssel zur Rekonstruktion der Alpenbildung in fächerförmigen Geisteinsablagerungen, die am Alpenrand als Überbleibsel alter Flussdeltas entstanden. Die Regel lautet: Je grösser diese fächerartigen Flussablagerungen, umso breiter und höher das angrenzende Gebirge. Im Mittelland begann die Bildung solcher Fächer vor 30 Millionen Jahren. Bis vor 20 Millionen Jahren wuchsen sie kontinuierlich und blieben danach alle ungefähr gleich gross. Die Forscher schliessen daraus, dass die Alpen bereits damals ihre heutige Höhenlage erreichten. Der Mittelland-Trog sank derweil aber weiter. «Das bedeutet, dass die Bildung der Zentralalpen und die Absenkung des Troges nicht miteinander verbunden sind – womit andere Mechanismen zur Alpenbildung als die Plattenkollision gefunden werden müssen», sagt Fritz Schlunegger.
Alpen haben sich durch Auftriebskräfte gebildet
Erklärungsansätze dazu lieferten Erkenntnisse aus der Geophysik: Die Auswertung der Stosswellen tausender Erdbeben ermöglichte ein detailliertes dreidimensionales Bild des alpinen Untergrunds. Demnach ragt das Ende der Europäischen Platte bis zu 160 Kilometern tief in den Erdmantel hinab. Dieser Sporn zieht aufgrund seines Gewichts die gesamte Platte mit sich hinab.
Darüber liegen die Alpen als Kruste aus granitischen Gesteinen und Gneisen, die deutlich leichter sind als der Erdmantel, in den der Sporn abtaucht (siehe Grafik). «Dadurch kommt es zu starken Auftriebskräften, welche die alpine Kruste herausheben», erläutert Edi Kissling. «Die Alpen haben sich also als Folge starker Auftriebskräfte gebildet. Schubkräfte, wie sie durch die Kollision zweier kontinentaler Platten enstehen, braucht es somit keine.»
Angaben zur Publikation:
Fritz Schlunegger, Edi Kissling: «Rollback orogeny in the Alps and evolution of the Swiss Molasse Basin», Nature Communications, 16. Oktober 2015, 2015, doi:10.1038/ncomms960
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