Gute Aussichten für den 25. Mai, den Tag der Europa-Wahlen – wenn man den Demoskopen glauben schenkt. Gute Aussichten für ihn und seine Partei: Bernd Lucke, renommierter Hamburger Wirtschaftsprofessor, Mitbegründer der umstrittenen "Alternative für Deutschland", AfD. Derzeit auf rund 6 Prozent taxiert, bereitet diese den anderen Parteien Kopfzerbrechen. Luckes Einzug nach Brüssel scheint sicher. Ende eines Weges, der nach einem kurzen Kandidatengastspiel bei den Freien Wählern und 30 Jahren CDU-Mitgliedschaft 2013 zu Austritt und AfD-Gründung führte.
Für den letzten Ruck in diese Richtung - so Lucke - habe der abrupte Kurswechsel in der Euro-Rettungspolitit gesorgt. Getäuscht habe er sich gefühlt, weil mmer versprochen worden sei, dass Deutschland für die Schulden anderer Länder nicht werde haften müssen. Jetzt aber müssten die Deutschen haften - und möglicherweise dann auch einmal bezahlen, in zwei- oder gar dreistelliger Milliardenhöhe.
Der Euro - so Luckes Sicht - sei keinesfalls der Garant, von dem in Europa der Frieden abhänge, wie oft ins Felde geführt. Stattdessen sei eher das Gegenteil richtig: wegen ökonomisch nicht überbrückbarer Ungleichgewichte innerhalb der Volkswirtschaften der Euro-Länder wirke die Gemeinschaftswährung eher wie ein Sprengsatz, der Europa und die EU gefährde. Die Währung überfordere einzelne, schwächere Mitgliedsstaaten, die dadurch nicht mehr wettbewerbsfähig seien. Früher hätten diese meist südeuropäischen Länder ihre währungen abwerten können. Damit seien die dortigen Produkte erst konkurrenzfähig geworden. Das aber sei im Euro nicht mehr möglich und deshalb fatal.
Wie aber sähe dann – aus Luckes Sicht - eine alternative Euro-Zukunft schließlich aus? Keine Ausschlüsse von schwachen Ländern, aber vertragliche Überarbeitungen wolle er. Man solle jedem Staat ein Austrittsrecht zubilligen. Und gleichzeitig müsse man zu den Maastrichter Urverträgen der Währungsunion zurückkehren, die den Staaten die Übernahme fremder Schuden verboten.
Was aber ist die AfD, neben Euro-und Europa-Kritik? Liberal, wie der ehemalige BDI-Präsident und Neu-AfD-Mann Henkel behauptet, oder konservativ, erzkonservativ, nah an den bibeltreuen Christen oder gar rechtspopulistisch, wie Kritiker sagen? Die AfD sei Heimat vieler politischer Kräfte, so Lucke. Zulauf komme von der Linken bis hin zur CSU. Das sei nicht anders, als in anderen Parteien.
Wer aber wird dann den Kurs der AfD letztlich bestimmen? Ein hochrangiges Parteimitglieder wird von der FAZ beispielsweise mit den Wünschen zitiert, Sexualkundeunterricht, Schulpflicht und die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften wieder abzuschaffen. Das stimme nicht, so Lucke. Der Artikel sei grob wahrheitswidrig gewesen. Selbstverständlich bejahe die AfD die Schulpflicht und die Sexualkunde-Erziehung. Selbstverständlich verstößen Diskriminierungen generell gegen die Werte der Partei. Und natürlich werde man die eindeutigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Thema der Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften nicht in Frage stellen.
Für Kräftige Empörungswogen haben zuletzt auch Äusserungen des außenpolitischen Parteisprechers Alexander Gauland gesorgt. Deutschland müsse in der außenpolitischen Ausrichtung neutraler werden wie zu Bismarcks Zeiten. Auch müsse man mehr Verständnis für Russlands Krim-Annexion und die russische Ukraine-Politik aufbringen. Und so sieht das auch Bernd Lucke: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker schätze er höher als die Beibehaltung der territorialen Unantastbarkeit eines Landes. Die Kritik, dass die Krim-Abstimmung nicht ganz demokratisch von Statten gegangen, sondern im Schweinsgalopp durchgepeitscht worden sei, akzeptiere er. Und keinesfalls wolle die AfD - wie so oft fälschlich behauptet - Deutschlands Westausrichtung grundsätzlich in Frage stellen.
Anmerkung der Redaktion:
In einer früheren Version dieses Artikels war irrtümlicherweise von einer 3%-Hürde bei der Europawahl die Rede. Wir danken für den Hinweis.
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