Flüchtlingsfamilie | Bildquelle: RTF.1

Deutschland:

Flüchtlingsrekord: Dauerhafte Mehrkosten von mindestens fünf Milliarden Euro

Stand: 22.08.15 19:30 Uhr

Angesichts der Rekordzahl von Flüchtlingen müssen Bund, Länder und Kommunen dauerhaft zusätzliche Milliarden für deren Aufnahme bereitstellen. Allein die Kosten für die Unterbringung, Versorgung und das Taschengeld der Asylbewerber würden sich voraussichtlich um sechs Milliarden Euro im Jahr erhöhen, berichtet das Nachrichtenmagazin Focus unter Berufung auf eine interne Schätzung der Bundesregierung. Bislang hat der Bund den Ländern und Kommunen dafür lediglich eine Milliarde Euro an Entlastung zugesagt."Das reicht sicher nicht aus", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, dem Focus. "Wir erwarten eine deutliche Aufstockung der Mittel."

Mit Blick auf den Winter bräuchten die Kommunen außerdem "dringend ein Bauprogramm, das mit mindestens zwei Milliarden Euro ausgestattet sein sollte", so Gerd Landsberg

Auch die Länder verstärken den Druck auf den Bund. "Die Verfahren dauern zu lange", kritisiert die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD), im Focus. Zudem müsse der Bund sagen, wie er den Ländern und Kommunen in der Frage konkret helfen wolle. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) forderte im Focus, der Bund müsse sich "strukturell und dauerhaft an den Unterbringungs- und Versorgungskosten für die Asylbewerber beteiligen".

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) dringt auf schnelle finanzielle Hilfen des Bundes bei der Unterbringung von Flüchtlingen. "Wenn der Eindruck entsteht, dass die Städte und Kommunen überfordert sind, besteht die Gefahr, dass die positive Stimmung kippt", sagte die Ministerin dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag". "Deshalb müssen wir zügig handeln."

Die FDP warnt unterdessen vor einer "Kapitulation" des Staates angesichts der hohen Zahl von Asylsuchenden und Flüchtlingen. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Der Staat kann und darf vor den neuen Herausforderungen nicht kapitulieren." Er müsse seine Kräfte besser einteilen und dürfe sie nicht verschwenden, "etwa bei der Überprüfung der Mindestlohn-Dokumentationspflichten in Bäckereien". Der FDP Chef betonte: "Dafür brauchen wir den Staat nicht. Aber für so eine Megaaufgabe wie das Management dieser Art Völkerwanderung - dafür brauchen wir den Staat."

Lindner bezeichnete es außerdem als "katastrophal", wenn von grüner Seite gefordert werde, man solle nötigenfalls auch private Häuser beschlagnahmen, um Flüchtlinge unterzubringen. "Auch das ist Ausdruck von Kapitulation", sagte der Freidemokrat. Er forderte stattdessen schnellstmöglich einen Gipfel von Bund, Ländern und Gemeinden sowie ein stringentes Konzept, wie Asylverfahren beschleunigt werden können und die Integration verbessert wird.

Nach den Worten von Lindner ist zudem ein neues Einwanderungsgesetz überfällig. Denn durch den demografischen Wandel würden Fachkräfte fehlen. Jeder sollte sich nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden einmal fragen, von wem er im hohen Alter gepflegt wird. Er warnte: "Bei der Altersstruktur unserer Gesellschaft tun sich enorme Probleme auf, wenn wir nicht jetzt qualifizierte Menschen zu uns einladen. Wenn wir die Letzten sind, die das tun, dann werden sicher nicht die Besten kommen."

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