Griechenland Vergangenheit | Bildquelle: Pixabay.com

Hintergrund:

Fragen und Antworten zum Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus für Griechenland

Stand: 21.08.15 19:05 Uhr

Die Europäische Kommission hat sich mit Griechenland auf ein neues Stabilitätshilfeprogramm geeinigt. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der 2012 in Reaktion auf die weltweite Finanzkrise als "Brandschutzmauer" Europas errichtet wurde, wird in den kommenden drei Jahren Darlehen in Höhe von bis zu 86 Mrd. EUR an Griechenland auszahlen, sofern die griechische Regierung die geforderten Reformen umsetzt und damit grundlegende wirtschaftliche und soziale Herausforderungen angeht. Was genau beinhaltet das Programm des ESM für Griechenland? Worum geht"s, wenn in den Medien immer von den Griechenland-Hilfen die Rede ist? Fragen und Antworten in einem ausführlichen Hintergrund.

Das dritte wirtschaftliche Anpassungsprogramm für Griechenland hat eine Laufzeit von drei Jahren. Wann genau beginnt und endet das Programm?

Das dritte wirtschaftliche Anpassungsprogramm für Griechenland tritt offiziell mit der Unterzeichnung des Memorandum of Understanding (MoU) in Kraft und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Das Programm ist am Tag der Unterzeichnung, d. h. am 19. August 2015, angelaufen und endet im August 2018.

Was ist das „Memorandum of Understanding"?

Im Memorandum of Understanding (MoU) werden die an die finanzielle Unterstützung geknüpften Auflagen detailliert aufgeführt, d. h. die Maßnahmen und Reformen, zu deren Durchführung sich Griechenland verpflichtet hat, um die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen des Landes anzugehen. Am 11. August haben die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) – mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF) – mit den griechischen Behörden auf Arbeitsebene eine umfassende Einigung über das MoU erzielt. Anschließend wurde das MoU vom griechischen Parlament und von den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets gebilligt. Die im MoU verankerte Reformagenda wird von vier Säulen getragen: Wiederherstellung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, Wahrung der Finanzstabilität, Förderung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen und Schaffung eines modernen Staats und einer modernen öffentlichen Verwaltung.

Wie sieht der Finanzrahmen aus? Wer stellt die Mittel bereit?

Die Finanzmittel für die Laufzeit des Programms belaufen sich auf bis zu 86 Mrd. EUR. Darin eingeschlossen ist ein Puffer von bis zu 25 Mrd. EUR für den Bankensektor, damit eventuelle Kosten für die Rekapitalisierung und Abwicklung von Banken aufgefangen werden können. Der ESM könnte bis zu 86 Mrd. EUR bereitstellen, d. h. das Programm könnte prinzipiell in vollem Umfang aus dem ESM finanziert werden. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der ESM tatsächlich die vollständige Finanzierung des Programms übernehmen muss. Falls beispielsweise der IWF beschließt, sich am Programm zu beteiligen, würde durch dessen Beitrag der Finanzierungsbetrag aus dem ESM sinken. Auch die Rückgabe der Gewinne aus im Rahmen des Programms für die Wertpapiermärkte (SMP) erworbenen griechischen Staatsanleihen durch die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und eine Rückkehr Griechenlands an die Finanzmärkte während der Programmlaufzeit – wie im letzten Jahr – könnten den Finanzierungsbedarf verringern.

Sind die Mittel für die Rückzahlung des aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) bereitgestellten Brückenkredits in der Finanzausstattung von bis zu 86 Mrd. EUR enthalten?

Ja, die Mittel für die Rückzahlung der 7 Mrd. EUR, die Griechenland als Brückenkreditim Juli aus dem EFSM erhalten hat, sind im Betrag von 86 Mrd. EUR enthalten.

Wie hoch soll die erste Tranche des Programms sein?

Dies ist in der Erklärung der Euro-Gruppe vom 14. August eindeutig festgelegt: Die erste Tranche im Rahmen des ESM-Programms wird sich auf 26 Mrd. EUR belaufen und aus zwei Sub-Tranchen bestehen. Die erste Sub-Tranche in Höhe von 10 Mrd. EUR wird unmittelbar auf einem Sonderkonto beim ESM verfügbar gemacht und dient der Bankenrekapitalisierung und ‑abwicklung. Die zweite Sub-Tranche in Höhe von 16 Mrd. EUR wird in mehreren Teilbeträgen an Griechenland ausbezahlt, wobei die erste Auszahlung in Höhe von 13 Mrd. EUR bis zum 20. August erfolgt und eine oder mehrere weitere Auszahlungen im Herbst folgen, vorbehaltlich der Verwirklichung weiterer wichtiger Etappenziele auf der Grundlage der im MoU aufgeführten Maßnahmen.

Wie wird die griechische Wirtschaft von der ersten Tranche profitieren? Anscheinend soll das Geld in erster Linie für die Banken und den Abbau der Zahlungsrückstände verwendet werden.

Die erste Tranche soll eine Impulswirkung auf die griechische Wirtschaft haben. Es ist unbedingt notwendig, 10 Mrd. EUR für den Finanzsektor vorzusehen, damit der Weg für eine schrittweise Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen, die derzeit die wirtschaftliche Erholung bremsen, geebnet wird. Auch die hohen Zahlungsrückstände des griechischen Staates gegenüber dem Privatsektor belasten die Wirtschaftstätigkeit. Nach der Rückzahlung des EFSM-Brückenkredits (7 Mrd. EUR) und den Schuldentilgungszahlungen an die EZB (3 Mrd. EUR) soll ein Teil des verbleibenden Betrags der ersten Tranche in Höhe von 16 Mrd. EUR für die Begleichung der Zahlungsrückstände verwendet werden. Darüber hinaus soll ein Teil der Mittel den derzeitigen Finanzierungsbedarf des griechischen Staates decken. Dies ist sehr wichtig, da sich die jüngste Konjunkturabschwächung negativ auf die Staatskassen ausgewirkt hat.

Werden die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets aufgrund des neuen Programms für Griechenland mehr Geld in den ESM einzahlen müssen?

Nein. Der ESM verfügt über eine Darlehenskapazität von insgesamt 500 Mrd. EUR und über ein Gesamtkapital von 80 Mrd. EUR in Form von eingezahltem Kapital und 620 Mrd. EUR an gebundenem abrufbaren Kapital. Seine verbleibende Darlehenskapazität beträgt rund 455 Mrd. EUR; Darlehenstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Programm für Griechenland erfordern daher kein neues finanzielles Engagement der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets. Der ESM nimmt die Mittel – die dann an Griechenland weiterverliehen werden – an den Finanzmärkten auf, ohne dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets einbezogen werden. Auf diese Weise werden Auswirkungen auf die nationalen Schuldenquoten vermieden.

Wird der IWF sich schließlich am Programm beteiligen?

Der IWF hat im Zusammenhang mit Griechenland zwei Aufgaben: Erstens ist er einer der Partner des ESM-Programms, wie im Rahmen der spezifischen Modalitäten des ESM-Vertrags vorgesehen. In dieser Eigenschaft hat der IWF sowohl während der Arbeiten in Athen als auch in kürzlich veröffentlichen Erklärungen bestätigt, dass er an der Vorbereitung des Programms beteiligt war und das Verfahren weiterhin unterstützt. Darüber hinaus wird der IWF an den regelmäßigen Überprüfungsmissionen teilnehmen, in deren Rahmen die Durchführung des Programms überwacht wird. Zweitens hat die IWF-Führung im Hinblick auf die Auflage eines eigenen Programms für Griechenland mit einer speziellen Finanzierung ihre Absicht betont, dem Exekutivdirektorium zu empfehlen, weitere finanzielle Unterstützung für Griechenland zu prüfen, sobald zwei Bedingungen erfüllt sind: zum einen muss feststehen, wie die Steuer-, Struktur- und Finanzsektorreformen im Einzelnen aussehen werden, und zum anderen muss geprüft worden sein, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, und es muss eine Einigung über einen möglichen Schuldenerlass, der die Schuldentragfähigkeit sicherstellt, erzielt worden sein.

Wann wird eine Entscheidung über die Schuldentragfähigkeit getroffen?

Die Kommission hat im Benehmen mit der EZB eine Schuldentragfähigkeitsanalyse durchgeführt, die ergeben hat, dass die Schuldentragfähigkeit durch ein glaubwürdiges Reformprogramm und zusätzliche schuldenbezogene Maßnahmen ohne nominalen Schuldenschnitt erreicht werden kann. Im Einklang mit der Erklärung des Euro-Gipfels vom 12. Juli hat die Euro-Gruppe am 14. August bekräftigt, dass sie bereit ist, etwaige zusätzliche Maßnahmen (z. B. längere rückzahlungsfreie Zeiten und Rückzahlungsfristen) zu erwägen, die sicherstellen sollen, dass der Bruttofinanzierungsbedarf Griechenlands auf einem tragfähigen Niveau bleibt. Entsprechende Maßnahmen setzen jedoch die vollständige Umsetzung der im ESM-Programm festgelegten Maßnahmen voraus und werden erst nach Abschluss einer ersten positiven Programmüberprüfung in Betracht gezogen.

Wer überwacht die Reformfortschritte? Wird es Überprüfungsmissionen in Athen geben?

Die Kommission wird in Abstimmung mit der EZB und nach Möglichkeit mit dem IWF die Fortschritte Griechenlands bei der Durchführung des Reformprogramms überwachen. Die mit dem Programm verbundenen Auflagen werden unter Berücksichtigung der erzielten Fortschritte vierteljährlich aktualisiert. Diese Aktualisierung erfolgt auf der Grundlage der Ergebnisse von Überprüfungsmissionen in Athen, von denen die erste für Oktober vorgesehen ist. Griechenland hat sich verpflichtet, mit den Institutionen umfassend zusammenzuarbeiten und ihnen sämtliche Informationen bereitzustellen, die diese für die Überwachung des Programms benötigen.

Wie viel Geld hat Griechenland im Rahmen der ersten beiden Programme von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets erhalten?

ERSTES PROGRAMM

Verpflichtungen

Im Jahr 2010 vereinbarte die Euro-Gruppe, von der Europäischen Kommission gebündelte bilaterale Darlehen (die sog. Darlehensfazilität für Griechenland, Greek Loan Facility - GLF) in Höhe von insgesamt 80 Mrd. EUR zu gewähren (dieser Betrag hat sich letztendlich um 2,7 Mrd. EUR verringert, da die Slowakei sich gegen eine Beteiligung an der GLF entschied und Irland und Portugal, die selbst Finanzhilfen beantragten, sich ebenfalls nicht beteiligten).

Die von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vereinbarte Finanzhilfe war Teil eines gemeinsamen Hilfspakets, für das der IWF im Rahmen einer Bereitschaftskreditvereinbarung weitere 30 Mrd. EUR zusagte.

Auszahlungen

Die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets haben im Rahmen des ersten Programms schließlich 52,9 Mrd. EUR ausgezahlt.

ZWEITES PROGRAMM

Verpflichtungen

Nach den Wahlen in Griechenland sagten die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2012 zu, über die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) im Rahmen des zweiten Programms Mittel in Höhe von 144,6 Mrd. EUR für Griechenland bereitzustellen (dieser Betrag umfasst auch nicht in Anspruch genommene Mittel aus der GLF/dem ersten Programm).

Der IWF sagte rund 19,8 Mrd. EUR für das zweite Programm zu.

Auszahlungen

Die EFSF zahlte 141,8 Mrd. EUR aus, davon 48,2 Mrd. EUR zur Deckung der Kosten für die Bankenabwicklung und -rekapitalisierung. Von diesem Betrag wurden 10,9 Mrd. EUR nicht benötigt und daher später an die EFSF zurückgezahlt. Der ausstehende Kapitalbetrag beläuft sich somit auf 130,9 Mrd. EUR.

 

MAKROÖKONOMISCHE ENTWICKLUNGEN

Wie sieht der neue Haushaltskonsolidierungspfad aus?

Der im MoU vorgegebene Haushaltskonsolidierungspfad sieht folgende Zielmarken für die Entwicklung des Primärsaldos vor: -¼ % des BIP im Jahr 2015, 0,5 % im Jahr 2016, 1¾ % im Jahr 2017 und 3,5 % im Jahr 2018 und danach. Die Staffelung der haushaltspolitischen Ziele steht mit den Wachstumsraten in Einklang, die für die griechische Wirtschaft mit der Überwindung der tiefsten Rezession aller Zeiten erwartet werden. Griechenland soll einen mittelfristigen Primärüberschuss von 3,5 % des BIP anstreben. Dies soll erreicht werden mit einer Kombination aus vorgelagerten finanzpolitischen Reformen, etwa in den Bereichen Mehrwertsteuer und Rentensystem, einem ambitionierten Programm zur Verbesserung der Steuerdisziplin und zur Stärkung der öffentlichen Finanzverwaltung – mit Blick auf eine wirkungsvollere Bekämpfung von Steuerhinterziehung – sowie wachstumsfördernden Strukturreformen. Gleichzeitig soll für einen angemessenen Schutz sozial schwacher Gruppen Sorge getragen werden.

Warum drängen die Institutionen so sehr auf einen Primärüberschuss?

Ein Primärüberschuss ergibt sich, wenn die Staatseinnahmen die Staatsausgaben (ohne Zinsausgaben) übersteigen. Wird ein Primärüberschuss erzielt, bedeutet dies, dass der Staat nicht mehr über seine Verhältnisse lebt und in der Lage ist, seine Schulden abzubauen. Somit ist ein Primärüberschuss von entscheidender Bedeutung, wenn die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wiederhergestellt und die Wirtschaft wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad gebracht werden soll.

Im Zuge der vorausgegangenen wirtschaftlichen Anpassungsprogramme ist es Griechenland gelungen, sich von einem Primärdefizit von 10,3 % im Jahr 2009 hin zu einem Primärüberschuss von 0,4 % im Jahr 2014 zu bewegen. Bis weit ins zweite Halbjahr 2014 hinein hat Griechenland den Kurs gehalten und die Zielvorgaben des haushaltspolitischen Programms sogar übertroffen. Unsicherheiten vor und nach den Wahlen, widersprüchliche Ankündigungen zu Änderungen des Rahmens für die Steuererhebung sowie eine Schwächung der Wirtschaft haben dann jedoch in ihrem Zusammenwirken zu einer deutlichen Verschlechterung der allgemeinen Haushaltslage geführt.

Wie sehen die Projektionen für das BIP-Wachstum aus?

Die Kommissionsdienststellen haben ihre Prognosen im August 2015 aktualisiert. Nunmehr wird davon ausgegangen, dass das BIP im Jahr 2015 um -2,3 % und im Jahr 2016 um -1,3 % schrumpfen wird, bevor dann in den Jahren 2017 und 2018 wieder ein positives Wachstum von 2,7 % bzw. 3,1 % zu verzeichnen sein wird. Den Projektionen liegt die Annahme zugrunde, dass das Wachstum bis Anfang 2016 quartalsweise wieder anziehen wird, da die gegenwärtigen Unsicherheiten bald überwunden sein werden angesichts der Einigung über das neue dreijährige Anpassungsprogramm, der bei den meisten Wirtschaftstätigkeiten zu erwartenden allmählichen Lockerung der Kapitalverkehrskontrollen bis zum zweiten Halbjahr 2016 und einer gleichzeitigen raschen Bankenrekapitalisierung bis Ende 2015. Die im MoU vorgesehenen haushaltspolitischen Maßnahmen (einschließlich der bereits verabschiedeten Mehrwertsteuerreform) wurden in den Projektionen berücksichtigt.

 

PRIVATISIERUNG

Wie hoch werden die Privatisierungserlöse im Programm angesetzt?

Um den laufenden Privatisierungsprozess nicht zu gefährden und das Interesse der Investoren an den wichtigsten Privatisierungsprojekten aufrechtzuerhalten, verpflichtet sich Griechenland zur Fortführung des Privatisierungsprogramms. Mit der Umsetzung dieses Programms sollen (ohne Beteiligungen an Banken) jährliche Erlöse von 1,4 Mrd. EUR im Jahr 2015, 3,7 Mrd. EUR im Jahr 2016 und 1,3 Mrd. EUR im Jahr 2017 erzielt werden.

Wann wird der Privatisierungsfonds eingerichtet?

Im Interesse eines ambitionierten Privatisierungsprozesses wird in Griechenland ein unabhängiger Fonds unter Aufsicht der maßgeblichen europäischen Organe und Einrichtungen geschaffen und mit der Privatisierung von Vermögenswerten des Staates betraut, für die zuvor eine unabhängige Wertermittlung vorgenommen wird. Es wird erwartet, dass die griechische Regierung den Plan für den Fonds bis Ende Oktober 2015 billigen wird, so dass er bis Ende des Jahres seine Tätigkeit aufnehmen kann. Aufgabe des Fonds wird es sein, hohe griechische Vermögenswerte schnell zu ermitteln, während der Laufzeit des Programms zu transferieren und durch Privatisierung oder auf anderem Wege, u. a. durch Minderheitsbeteiligungen, zu monetarisieren. Der Fonds wird ebenfalls Beteiligungen an griechischen Banken nach deren Kapitalisierung umfassen und somit auch zu einer verbesserten Governance der Banken beitragen. Mit der Veräußerung der Vermögenswerte werden Erlöse in Höhe von 50 Mrd. EUR angestrebt. Von diesem Betrag sollen 25 Mrd. EUR für die Rückzahlung der Kapitalisierung von Banken und anderen Vermögenswerten verwendet werden; 50 % jedes verbleibenden Euro (also 12,5 Mrd. EUR) sollen für den Schuldenabbau und die übrigen 50 % (also ebenfalls 12,5 Mrd. EUR) für Investitionen genutzt werden.

 

FINANZSEKTOR

Was wird unternommen, um die Schwächen im Finanzsektor zu beheben?

Griechenland hat sich verpflichtet, dringend erforderliche Maßnahmen zur Lösung des Problems notleidender Kredite im Bankensektor zu treffen. Der außergewöhnlich hohe Anteil solcher Kredite und die damit verbundene Überschuldung des Privatsektors führen zum Abfluss umfangreicher Ressourcen aus produktiveren Verwendungszwecken und verhindern, dass der Bankensektor die für eine Belebung des Wachstums erforderlichen Kredite bereitstellt. Die Rekapitalisierung der Banken, die bis Ende 2015 abgeschlossen sein soll, wird zu einer Stabilisierung der Lage im Bankensektor beitragen. Wie bereits erwähnt, sind bis zu 25 Mrd. EUR der Gesamtmittelausstattung des ESM-Programms (86 Mrd. EUR) als Puffer für die Bankenrekapitalisierung und potenzielle Abwicklungskosten vorgesehen. Die Bankenrekapitalisierung wird von Maßnahmen zur Stärkung der Verwaltung des griechischen Finanzstabilisierungsfonds (HFSF) und der Governance von Banken flankiert. Zusammen mit anderen Maßnahmen des Programms dürfte dies zu einer Normalisierung der Liquiditätslage im Bankensektor führen, so dass die Kapitalverkehrskontrollen schrittweise gelockert werden können.

Wird es ein „Bail-in" der Einleger geben?

Einleger sind geschützt. Dies hat die Euro-Gruppe in ihrer Erklärung vom 14. August klar und deutlich festgestellt. Bis zum Herbst wird die EZB / der einheitliche Aufsichtsmechanismus eine umfassende Bewertung der Banken – ein sogenanntes „Asset Quality Review" (Überprüfung der Aktiva-Qualität) und Stresstests – vornehmen. Diese Bewertung wird die Grundlage für etwaige weitere Beschlüsse über Bankenrekapitalisierungen bilden.

 

SOZIALE DIMENSION UND WACHSTUMSFÖRDERUNG

Was wurde unternommen, um der sozialen Dimension im Rahmen des Programms Rechnung zu tragen?

Entsprechend den von Präsident Jean-Claude Juncker formulierten Politischen Leitlinien hat die Kommission in ihrer Eigenschaft als Verhandlungspartnerin in dem Programm besonderes Gewicht auf den Aspekt der sozialen Fairness gelegt. Ziel war es, für eine gleichmäßige Verteilung der Anpassungslasten zu sorgen und die schwächsten Glieder der Gesellschaft zu schützen. Die Kommission hat eine Bewertung der sozialen Auswirkungen des Programms vorgenommen. Bei ihrer Analyse ist sie zu dem Schluss gelangt, dass die im Programm vorgesehenen Maßnahmen, wenn sie vollständig und rechtzeitig umgesetzt werden, Griechenland dabei helfen werden, auf finanziell tragfähige und sozialverträgliche Weise zu Stabilität und Wachstum zurückzukehren. Außerdem werden sie den dringendsten sozialen Bedürfnissen und Herausforderungen in Griechenland angemessen Rechnung tragen.

Im Fokus der Kommission stehen insbesondere folgende Maßnahmen:

schrittweise Einführung eines garantierten Mindesteinkommens und Sicherstellung einer universellen Gesundheitsversorgung;Gewährleistung, dass die dem Einzelnen abverlangte Anstrengung dem jeweiligen Einkommen angemessen ist;Konzentration der Sparmaßnahmen auf Bereiche, in denen sich dies nicht unmittelbar im Portemonnaie des Durchschnittsbürgers bemerkbar macht, z. B. Kürzung der Verteidigungsausgaben, Beseitigung von Ineffizienzen und Abschaffung von Privilegien oder missbräuchlichen Praktiken in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Ausgaben;Hintanstellen von Partikularinteressen, z. B. schrittweise Abschaffung von Steuervergünstigungen oder -befreiungen (z. B. hinsichtlich der für einige Inseln geltenden Mehrwertsteuersätze) oder hohen Subventionen;Stärkung der Rolle der Sozialpartner und Modernisierung des Tarifverhandlungssystems;Bekämpfung von Betrug, Korruption und Steuerhinterziehung;Förderung einer transparenteren und effizienteren öffentlichen Verwaltung, u. a. durch Stärkung der Unabhängigkeit der Steuerverwaltung, Reorganisation von Ministerien und eine engere Verknüpfung zwischen Verdienst und beruflicher Verantwortung.

Sind zusätzlich zum Programm spezifische Initiativen zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Griechenland vorgesehen?

In Ergänzung des Anpassungsprogramms und zur Verbesserung seiner Erfolgsaussichten hat die Kommission am 15. Juli einenBeschäftigungs- und Wachstumsplan für Griechenland vorgelegt, in dessen Rahmen bis 2020 etwa 35 Mrd. EUR für Investitionen in Menschen und Unternehmen bereitgestellt werden sollen. Bei einer Erhöhung des Vorfinanzierungsanteils für die Förderprogramme 2014-2020 in Griechenland um 7 Prozentpunkte wäre es möglich, im betreffenden Zeitraum 1 Mrd. EUR zusätzlich verfügbar zu machen.

Darüber hinaus baut die Kommission ihr Angebot an technischer Hilfe und fachlicher Unterstützung aus. Eigens zu diesem Zweck hat sie im Juli ihren neuen Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSS) eingerichtet. Der SRSS soll als zentrale Anlaufstelle dienen, die gebündelte Fachkompetenz der Kommissionsdienststellen, der Behörden der Mitgliedstaaten und anderer internationaler Organisationen verfügbar machen und bei der Planung und Überwachung von Reformen behilflich sein.

Wird Griechenland wieder technische Hilfe erhalten?

Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung des Programms ist, dass sich die griechischen Behörden die Reformagenda zu eigen machen und dass die vereinbarten Maßnahmen nachhaltig und entschlossen umgesetzt werden. Dafür bedarf es nicht nur politischer Zusagen, sondern auch entsprechender technischer Durchführungskapazitäten auf Seiten der griechischen Behörden. Diese haben sich verpflichtet, die verfügbare technische Hilfe, die von dem bei der Kommission neu eingerichteten Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSS) koordiniert wird, in vollem Umfang zu nutzen. Technische Hilfe wird bereits jetzt mit Blick auf die Einlösung zentraler Reformzusagen geleistet, unter anderem in den Bereichen Steuerpolitik, Reform der Steuerverwaltung, Überprüfung des Sozialschutzes und Modernisierung des Justizwesens. Es sind jedoch durchaus Kapazitäten vorhanden, um noch weitere Bereiche wie z. B. die Energiepolitik und die Arbeitsmarktpolitik abzudecken. Die griechischen Behörden werden bis Ende September 2015 gemeinsam mit der Europäischen Kommission einen mittelfristigen Plan für technische Hilfe erstellen.

Quelle: EU-Kommission

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