Kretschmann besucht Flüchtlingsunterkunft | Bildquelle: RTF.1

Karlsruhe:

Kretschmann lehnt neue "sichere Herkunftstaaten ab und fordert Zuwanderungskorridore

Stand: 20.08.15 18:18 Uhr

Es ist die größte jemals festgestellte Zahl: Weltweit flüchten schätzungsweise 60 Millionen Menschen aus ihren Heimatländern. Und ständig werden die Zahlen weiter nach oben korrigiert. Das hat auch Folgen für Baden-Württemberg. Wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann mitteilte, muss das Land höchstwahrscheinlich fast doppelt so viele Flüchtlinge aufnehmen, als zuletzt angenommen. Bei seinem Besuch in der Landeserstaufnahmestelle Karlsruhe positionierte sich Kretschmann gestern noch einmal deutlich zu Themen wie den sicheren Herkunftsstaaten und einer legalisierten Zuwanderungspolitik.


Die Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe gestern Mittag. Viele Menschen stehen hier mit ihrem wenigen Hab und Gut Schlange, und warten auf Einlass. Ein tagtägliches Bild. Auch nachdem, im Zuge der immer drastischer ansteigenden Flüchtlingszahlen, weitere LEAs eingerichtet wurden, hat sich die Lage in Karlsruhe nicht wirklich entspannt.

Das weiß auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der sich die Situation vor Ort gestern selbst angeschaut hat. Und aktuelle Prognosen über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen lassen vermuten, dass es noch schwieriger werden könnte."Wir gingen bisher für Baden-Württemberg von 58.000 in diesem Jahr aus. Auch diese Zahl dürfte sich nochmal deutlich erhöhen. Wenn sich diese hohen Prognosen bewahrheiten, werden wir auf die 100.000 zugehen", erklärte Winfried Kretschmann.

Seit Ende Juli habe das Land 1.500 zusätzliche Plätze geschaffen. Bis zum Frühjahr 2016 sollen weitere 10.000 dazu kommen. Doch: "Wahrscheinlich wird auch das nicht reichen. Wir werden auch darüber hinaus weitere Kapazitäten requirieren. [...] Der Plan ist: Wir nehmen alles was wir bekommen", so der Ministerpräsident.

Das viele der Flüchtlinge im Schnitt fast sieben Monate auf Beendigung ihres Verfahrens warten müssten, sei ein Problem das dringend angepackt werden müsse: "Für alle Beteiligten ist das der größte Stressfaktor", so Kretschmann. Deshalb fordere er vom Bund für die Flüchtlinge mit klarer Bleiberechtsperspektive, wie etwa aus Syrien, Sonderregelungen zur Verfahrensbeschleunigung einzuführen.

In der von der Opposition dringend geforderten Ausweitung der Sicheren Herkunftsstaaten sieht Kretschmann allerdings nicht den Heilsbringer: "Da wird ein Thema zum Dominanten erklärt, das es nicht ist. Ich habe ja gesagt, dass ich offen bin für die Anerkennung weiterer Herkunftsstaaten, wenn deren Wirksamkeit erwiesen ist. Dafür spricht zur Zeit sehr wenig. Wir können auf Grund der Zahlen sagen, dass das erstmal keine signifikante Wirkung entfaltet hat, dass wir [...] drei Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt haben", resümierte der Ministerpräsident.

Um die LEAs zu entlasten, könne die Bundesregierung statt dessen andere, aus seiner Sicht, effektivere Maßnahmen ergreifen: "Wir brauchen auch legale Zuwanderungskorridore. Insbesondere aus den Balkanstaaten ist es dringend erforderlich. Damit da nicht so viele Menschen den Weg übers Asyl suchen", forderte der Grünen-Politiker. Nicht nur aus dem Blickwinkel der Flüchtlingsproblematik sondern auch aus dem geostrategischen Blickwinkel betrachtet, könnte das von höchster Bedeutung sein.

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