Herta Däubler-Gmelin über TTIP und CETA | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Fehlende Transparenz - Bundesjustizministerin a.D. Herta Däubler-Gmelin kritisiert TTIP und CETA

Stand: 20.06.15 15:08 Uhr

Sie ist ehemalige Bundesverfassungsrichterin und war auch Bundesjustizministerin. Vor dem Bundesverfassungsgericht hat sie zuletzt eine Klage gegen den Euro-Rettungsschirm geführt. Ihr Wort und ihre Einschätzungen haben also über die Region hinaus Gewicht. Jetzt äußerte sich Herta Däubler-Gmelin erneut zu einem derzeit heiß umstrittenen Thema. Einem Thema, von dem Gegner und Befürworter sagen, dass sich in diesem Zusammenhang unsere Zukunft entscheide. An der Theologischen Hochschule in Reutlingen sprach Däubler-Gmelin über das umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.


Wem nützt es? Was bringt es? Was steht überhaupt drin? Und wo haben wir Probleme? Fragen über Fragen, die die verschiendenen Freihandelsabkommen in den Augen der Juristin in keiner Weise beantworten. Sei es das Abkommen mit den USA, TTIP, oder das der EU mit Kanada, CETA: Däubler-Gmelin fehlt es bei den sogenannten Abkommen, die ihrer Meinung nach aus juristischer Sicht überhaupt keine Abkommen, sprich Verträge sind, eindeutlig an Transparenz.

Das Spannende sei ihr zufolge, dass die Bürger unter Transparenz verstehen würden, dass eine Norm, die gelten soll, öffentlich gemacht werde, dass diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die sich dafür interessieren, sie lesen, beurteilen und auch kommentieren könnten, also sagen können: "finde ich gut" oder "finde ich nicht gut".

Bei CETA werde Transparenz dagegen anders verstanden. Laut Däubler-Gmelin heiße es dort: Wenn eine öffentliche Institution eine Norm machen wolle, dass müsse sie das rechtzeitig vorher Bürokraten, ihren Partnern und den Lobbyisten bekannt geben. Diese würden die Norm dann kommentieren und beeinflussen. Das sei der Juristin zufolge ein Begriff von Transparenz, der ganz deutlich den Weg hindeute, den dieses Abkommen gehe: Nämlich die demokratische Fassade zulassen, aber im Grunde genommen die Entscheidung so vorzuprägen, dass das Wahlvolk, auch wenn es den Bundestag oder das europäische Parlament wählen könne, laut Däubler-Gmelin eigentlich nichts zu sagen habe.

Auch kritisierte die Juristin, dass die Bevölkerung absichtlich verwirrt würde. Es kursierten seit Wochen widersprüchliche Meldungen. Sie könne nicht nachvollziehen, worauf sich die Befürworter von CETA und TTIP eigentlich beziehen würden. Sie würden so tun, als gäbe es einen unglaublichen Ausbruch an Arbeitsplätzen und ein ungeheures Wachstum. Und wenn man frage, so Däubler-Gmelin, wie das eigentlich sein könne, dann würden die Zahlen und Behauptungen und Annahmen immer kleiner. Das habe man in den letzten Jahren erlebt. Übrig geblieben sei insgesamt ein Zuwachs an Arbeitsplätzen von 150.000 in zehn Jahren. Aber laut Däubler-Gmelin nicht etwa für Baden-Württemberg oder für Deutschland, sondern für die gesamte EU. Von den wegfallenden Arbeitsplätzen sei dagegen gar keine Rede.

Negativ aufstoßen würde ihr auch der Wegfall von Standards, sollte es zu einem Freihandelsabkommen mit den USA kommen. Auch verstehe Herta Däubler-Gmelin nicht, warum die privaten internationalen Schiedsgerichte mit Inkrafttreten des Abkommens ausgebaut werden sollten. Sie betonte, dass sie nicht grundsätzlich gegen Freihandelsabkommen sei. Ihrer Meinung müssten diese aber nachweisen, was darin stehe.

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