Schloss Lichtenstein | Bildquelle: pixelio.de - Ingo Döring Foto: pixelio.de - Ingo Döring

Stuttgart:

Immer öfter Widerstand: Landtag debattiert über Genehmigung und Bau von immer mehr Windrädern

Stand: 23.11.16 17:36 Uhr

Der baden-württembergische Landtag in Stuttgart hat heute auf Antrag der FDP über die Situation beim Bau von mehr Windkraftanlagen debattiert. Hintergrund ist, dass wie im Fall eines geplanten Windrads in der Sichtachse zu Schloss Lichtenstein sich immer mehr Widerstand gegen solche Projekte abzeichnet. Pikant: Die jetzt mit in der Regierung sitzende CDU hatte über Jahrzehnte den Bau von Windrädern klein gehalten und mit der drohenden Verspargelung der Landschaft wie auch mit unzureichenden Windstärken argumentiert. Für die Grünen war hingegen der weitergehende Ausbau der Windkraft bei den Koalitionsverhandlungen eine rote Linie.


Schloss Lichtenstein, hoch über Honau, im Landkreis Reutlingen. Das ehemalige Jagdschlösschen ist ein Touristenmagnet und gleichzeitig ein herausragendes Kulturdenkmal. In der Sichtachse sollen im Rahmen eines Investorenprojekts rund 200 Meter hohe Windräder entstehen. Bei öffentlichen Anhörungen gab es 18500 empörte Einwände. Die Windhöfigkeit am Schloss ist aber besser als anderswo. Mehr Windränder für sauberen Strom sollen ein Beitrag des Landes zur Energiewende weg von atomaren und fossilen Quellen sein.

Beispiel für mannigfache Konfliktlagen zwischen Bürger- und politischen Interessen Darunter auch der Abstand von Windkraftanlagen zu Dörfern. Genau darüber gab es in der neuen schwarz-grünen Landesregierung zwischen CDU-Forstminister Hauk und Umweltminister Untersteller, Grüne, prompt einen heftigen Streit.

Inwiefern ist der noch grün-rote Windenergie-Erlass, der bis 2020 10 Prozent der Energie im Land mit Windkraft erzeugen, will noch gültig. Jetzt wo, die ehemaligen CDU-Windkraft-Skeptiker in der Regierung sitzen? Eine Frage, die die oppositionellen FDP heute beantwortet haben wollte. Denn Korrekturen und Anpassungen im Landesplanungsgesetz zeichneten sich bisher trotz der Widerstände nicht ab, so Andreas Glück, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden.

Ganz offensichtlich habe die CDU bei den Koalitionsverhandlungen "keinen Stich  gemacht". Vielmehr lasse sie "die Menschen im Stich, die sich um Heimat und Umwelt" sorgten. Die CDU-Abgeordneten hätten "sich wählen lassen und sie haben nicht Wort gehalten". Fakt sei: Baden-Württemberg sei das windärmste aller deutschen Bundesländer, so Glück. Und "die Anlagen gehörten dorthin, wo der Wind weht. Und das ist eben nicht bei uns". Die Anlagen seien oft unannehmbar für die Menschen und existenzgefährdend für Tourismus. Statt auf mehr Windkraft solle das Land auf mehr Energieeffizienz, Innovation und vor allem Solarkraft setzen.

Die CDU als Umfaller, das sei keinesfalls so, so der energiepolitischer Sprecher der CDU, Paul Nemeth: "Wer aussteigt, muss auch einsteigen". Die CDU habe sich zur Energiewende bekannt. Dazu gehöre auch die Windkraft,  "da, wo sie effizient ist". Von diesem Grundsatz scheine sich die FDP hingegen  zu verabschieden. Das sei umso bedauerlicher, zumal die baden-württembergische Wirtschaft ein wesentlicher Zulieferer für die Windkraftanlagen sei.

Gleich wohl räumte Nemeth koalitionäre Meinungsverschiedenheiten ein: DIe CDU sei der Auffassung, dass das, "was für den Roten Milan gilt oder die Fledermaus" abstandstechnisch auch für Menschen gelten sollte. Dass nämlich der Abstand einer neuen nicht nur 700 Merter, sondern 1000 Meter sein müsse.

Begründete Bürger-Einwände bei reinen Wohngebieten, so Umweltminister Untersteller, würden jetzt im Verfahren jetzt ernst genommen. Dann sollen auch  die 1000 Meter Abstand möglich sein. Er könne zudem "gut nachvollziehen, dass sich Menschen schwer tun und durchaus auch, dass Kollegen" des Koalitionspartner Schwierigkeiten damit hätten.

Heutzutage sagen die Windanlagen aber Voraussertzung für die Energiwende, für Klimaschutz und die Einhaltung des Weltklima-Abkommens. Zudem werde ohne diese der prognostiziert rasant steigende Strombedarf, den die Wirtschaft und die Menschen brauchten, nicht zu decken sein. Der Strom der zukunft komme eben nicht "aus der Steckdose".

Kritik der  SPD-Fraktion an der jetzt offenbar plötzlich eingeräumten differenzierten Genehmigungs-Praxis: Es müsse klargestellt werden, nach welchen Kriterien man bei den Abständen entscheiden wolle, so deren Energie- und umweltpolitischer Sprecher, Gernot Gruber. Es stelle csich die frage, ob der Umweltminister "ernsthaft Wohngebiete erster und zweiter Klasse" definieren wolle.

Im Fall der umstrittenen Windanlagen am Lichtenstein steht die engültige Entscheidung im Genehmigungsverfahren indessen derzeit noch aus.

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