Während der Vorbeiflugphase werden sieben wissenschaftliche Experimente Fotos, Spektren und physikalische Messwerte aufzeichnen: Neben drei optischen Geräten - dem UV-Spektrometer Alice sowie den hochauflösenden Kamerasystemen LORRI und Ralph -, befinden sich zwei Plasma-Instrumente (PEPSSI und SWAP), ein Staubdetektor (Venetia) und ein Radioexperiment (REX) an Bord. REX wird mit Radiowellen die Atmosphären sondieren, die Oberflächentemperaturen und die Einzelmassen von Pluto und Charon bestimmen. Es ist das einzige Instrument auf New Horizons, an dem mit den Planetenforschern des Rheinischen Instituts für Umweltforschung an der Universität zu Köln deutsche Wissenschaftler beteiligt sind.
Das Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die Beteiligung von Dr. Martin Pätzold an dem REX-Experiment mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. "Als so genannter Co-Investigator führen wir zwei Experimente während des Vorbeiflugs von New Horizons an Pluto durch", berichtet Pätzold, der die heiße Phase der Mission am Applied Physics Laboratory (APL) der Johns-Hopkins-Universität in Laurel (Maryland) in den USA erlebt, das die Mission für die NASA durchführt und steuert. "Wir messen Oberflächentemperaturen von Pluto und seinem Mond Charon im Mikrowellenbereich. Und wir wollen die individuellen Massen und Dichten von Pluto und Charon direkt bestimmen. Masse und Dichte geben wichtige Hinweise auf den inneren Aufbau von planetaren Körpern und ihre Entstehung", so Pätzold weiter.
Mit REX wird auch erstmals ein Experiment durchgeführt, bei dem Radiosignale von der Erde zur Raumsonde gesendet werden - üblicherweise werden Signale analysiert, die von einer Sonde zur Erde gefunkt wurden. Dieses Mal soll eine Ablenkung und Schwächung der Signale, die von der Erde durch eine möglicherweise dünne Atmosphäre von Pluto und Charon beeinflusst und dann von REX aufgezeichnet werden, Aufschluss über Temperatur und Druck der Atmosphäre in der Nähe der Oberflächen geben.
Eisige Körper, Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt
"Der etwa 2310 Kilometer große Pluto sowie sein naher und etwas kleinerer Begleiter Charon stellen für die Planetenforschung eine noch fast unbekannte Welt dar. Aus diesem Grund werden die Bilder und Messungen von New Horizons von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt mit Spannung erwartet", verdeutlicht Prof. Tilman Spohn, Direktor des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin.
Mit den Fotos erhoffen sich die Wissenschaftler, die Geologie von Pluto und Charon sowie die zugrunde liegenden Prozesse zu verstehen. Außerdem werden die Bestandteile der Oberfläche geochemisch und mineralogisch analysiert und die hauchdünne Atmosphäre aus verdampfenden Eisverbindungen untersucht. Aus geophysikalischen Messungen soll der innere Aufbau des Doppelkörpersystems Pluto-Charon entschlüsselt werden.
"Dies macht Pluto sogar zu einem Objekt für die Suche nach ökologischen Nischen, in denen die Entwicklung von einfachen Lebensformen vorstellbar wäre", sagt DLR-Planetenforscher Spohn, und ergänzt: "Pluto ist das größte bekannte Objekt des so genannten Kuiper-Edgeworth-Gürtels, einer Zone von eisigen Körpern jenseits der Bahn des Neptun in fünf bis zehn Milliarden Kilometern Entfernung zur Sonne. Ähnlich den Asteroiden und Kometen sind diese 'Eiszwerge' seit ihrer Entstehung vermutlich kaum durch geologische Prozesse verändert worden. Wie der Komet 67P 'Tschuri', den wir im Moment mit der Sonde Rosetta untersuchen, könnte uns Pluto also viel über die früheste Zeit des Sonnensystems verraten!"
Ein Einschwenken in eine Umlaufbahn ist allerdings wegen der extrem hohen Geschwindigkeit von rund 50.000 Stundenkilometern, mit der sich New Horizons Pluto nähert, technisch nicht möglich.
Das APL geht davon aus, dass die ersten Bilder von Pluto und Charon aus nächster Nähe am 15. Juli 2015 zur Verfügung stehen. Wegen der langen Signallaufzeit im Funkverkehr mit der Sonde von fast viereinhalb Stunden für die einfache Wegstrecke wird es aber noch über ein Jahr dauern, ehe alle wissenschaftlichen Aufzeichnungen aus dem Bordcomputer zur Erde übertragen sind. (DLR)
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