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Göttingen:

Gesellschaft für Bedrohte Völker appelliert an Bundesregierung: Türkei muss handeln

Stand: 28.01.15 10:00 Uhr

Nach der Vertreibung der Extremisten des so genannten "Islamischen Staates" aus Kobani fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) von der deutschen Bundesregierung, sich auch gegen den Willen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für eine Selbstverwaltung der Kurden in Nordsyrien einzusetzen.

Deutschland dürfe nicht zulassen, dass Erdogan allein über das Schicksal der kurdischen Minderheit im Nachbarland entscheide, erklärte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch am Mittwoch in Göttingen Nur wenn Kobani und die anderen beiden kurdischen Kantone Afrin und Cezire in Nordsyrien nach jahrzehntelanger Unterdrückung und Verfolgung jetzt endlich ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen dürften, würde sich die Region langfristig stabilisieren. Dass die Kurden ihr Gebiet vor den IS-Extremisten schützen könnten, hätten sie nun bewiesen.

Wenn Erdogan an seinem bisherigen Kurs festhalte und den Kurden in Syrien keine Zugeständnisse mache, solle die Bundesregierung ihre Politik gegenüber dem NATO-Partner grundlegend überdenken, sagte Zülch. Er erinnerte daran, dass die türkische Regierung den Widerstand der Kurden gegen die IS empfindlich geschwächt habe. So wurde nicht nur dringend benötigte humanitäre Hilfe für die eingekesselte kurdische Zivilbevölkerung größtenteils blockiert. Darüber hinaus würden auch IS-Extremisten aus aller Welt auf türkischem Territorium geduldet. Erschöpfte und verwundete Kämpfer könnten sich dorthin zurückziehen oder sich in türkischen Krankenhäusern behandeln lassen. Verletzte Kurden hingegen dürften nur sporadisch passieren. Einige seien sogar vor den Augen der türkischen Grenzsoldaten verblutet.

Die türkische Regierung begünstige die brutale Terrorgruppe bis heute und nehme dabei sogar den Tod unschuldiger Zivilisten billigend in Kauf, kritisierte Zülch. Nur aufgrund des wachsenden internationalen Drucks habe Ankara 160 kurdische Peschmerga-Kämpfern aus Irakisch-Kurdistan erlaubt, den Frauen und Männern in Kobani militärisch zu helfen. Kurden aus der Türkei dürften ihre Landsleute nicht unterstützen.

Die Terrororganisation „Islamischer Staat" (IS) versuchte seit Ende 2013, Kobani einzunehmen, scheiterte aber am Widerstand der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG). Mitte September 2014 traten die islamistischen Milizen zu einer Großoffensive an. Am 28. September 2014 begann der Angriff auf das Stadtgebiet. 200.000 bis 300.000 kurdische Zivilisten flohen in das benachbarte Kurdengebiet der Türkei.

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