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Berlin:

Nahles, Ministerin von "Absurdistan" - Arbeitgeberpräsident Kramer über "bürokratischen Irrsinn" im eigenen Land

Stand: 27.01.15 17:27 Uhr

27.01.2015. Obwohl die Bundesregierung vor wenigen Wochen Eckpunkte zum Bürokratieabbau beschlossen habe, stehen zwei aktuelle Fällein in krassem Gegensatz zu der erklärten Absicht, die Bürokratie im Zaum zu halten: Der Mindestlohn und die Arbeitsstättenverördnung. Das sagte Arbeitgeberpräsident Kramer, und hatte dabei das Arbeitsministerium im Blick: "Man glaubt, in Absurdistan zu sein", sagte Kramer über die Arbeit von Ministerin Nahles.

"Bürokratischer Irrsinn in Absurdistan"

BDA-Präsident Kramer sagte: "Die Bundesregierung hat vor wenigen Wochen Eckpunkte zum Bürokratieabbau beschlossen. Ein Element soll das Prinzip „one in, one out" sein: Neue Bürokratie darf nur aufgebaut werden, wenn gleichzeitig an anderer Stelle bestehende Bürokratie abgebaut wird. Zwei aktuelle Fälle stehen in krassem Gegensatz zu der erklärten Absicht, die Bürokratie im Zaum zu halten."

Zwei aktuelle Fälle stehen laut Kramer in krassem Gegensatz zu der erklärten Absicht, die Bürokratie im Zaum zu halten: "Während die Politik bei der bürokratischen Umsetzung des Mindestlohngesetzes gewarnt war, droht die Bundesregierung bei der geplanten neuen Arbeitsstättenverordnung, in die Falle der Ministerialbürokratie zu tappen."

Bei der Umsetzung des Mindestlohns habe die Bundesregierung trotz aller Warnungen aus der Wirtschaft und trotz aller kontroversen Debatten alle Einwände und Argumente in den Wind geschlagen und ihre praxisfremden bürokratischen Pläne umgesetzt: "Statt den Bürokratiedschungel etwas zu lichten, werden auch solche Betriebe, die mit dem Mindestlohn gar nichts zu tun haben und viel höhere tarifliche Löhne zahlen, mit bürokratischen Aufzeichnungspflichten belastet."

Kramer nannte Beispiele:

"Wenn ein Maurermeister eine Buchhalterin oder eine kaufmännische Geschäftsführerin halbtags beschäftigt, die pro Stunde 20 Euro bekommt, so müssten vom Arbeitgeber trotzdem für diese Mitarbeiterin künftig täglich Beginn, Ende, Unterbrechung und Dauer der Arbeitszeiten aufgezeichnet und dokumentiert werden.

Wenn in einem Backshop eine Verkäuferin stundenweise für monatlich 450 Euro arbeitet, müssen vom Arbeitgeber ebenfalls Beginn, Pause, Ende und Dauer der Arbeitszeit dokumentiert werden. Ich sehe ein, dass bei solchen Arbeitnehmern die Dauer der Arbeitszeit festgehalten werden muss. Aber warum reicht dafür nicht die Dokumentation zur Dauer der Arbeitszeit?

Wenn eine Hotelfachfrau monatlich bis zu 2.958 Euro verdient, muss ihr Arbeitgeber ebenfalls alle Aufzeichnungen zur Arbeitszeit vornehmen und dokumentieren – zuzüglich der Unterbrechungen der Arbeitszeit."

Bemerkenswert sei, "dass das Bundesarbeitsministerium die Grenze bei 2.958 Euro gezogen hat. Dieser krumme Betrag wurde mit abwegigen, praxisfernen Annahmen begründet, die es so in Deutschland nirgends gibt. Unterstellt wird nämlich ein Arbeitnehmer, der für den Mindestlohn von 8,50 Euro zwölf Stunden am Tag und 29 Tage im Monat arbeiten muss. Ich kenne nicht einen Beschäftigten, für den so etwas gilt."


„One in, one out" wäre, so Kramer, eine geeignete Maßnahme, damit die überbordende Bürokratie jedenfalls nicht weiter zunimmt. Bei der Umsetzung des Mindestlohns wurde gegen dieses richtige Ziel verstoßen. Mit der geplanten neuen Arbeitsstättenverordnung drohe einmal mehr zusätzliche Bürokratie. Dann hieße es: „two in, nothing out".

Im Unterschied zur Umsetzung des Mindestlohns sei die geplante Arbeitsstättenverordnung nie Gegenstand der politischen Debatte gewesen: "Die Politik hat nicht erkannt, welche Brisanz und welcher bürokratische Aufwand hinter Paragraphen stecken, die harmlos klingende technische Details beschreiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Politik die Folgen tatsächlich zu Ende gedacht hat, die sich aus dem vorliegenden Verordnungsentwurf ergeben."

Kramer sagte: "Kann die Politik wirklich wollen, dass Arbeitgeber demnächst auch Telearbeitsplätze beim Arbeitnehmer zu Hause überprüfen? Dass die Arbeitgeber prüfen müssen, ob am Telearbeitsplatz die Sonne blendet, ob die Beleuchtung mindestens 500 Lux beträgt? Dass die Arbeitgeber vor Ort kontrollieren, ob an einem solchen Telearbeitsplatz der Raum durch den laufenden Computer nicht zu warm wird und ob der Schreibtisch groß genug ist, um vor der Tastatur des PC ein Auflegen der Handballen zu ermöglichen? Das alles ist kein Scherz, sondern so im Verordnungsentwurf nachzulesen."

Künftig soll nach der neuen Verordnung auch ein Archiv oder ein Abstellraum, den ein Beschäftigter höchstens zwei oder drei Mal im Jahr betritt, eine Raumtemperatur von mindestens 17 Grad Celsius aufweisen, sagte Kramer: "Bisher galt ein solcher Ort nicht als Arbeitsplatz. Jetzt sollen auch solche Orte als Arbeitsplätze eingestuft werden."

Kramer sagte weiter:

"Man glaubt, in Absurdistan zu sein. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind wichtig. Wir sind international Vorbild auf diesem Gebiet. Ist es tatsächlich Wille der Politik, dass nach der neuen Verordnung jeder Arbeitgeber jeden Arbeitnehmer an jedem Arbeitsplatz jedes Jahr aufs Neue über Gefahren informieren und dies auch dokumentieren soll, auch wenn sich nichts verändert hat?

Man glaubt es nicht, aber der Bundesrat fordert für diese neue Verordnung jetzt auch noch für jeden Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eine abschließbare Kleiderablage. Ich bin gespannt, ob künftig in jeder Behörde für jeden Mitarbeiter ein neuer, abschließbarer Kleiderschrank angeschafft wird."

Die Bundesregierung habe die Chance, diese Arbeitsstättenverordnung zu stoppen. Wenn sie weiter glaubhaft von Bürokratieabbau sprechen wolle, müsse sie den völlig unrealistischen und praxisfernen Plänen der Ministerialbürokratie entgegentreten. "In einem nächsten Schritt wäre es ebenso mutig wie richtig, bereits getroffene Entscheidungen kritisch zu überprüfen und die allzu bürokratische Umsetzung des Mindestlohns zu korrigieren. Es ist erfreulich und wichtig für den Standort Deutschland, dass die Bundeskanzlerin hier Änderungen in Aussicht stellt."

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