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Stuttgart / Feuerbach:

Förderbescheid über 1,75 Mio. Euro: Boden muss 12 Meter tief ausgetauscht werden - Land fördert Altlastensanierung des Schoch-Areals

Stand: 02.12.14 19:36 Uhr

Umweltminister Franz Untersteller hat auf dem Schoch-Areal in Stuttgart Oberbürgermeister Fritz Kuhn einen Förderbescheid des Landes in Höhe von rund 1,75 Millionen Euro überreicht. Das Land fördert den Beginn der Altlastensanierung des Areals. Das rund 1,4 Hektar große Areal weist erhebliche Boden- und Grundwasserverunreinigungen auf. Damit die Kontaminationen beseitigt werden können, ist nach dem Rückbau aller Gebäude ein großflächiger Bodenaustausch notwendig, zum Teil bis in eine Tiefe von zwölf Metern.

Eine bereits laufende Grundwassersicherung sorgt dafür, dass von der Altlast keine Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger ausgeht. Die Gesamtkosten hierfür werden auf knapp 20 Millionen Euro geschätzt.

Mit dem jetzigen Zuschuss fördert das Land 75 Prozent der Kosten von über 2,4 Millionen Euro für Vorbereitungsmaßnahmen und die Grundwassersicherung über fünf Jahre. „Ich freue mich, dass ich hiermit den Beginn dieser wichtigen Altlastensanierung einläuten kann", erklärte der Umweltminister.

Das Schoch-Areal belege, dass es unsere Gesellschaft noch auf lange Sicht erhebliche finanzielle Anstrengungen kosten werde, das ungewollte Erbe des technischen und industriellen Fortschritts der letzten 100 Jahre zu beseitigen, sagte Franz Untersteller weiter. Dabei könnten sich die Städte und Gemeinden auf die Unterstützung der Landesregierung verlassen:

„Wir werden den Kommunen im Land auch weiterhin zur Seite stehen wenn es heißt, Gefahren für das Grundwasser dauerhaft zu beseitigen, die oft in attraktiver Innenstadtlage gelegenen Flächen wieder sinnvoll zu nutzen und einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauchs zu leisten", so der Minister.

Im Jahr 2014 stellt die Landesregierung den Städten und Gemeinden hierfür insgesamt über 14 Millionen Euro zur Verfügung. „Mit über 1,75 Millionen Euro stellt der Zuschuss für die Altlast Schoch-Areal eine der größten und wichtigsten Förderungen des Jahres dar", betonte Umweltminister Untersteller.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn: „Dieser Zuschuss des Landes verdient ein besonderes Dankeschön. Das Geld ist sinnvoll angelegt, denn auf dem alten Industriegelände wollen wir ein neues und lebendiges Stadtquartier mit Wohnungen für rund 350 Menschen entwickeln."

2016/2017 solle mit der Bebauung begonnen werden. Kuhn weiter: „In Stuttgart gibt es über 3.000 erfasste Altlastenflächen. Bei den knappen Flächen in Stuttgart, wäre es für uns eine große Chance, wenn es uns gelänge, die Flächen in Bauland für Wohnungen und Gewerbe umzuwandeln."

Hintergrundinformationen zur Geschichte und Zukunft des „Schoch-Areals"

Die Sanierung des hoch kontaminierten Schoch-Areals bildet den Auftakt zur städtebaulichen Sanierung dieses Stadtquartiers in Feuerbach.

Das neue Quartier am Wiener Platz wird Feuerbach beleben und weitere positive Entwicklungen anstoßen. Stuttgart setzt zur Erhaltung der Lebensqualität und zur Schonung wertvoller Böden auf die Innenentwicklung. Das Altlastensanierungsprojekt „Schoch-Areal" ist dazu ein wichtiger Beitrag.

In Stuttgart sind 3.102 Altlastenverdachtsflächen und Altlastenflächen unterschiedlicher Größe erfasst. Für 1.140 Flächen besteht Untersuchung-, Sanierungs-oder Kontrollbedarf. Das Schoch-Areal ist eine dieser Flächen.

Die Kosten für die Sanierung(rund 22 Mio. €) übersteigen den eigentlichen Grundstückswert (5,4 Mio. €). Der Gebäudeabriss kostet 2,6 Mio. € und die Boden-und Grundwassersanierung 19,4 Mio. €. Hinzu kommen Kosten für die laufende Grundwassersicherung.

„Tor zu Feuerbach"

Das Areal ist 14.000 m² groß und befindet sich am Wiener Platz gegenüber dem S-Bahnhof Feuerbach. Es könnte sich auch dank seiner Lage zum„Tor zu Feuerbach"entwickeln. Dazu müssen zunächst die Lager-und Produktionshallen abgerissen werden.

Die industrielle Fertigung verursachte im Lauf der Jahre erhebliche Verunreinigungen der Gebäudesubstanz, aber auch des Bodens und des Grundwassers mit Chromat und CKW.

2006 hatte die Stadt – gefördert durch das Bundesforschungsministeriums – dieRevitalisierung des Areals geprüft. Dabei entwickelte sie auchstädtebauliche Überlegungen, Studien für die Entwicklung des Umfelds, ein erstes Altlastensanierungskonzeptund eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Zur Umsetzung der Ideen hat die Stadt das Gelände schließlich erworben.

Bürger und Architekten entwickelten Ideen

Mit EU-Fördergeldern wurde 2011/2012 u.a. eine Bürgerbeteiligung durchgeführt. In die Planungen zur Neuentwicklung des Standorts wurden auch die Flächen der Fa. Klumpp im Norden,das ehemalige Postgebäudeim Osten, sowie die westliche Erweiterung des Bahnhofsvorplatzes einbezogen – insgesamt ein Gebietvon rund drei Hektar.

Der Bürgerbeteiligung folgte 2012 ein städtebaulicher Planungswettbewerb, den das Architekturbüro Schüler (Düsseldorf) in Kooperation mit den Landschaftsarchitekten Faktorgrün (Freiburg) gewann.

Ihr Vorschlag sieht eine Entwicklung des Arealszum „Quartier am Wiener Platz" als Mischgebiet mit Gewerbeanteil und Wohnen vor. Geschichtlicher HintergrundDie industrielle Entwicklung des Areals begann 1925, als die Gebrüder Schoch einenBetrieb zur Metallveredelung gründeten, der sich auf die Hartverchromung spezialisierte.

Im zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude teilweise zerstört und danach wieder aufgebaut. Mitte der 1970er Jahre wurden extrem hohe Chromat-Werte auf dem Gelände von bis zu 1.870 mg/l gemessen. Hauptursache dafür war den Einsatz von Chromsäure in den zahlreichen Tauchbecken zur Hartverchromung. Mitte der 1980er Jahre wurden in den Grundwassermessstellen auf dem Betriebsgelände der Firmen Schoch auch hohe CKW-Konzentrationen im Grundwasser festgestellt.

Die Untersuchungen zeigten, dass die CKW-Einträge auf dem Betriebsgelände stattgefunden hatten. Der Eigentümer bestritt die Verursachung der Schadstoffeinträge. Daraus entwickelte sich Rechtsstreit, der sich erst nach Einstellung des Betriebes 2004 klärte. Dann konnte die Herkunft der massiven Chromat-und CKW-Verunreinigungen zweifelsfrei belegt werden.

Werte zehntausendfach überschritten

Die Untersuchungen waren komplex, so dass 2011 und 2012 der Boden und Gebäudebestand ergänzend untersucht wurden. Dabei wurden zusätzliche kontaminierte Bereiche in Gebäudesubstanz, Auffüllungen, Boden und Grundwasser mit LCKW und Chromat festgestellt.

Die Chromat-Konzentrationen im Grundwasser erreichen Werte von bis zu 111.000 μg/l und überschreiten den Prüfwert um das 14-tausendfache. Die LCKW Konzentrationen überschreiten mit bis zu 4.900 μg/l den Prüfwert um fast das 500-fache.

Von 1975 bis 1978, von 1982 bis 2007 und seit August 2011 wird kontaminiertes Grundwasser abgepumpt und über eine Anlage gereinigt. Das verunreinigte Grundwasser wird über vier ca. 10 bis 15 Meter tiefe Brunnen abgepumpt und der Reinigungsanlage zugeführt. Seit August 2011 wurden über 100 kg LCKW und 1.000 kg Chromat aus dem Grundwasser entfernt. Die Stadt hat nun einen umfassenden Überblick über die Schadstoffsituation bei Gebäudesubstanz, Boden und Grundwasser.

Klar ist, dass große Teile des Bodens ausgetauscht werden müssen, zum Teil 12 Meter tief. Dabei fallen rund 100.000 t Aushub an, der fachgerecht zu entsorgen ist. Der Boden ist in Teilen so stark belastet, dass er erst nach Vorbehandlung der Entsorgung zugeführt werden kann.

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