Gute Stimmung am Montag in Reutlingen. Denn das Klinikum am Steinenberg darf seine Frühchenstation auch über das Jahr 2023 hinaus in der aktuellen Form betrieben, obwohl diese die vorgegebene Mindestmenge an Frühchen pro Jahr nicht erreicht hat.
"Das Sozialministerium hat verlautbaren lassen, dass man uns weiterhin als versorgungsrelevant sieht und wir einen Ausnahmegenehmigungsantrag stellen können, was wir umgehend getan haben und damit auch über den 01.01.2024 hinaus das Level 1 Zentrum für Frühchen erhalten können" sagte der Geschäftsführer der Reutlinger Kreiskliniken, Dominik Nusser.
Das Level legt in diesem Fall fest, ab welchem Alter die Frühchen auf der Station behandelt werden dürfen. Das Level 1-Station hat hier die meisten Möglichkeiten.
"Das bedeutet ein Zentrum, das dieses Prädikat hat, darf alle Frühgeborenen versorgen, also wirklich die aller Kleinsten. In der Regel ist die Lebensfähigkeit ab ungefähr der abgeschlossenen 23 Woche gegeben. Aber natürlich sind die Kinder dann immer noch extrem gefährdet" so Peter Freisinger, der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Deshalb versuche man auch, die Geburt von Frühchen immer so weit wie möglich hinauszuzögern. Dass die Einordnung der Wichtigkeit einer Frühchenstation trotzdem an Zahlen ausgedrückt wird, sehen einige kritisch. Unter anderem auch Sabine Dörr vom Verein „Frühchen e.V. Reutlingen:"
"Man kann die Zahlen insofern nicht zugrunde legen, wenn es um die Anzahl von zu früh geborenen Kindern hier auf Station geht. Man muss auch die Anzahl der Mütter hinzu nehmen, die die Frühgeburtlichkeit eben verschoben bekommen haben – durch den Einsatz der Geburtshelfer und der Betreuung, die man eben hier im Klinikum hat."
Diese wird in diesem Zusammenhang gar nicht erfasst, was auch Freisinger kritisiert. Der GBA – also der gemeinsamen Bundesausschuss – schreibt für eine Level 1-Station 25 Frühgeburten im Jahr mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm vor.
"Wir hatten im Jahr 2021 tatsächlich 21 Frühchen mit diesem Gewicht, wir hatten im Jahr 2022 allerdings nur 15 und das Jahr 2022 war sozusagen das Stichjahr" so Freisinger.
"Es gibt einmal ein Risiko natürlich, dass wenn die Mutter noch verlegt wird und möglicherweise nicht mehr verlegungsfähig ist, dass die Geburt auf dem Transport stattfindet, das ist das eine ... " ergänzte Freisinger.
Außerdem müssten Kinder, die beispielsweise auf einer Level 2-Station behandelt werden, im Zweifel schnellstmöglich auf eine Level 1-Station gebracht werden, was aufgrund der Belastung ebenfalls gefährlich ist. Umso mehr waren die Beteiligten erleichtert, dass die Station in Reutlingen jetzt doch weiter bestehen darf.
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