Reutlingen:

Warum sich die IHK Reutlingen gegen ein EU-weites Pauschalverbot von PFAS ausspricht

Stand: 22.11.23 15:16 Uhr

PFAS (sprich: Pe-Fas), das sind Chemikalien auf der Basis von Fluor. Da sie sehr stabil sind und deshalb in der Umwelt nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden, nennt man sie auch „Ewigkeitschemikalien“. Zudem stehen einige dieser Chemikalien im Verdacht, krebserregend zu sein. Die Europäische Union will PFAS deswegen verbieten. Doch die IHK Reutlingen schlägt dagegen Alarm. Ihre Botschaft: PFAS sind 10.000 verschiedene Substanzen, und ein Pauschalverbot würde der Wirtschaft schaden, insbesondere auch in der Region Neckar-Alb.

PFAS in Löschschaum ist umweltschädlich und deshalb verboten. Und auch Skiläufer dürfen beim Wachsen nicht mehr auf PFAS-Produkte zurückgreifen. Doch PFAS ist noch sehr viel mehr. So wird es beispielsweise bei der Herstellung von Solarzellen gebraucht. Und auch minimal-invasive Chirurgie wäre ohne PFAS undenkbar.

In der Region Neckar-Alb wären von einem PFAS-Verbot fast alle Branchen betroffen. "Ja, welche nicht, sage ich mal?" sagte Dr. Stefan Engelhard von der IHK Reutlingen. "Jeder Industriebetrieb hat da letztendlich auch was damit zu tun, jede Lüftungsanlage, die einen Reinraum belüftet, legt letztendlich belüftete PFAS-Rohre, die dort sind, damit man dort die Luft reinhält, genauso die Automobilzulieferer."

Die nämlich brauchen PFAS für Schläuche bei Verbrennungsmotoren oder neue Antriebskonzepte wie die Brennstoffzelle. In der Medizintechnik wären Herz-Lungen-Maschinen und Stents ohne PFAS undenkbar, in der Elektrotechnik geht es um Chips, Halbleiter, Kabel und Gehäuse, und in der Textilindustrie wird PFAS für Schutzkleidung für Polizei oder Feuerwehr benötigt.

Die IHK Reutlingen wehrt sich deshalb gegen ein pauschales PFAS-Verbot, wie es gerade von der Europäischen Union geplant ist. "Wir setzen uns ganz klar für eine Risikobetrachtung ein von diesen einzelnen Stoffen und auch von diesen einzelnen Anwendungen, und dann muss man das abwägen Nutzen zu Risiko", so Engelhard.

Ein Ersatz für PFAS sei nicht vorhanden, so die IHK. Dadurch drohe die Abwanderung der Produktion in Nicht-EU-Länder. Der Schaden sei immens – und das auch schon jetzt. Das Kind sei schon in den Brunnen gefallen, sagte Dr. Stefan Engelhard. Denn die Planungshorizonte seien sehr hoch, und Investitionen seien nicht getätigt worden.

Bis Montag lief das öffentliche Konsultationsverfahren. Zahlreiche Unternehmen aus der Region haben dabei ihre Unterlagen zu ihren Produkten eingereicht. Mit zehn Unternehmen zusammen hat die IHK eine umfangreiche Stellungnahme erarbeitet. Wie das Verfahren letztendlich ausgeht und ob das PFAS-Verbot kommt, ist offen.