James Ensor: Der Einzug Christi in Brüssel | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Kunstmuseum | Spendhaus zeigt Werke von James Ensor (1860 - 1949)

Stand: 03.02.23 15:09 Uhr

Der belgische Künstler James Ensor gehört zu den Wegbereitern der Moderne. In mehr als siebzig Jahren schuf er ein umfangreiches Werk mit 900 Gemälden und knapp 4.000 Zeichnungen. Dabei lassen sich seine Werke keiner Kunstrichtung des 19. oder 20. Jahrhunderts zuordnen. Ensor verfolgte stets seinen eigenen Stil - und der war geprägt von skurrilem Humor und Elementen des Phantastischen. Das Kunstmuseum | Spendhaus in Reutlingen zeigt mehr als hundert seiner Radierungen aus der Sammlung von Yves Decker.


Im Jahr 1888 zeichnet James Ensor sich selbst, wie er sich im Jahr 1960 sieht als Skelett. Skelette und Totenköpfe begegnen einem in den Arbeiten Ensors immer wieder. Aber genauso faszinieren ihn auch Masken. Das Verkleiden, das Verstellen, bis in späteren Schaffensperioden die Masken mit ihren Trägern immer mehr verschmelzen und sie zu skurrilen, fantastischen Figuren werden.

"Er ist quasi aufgewachsen in einem Laden mit Figuren und Masken und die Masken waren aus Papmaché für den Ostender Karneval", sagte Dr. Ina Dinter, Museumsleiterin, Kuratorin und selber einer James-Ensor-Kennerin. "Die konnte man dort kaufen, aber es gab auch groteske Figuren, Fische mit Feenschwänzen und Muscheln aller Arten, und Ensor ist in diesem Kosmos aufgewachsen, und ich denke, das hat seine Werke doch beeinflusst."

Auch zu sehen: Kostümvorlagen für die Ballettpantomime La Gamme d'Amour, Die Liebestonleiter, zu der Ensor auch das Libretto geschrieben und die Musik komponiert hatte. Immerhin wurde das Stück zu Lebzeiten in Opernhäusern in Antwerpen, Brüssel und Lüttich aufgeführt.

Daneben kritisierte Ensor mit spitzer Feder aber auch das Geschehen seiner Zeit wie zum Beispiel das Gebaren der Ärzte. Nachdem er aber gemerkt hatte, dass er mit Karikaturen nichts erreichen konnte, engagierte er sich selbst für das, was ihm wichtig war.

"Er war politisch aktiv vor allem auf lokaler Ebene", so Dinter, "hat sich sehr stark eingesetzt zum Beispiel für den Erhalt einer Kirche, für den Erhalt der Dünen, worin er leider nicht erfolgreich war, aber auch für den Erhalt der Hafenbecken in Ostende, die aufgrund seiner Petition auch immer noch genauso aussehen, wie sie damals ausgesehen haben, und er hat sich auch sehr stark im Tierschutz engagiert."

Auch religiöse Motive findet man bei Ensor immer wieder. Und das, obwohl er nicht an Gott glaubte. Doch Christus übte auf ihn eine große Faszination aus. Das sieht man auch an einem der bekanntesten Werke – hier als kleine Druckgraphik: der Einzug Christi in Brüssel.

"Er hat sich selber auch als Christus inszeniert, weil Christus auch eine Symbolfigur war", sagte Ina Dinter. "Eine Figur, die sehr stark auch dem Künstlergenie des 19. Jahrhunderts entsprach, und er hat Jesus Christus als auch als den sozialen Reformer eigentlich gesehen, als den ihn die Sozialisten in Belgien damals auch betrachtet haben."

Auch den sieben Todsünden hat sich Ensor mit einer eigenen Reihe gewidmet. Was aber vor allem auffällt, ist die sehr feine, filigrane Ausführung der Werke und eine große Liebe zum Detail. So gibt es in Ensors Werken viel zu entdecken. Die Ausstellung ist noch bis zum 25. Juni im Kunstmuseum | Spendhaus in Reutlingen zu sehen.

WERBUNG:



Seitenanzeige: