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Reutlingen:

Ermittlungen wegen Mordverdachts: Dramatische Wendung im Pflegeheim-Feuer mit 3 Toten

Stand: 18.01.23 22:39 Uhr

Drei Menschen starben gestern bei einem Brand im Reutlinger Pflegeheim GP.rt. Nun gibt es eine dramatische Wendung: Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen Mordverdachts. Im Focus stehe eine 57-jährige bei dem Brand schwer verletzte Frau.

Nach dem Brand in einem sozialpsychiatrischen Fachpflegeheim in der Oberlinstraße am Dienstagabend in Reutlingen ermitteln die Staatsanwaltschaft Tübingen und das Kriminalkommissariat Reutlingen zwischenzeitlich gegen eine 57 Jahre alte Bewohnerin wegen des Verdachts des dreifachen Mordes und elffachen Mordversuchs.

Das teilten Staatsanwaltschaft Tübingen und des Polizeipräsidiums Reutlingen in einer gemeinsamen Presseinfo mit:

"Den derzeitigen Ermittlungen zufolge war der Brand am Dienstagabend, gegen 19.40 Uhr, im Zimmer der Frau in einer der Wohngruppen im Obergeschoss des Gebäudes ausgebrochen. In der Folge ergab sich der dringende Verdacht, dass die 57-Jährige das Feuer gelegt haben könnte. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen und Untersuchungen durch die Experten der Spurensicherung, in die auch ein Sachverständige des Landeskriminalamts Baden-Württemberg einbezogen sind, dauern noch an. Ebenso ist auch ein mögliches Tatmotiv der an einer psychischen Erkrankung leidenden Frau noch Gegenstand der Ermittlungen.

Die 57-Jährige, die bei dem Feuer selbst schwer verletzt wurde, ist derzeit noch nicht ansprechbar und wird in einer Spezialklinik behandelt. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob auch unter Beachtung des gesundheitlichen Zustands der Beschuldigten, die Voraussetzungen für eine einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorliegen.

Wie bereits berichtet, verloren bei dem Brand eine 53-jährige Frau und zwei 73 und 88 Jahre alte Männer Ihr Leben. Nach derzeitigem Stand ist als Todesursache von einer Rauchgasintoxikation auszugehen. Elf weitere Bewohner hatten leichte Verletzungen davongetragen. Die anderen der insgesamt 37 Bewohner der Einrichtung und fünf anwesende Pflegekräfte waren unverletzt geblieben. In die vom Brand nicht betroffenen Wohnbereiche konnten die Bewohner teilweise wieder zurückkehren."

Bei dem Brand in einem sozialpsychiatrischen Fachpflegeheim in der Oberlinstraße starben Dienstagabend in Reutlingen drei Personen. Insgesamt zwölf Personen wurden  verletzt, eine davon schwer. Noch in der Nacht zum 18. Januar 2023 teilte das Polizeipräsidium Reutlingen in einer Presseinfo mit:

"Der Brand war nach derzeitigen Erkenntnissen im Obergeschoss des zweigeschossigen Gebäudes, in dem Personen unterschiedlichen Alters in mehreren Wohngruppen leben, ausgebrochen

Zum Zeitpunkt des Brandausbruchs befanden sich der Polizei zufolge 37 Bewohner und fünf Pflegekräfte in dem Gebäude.

Um 19.43 Uhr ging der Alarm über die automatische Brandmeldeanlage bei der integrierten Leitstelle der Feuerwehr und des Rettungsdienstes ein. Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei rückten mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften zu dem Pflegeheim aus, wo der mit starker Rauchentwicklung einhergehende Brand im Obergeschoss festgestellt und gelöscht wurde.

Drei Bewohner, eine 53-jährige Frau und zwei Männer im Alter von 73 und 88 Jahren, konnten nur noch tot geborgen werden. Eine 57-jährige Frau wurde schwer verletzt;" Stand 01.00 Uhr erlitten elf Personen leichte Verletzungen.

"Die Verletzten wurden vom Rettungsdienst in umliegende Kliniken eingeliefert.

Die leicht verletzten Personen wurden nach Untersuchung und Behandlung in eine psychiatrische Fachklinik überstellt und dort weiter betreut. Der vom Brand betroffene Teil des Gebäudes ist nicht mehr bewohnbar. Der entstandene Sachschaden in vermutlich sechsstelliger Höhe kann noch nicht genau beziffert werden.

Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen"

Auf facebook schreibt die Stadt Reutlingen: 

"Um 19.43 Uhr ging der Notruf über die automatische Brandmeldeanlage des Hofguts Gaisbühl im Ringelbach ein. Nur sechs Minuten später traf der erste von zwei Löschzügen der Feuerwehr Reutlingen vor der betreuten Wohngruppe der Gemeindepsychiatrie Reutlingen (GP.rt) ein. Für drei Bewohner kam trotzdem jede Hilfe zu spät. Zwei weitere Personen wurden schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Ein schwarzer Abend für die Stadt Reutlingen", sagte Oberbürgermeister Thomas Keck, der wenig später am Einsatzort eintraf. Auch den insgesamt 61 Feuerwehrleuten sowie rund 40 weiteren Helfenden stand der Schock ins Gesicht geschrieben. „Als wir am Einsatzort eintrafen, saß eine Person mit rußgeschwärztem Gesicht vor der Eingangstür", schilderte Feuerwehr-Einsatzleiter Martin Reicherter die Situation vor Ort.

Betreuer berichteten von einem Brand im Obergeschoss des zweigeschossigen Gebäudes, einer Einrichtung der Eingliederungshilfe mit insgesamt vier Wohngruppen für jeweils acht Personen. Hinweise auf fünf Kinder, die sich ebenfalls in der betroffenen Wohngruppe aufhalten sollten bewahrheiteten sich nicht. Beim Eintreffen der Feuerwehr war das Feuer selbst bereits weitgehend erloschen, der Zustand der Räumlichkeiten ließ aber auf eine hohe Intensität schließen. Drei Menschen waren bereits einer Rauchgasinhalation erlegen, zwei weitere waren lebensgefährlich verletzt, so der leitende Notarzt Dr. Jörg Uwe Renz.

Das Feuer hatte sich offenkundig auf einen Raum beschränkt, dennoch mussten 20 weitere Türen geöffnet, weitere Räume durchsucht werden. Insgesamt waren 16 Bewohnerinnen und Bewohner des Fachpflegeheims für psychisch kranke ältere Menschen betroffen, elf Personen konnten nach eingehenden Untersuchungen ins naheliegende PP.rt, eine Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, verbracht werden, wo sie zur Stunde betreut werden, sagte Prof. Gerhard Längle, Leiter der Einrichtung auf dem Gaisbühl: „Wie genau die Situation entstanden ist, können wir noch nicht sagen".  Aber es sei eine katastrophale Situation für die Bewohner und  Mitarbeiter.

OB Keck und Landrat Fiedler erschüttert

„Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Verstorbenen sowie bei den Schwerverletzten", so Oberbürgermeister Thomas Keck.

Landrat Dr. Ulrich Fiedler betonte: „Bei aller Betroffenheit bin ich sehr dankbar zu sehen, wie die Einsatzkräfte aus dem Landkreis und darüber hinaus in hoher Qualität zusammenwirken."

Feuerwehrbürgermeister Roland Wintzen hob die sehr gute Zusammenarbeit der Rettungskräfte und der Mitarbeitenden der GP.rt hervor. Die Brandursache ist zur Stunde unbekannt. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Alarmiert wurden alle angrenzenden Rettungsdienstbereiche über die Oberleitstelle Baden-Württemberg, die jeweils mindestens zwei Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug schickten."

Das ZDF berichtete in den frühen Morgenstunden: "Nach dem Brand mit drei Toten in einem Pflegeheim im baden-württembergischen Reutlingen schwebt niemand mehr in Lebensgefahr. Vor Ort habe sich die Lage noch dramatischer dargestellt, aber im Krankenhaus habe es dann vorsichtige Entwarnung gegeben, sagte ein Polizeisprecher am frühen Mittwochmorgen."

Der Reutlinger Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Grünen Landtagsfraktion Thomas Poreski teilte mit: "Der schreckliche Brand im Pflegeheim der BruderhausDiakonie erfüllt mich mit tiefer Trauer. Meine herzliche Anteilnahme gilt den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern und deren Angehörigen. Zudem fühle ich - nicht zuletzt als ehemaliger Heimleiter - mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung sowie deren Leitung. Ihnen allen wünsche ich viel Kraft und auch die notwendige Unterstützung bei ihrer Trauer und Aufarbeitung."

Auch die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Reutlingen zeigten sich zutiefst betroffen über den Brand im Reutlinger Pflegeheim. Sie teilten mit:

"Am Morgen nach dem schrecklichen Brand in einem Reutlinger Pflegheim für psychisch kranke Menschen sind die Abgeordneten des Wahlkreises Reutlingen immer noch schockiert und zutiefst traurig. " Was am Abend in Reutlingen passiert ist, ist eine Katastrophe. Wir sind fassungslos", so die Abgeordneten Michael Donth (CDU), Pascal Kober (FDP), Jessica Tatti (Die Linke) und Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen).

Alle Reutlinger Abgeordnete haben in Berlin von dem Drama erfahren, wo sich die Parlamentarier zur ersten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages 2023 aufhalten. Die Abgeordneten kennen die Einrichtung der Bruderhaus Diakonie persönlich und schätzen die gute Arbeit, die dort schon seit vielen Jahren mit großem Engagement geleistet wird.

"Unsere Gedanken sind bei den Opfern und Verletzten, ihren Familien, Freunden und Angehörigen" erklärten die vier Abgeordneten gemeinsam.

Sie betonten weiter: "Die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner in dieser Spezialeinrichtung schon während des Einsatzes und auch nach der Katastrophe verlangt von den Einsatzkräften und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr viel, das hat unseren höchsten Respekt. Es ist für alle Rettungskräfte nicht nur eine körperliche, sondern auch eine enorme psychische Belastung. Die Feuerwehr, die Hilfsdienste, Ärztinnen und Ärzte sowie alle Helferinnen und Helfer haben gestern Abend alles gegeben, um Leben zu retten und noch Schlimmeres zu verhindern".

"Unsere Gedanken sind besonders auch bei dem Personal der Bruderhaus Diakonie, die die Bewohnerinnen und Bewohner mit viel Herz und Engagement betreuen. Sie müssen mit dieser schwierigen Situation umgehen. Sie brauchen jetzt ausreichend Unterstützung und Begleitung", hoben die Abgeordneten weiter hervor. "Wir hoffen, dass alle Verletzten schnell wieder gesund werden und wünschen allen Beteiligten viel Kraft bei der Bewältigung des traumatischen Erlebnisses", so die Abgeordneten."

Der Brand war am Dienstag Abend gegen 19:44 bei Polizei und Rettungskräften gemeldet worden. Offenbar sprang eine automatische Brandmeldeanlage an.

„Es gibt zahlreiche Leicht- und Schwerverletzte. Leider müssen wir nach jetzigem Stand auch von drei Toten ausgehen. zitierte  BILD am späten Abend Polizeisprecherin Andrea Kopp vom Polizeipräsidium Reutlingen: "In dem vom Brand betroffenen Haus befinden sich mehrere Apartments, in denen die Bewohner in Wohngruppen zusammenleben", so Kopp. Es sei "ein sehr tragisches Unglück".

Die drei Todesopfer starben an einer Rauchgasvergiftung, berichtete der SWR am Abend.

„In dem vom Brand betroffenen Haus befinden sich mehrere Apartments, in denen die Bewohner in Wohngruppen zusammenleben", sagte die Polizeisprecherin Andra Kopp am Abend gegenüber BILD.

In Medienberichten war am Abend von mindestens 2 Schwerverletzte und mehrere Leichtverletzte die Rede gewesen:  Ein Großaufgebot von Polizei und Feuerwehr sei vor Ort. Die Rettungskräften hätten 3 Leichen geborgen, hieß es.

Das Fachpflegeheim der GP.rt  befindet sich einer Mitteilung der Polizei zufolge im Bereich Oberlinstraße / Ringelbachstraße in Reutlingen. Die erste Meldung  zum Brand ging um 19:44 Uhr ein bei Polizei und Rettungskräften ein.

Brand in Patientzimmer im 1. Stock

Der Brand brach im 1. Stock in einem Wohnbereich aus und sei auf ein Patienenzimmer begrenzt  gewesen", berichtete  FOCUS am Abend unter Bezug auf den Einsatzleiters der Feuerwehr.

„Es war eine enorme psychische Belastung auch für die Trupps, die da drin waren. Wir haben unsere psychologische Nachsorge alarmiert", zitiert FOCUS Martin Reicherter von der Reutlinger Feuerwehr.

Erschüttert zeigte sich auch Oberbürgermeister Thomas Keck (SPD): „Es ist ein schwarzer Abend für Reutlingen", wird der Reutlinger OB, der noch am Abend eine Pressekonferenz vor Ort abhielt,  von mehreren Medien zitiert. Der Geschäftsführer der Einrichtung, Gerhard Längle, sagte demnach: „Es ist schlichtweg eine Katastrophe."

Die Ursache des Brandes sei noch unklar, berichtet der Reutlinger Generalanzeiger unter Bezug auf Polizeisprecherin Kopp: Das Feuer sei mittlerweile gelöscht;  die Feuerwehr sei noch mit Nachlöscharbeiten zugange. Der Brandort sei weiträumig abgesperrt.

Erstveröffentlichung: 18.01.2023-14:58

Stand: 18.012023-15:07

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