Landrat Joachim Walter | Bildquelle: RTF.1

Landkreis Tübingen:

Viel Arbeit für wenig Leute: Rückblick 2022 und Ausblick 2023

Stand: 15.01.23 13:41 Uhr

Joachim Walter, Landrat des Kreises Tübingen, sieht die Chance, dass das Jahr 2023 ein gutes Jahr werden wird. Die Zeit bisher seit 2015 hat das Kreisoberhaupt als Dauerkrise wahrgenommen, und die Verwaltung käme schon auf dem berühmten Zahnfleisch daher, so Walter. Denn neben Krieg, Corona und Inflation schwelt schon seit Jahren eine ganz andere Krise im Hintergrund: die der Demographie. Diese führt nicht nur zu Fachkräftemangel sondern generell zu Mangel an Arbeitskräften. Schon jetzt müssen mehrere Stellen mehrfach ausgeschrieben werden, damit sie überhaupt besetzt werden. Unser Jahresrückblick und Ausblick für den Landkreis Tübingen.


Das Tübinger Landratsamt war zwischen den Jahren geschlossen. Genauer gesagt: zwischen Weihnachten und Neujahr. Der Grund dafür: Mit den Schließzeiten wollte die Behörde einfach Energie sparen. Doch ganz so einfach war es nicht.

„Es lief beispielsweise die E-Auto-Förderung aus", berichtet Landrat Joachim Walter im RTF.1-Jahresinterview. „Es gab viele, die hatten ihren KfZ-Schein noch nicht und ihren Brief, mit dem konnte man ja auch, ohne das Auto schon vorzuzeigen, zulassen, und haben dann als Sonderservice einen halben Tag aufgemacht, und dann konnten wir alle notwendigen Zulassungen machen."

Doch seit dem zweiten Januar ist hier wieder voller Betrieb. Und das muss auch so sein. Denn die Arbeit geht dem Tübinger Landratsamt nicht aus. Seit 2015 ist Dauerkrise. Erst die Flüchtlinge, dann Corona und jetzt der Krieg in der Ukraine und damit wieder mehr Flüchtlinge.

Die Unterbringung war weniger das Problem. Der Landkreis bereitete die Kreissporthalle für Geflüchtete vor, konnte sie dann aber wieder dem Sport zurückgeben. Im ehemaligen Hotel Convita in Rottenburg konnten neue Flüchtlingsunterkünfte geschaffen werden. Hinzu kamen Privatwohnungen.

 

"Auf dem Zahnfleisch": Personalmangel im Landratsamt

Das Problem war vielmehr der Personalmangel. „Wir sind da natürlich auf Kante", sagte Landrat Walter. „Ich habe das auch mehrfach sehr deutlich gemacht, dass wir personell tatsächlich jetzt auf dem berühmten Zahnfleisch her kommen. Wir haben im Haus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schieben im Maximum 1200 Überstunden vor sich her."

Grund ist der Fachkräftemangel. Und Grund dafür wiederum der demografische Wandel. Stellen sind genügend vorhanden, aber sie müssen immer öfter mehrmals ausgeschrieben werden. „Wir finden einfach die Bewerberinnen und Bewerber nicht", so Landrat Walter. „Wir spüren auch dann, wenn wir Bewerberinnen und Bewerber haben, dass sie sich oft noch schon parallel orientieren und dann im letzten Moment auch wieder abspringen, weil sie beispielsweise eine Arbeitsstelle gefunden haben, die näher an ihrem Wohnort ist oder aus sonstigen Gründen vielleicht attraktiver erscheinen mag."

Doch nicht nur die Behörden, auch die Pflege leidet immer mehr unter dem Fachkräftemangel. Um so erleichterter zeigt sich Landrat Walter, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht vom Tisch ist. Die hätte auch nicht viel gebracht, denn das Gesundheitsamt hatte untersucht, ob mehr Geimpfte oder mehr Ungeimpfte einen Corona-Ausbruch in einer Einrichtung verursacht hatten.

„Wir haben dann festgestellt: Am Anfang hat das ungefähr der Impfquote entsprochen, das heißt, die Einträge waren 10 Prozent ungeimpft, 90 Prozent geimpft, und das hat sich dann gewandelt", sagte Walter.

 

40 Millionen für die Berufsschulen

Doch neben all den Krisen gab es auch eigene Themen. So konnte am Berufsschulzentrum Tübingen der Spatenstich für das neue Campusgebäude stattfinden, und in Rottenburg soll er demnächst folgen.

„Wir werden in den nächsten Jahren über 40 Millionen in unseren Berufsschulen investieren", sagte Walter. „40 Millionen Euro, und das klingt alles so einfach, Geld investieren, das muss ja auch geschultert werden. Das heißt, unsere Liegenschaftsabteilung, unsere Planer, die wir dort haben, die sind enorm beschäftigt mit diesen Themen."

 

Öffentlicher Nahverkehr: "Spüren noch die Corona-Delle"

Auch die Ammertalbahn hielt den Landkreis Tübingen auf Trab. Dort wurde umgebaut und die Strecke zwischen Tübingen und Herrenberg elektrifiziert. Lange Zeit war die Strecke gesperrt, und Fahrgäste mussten auf Schienenersatzverkehr ausweichen.

Jetzt fahren die Züge wieder, aber die Ammertalbahn hat mit Kinderkrankheiten zu kämpfen. Der Viertelstundentakt konnte deshalb nicht eingehalten werden. „Ich hatte mir schon vorgestellt, dass das reibunglos läuft", sagte Walter, „empfand es selbst als großes Desaster, dass wir den Viertelstundentakt nicht sicher fahren konnten, und deshalb fahren wir jetzt den Halbstunden-Takt, den aber sicher."

Auch im südwestlichen Teil des Landkreises hat sich der öffentliche Nahverkehr verbessert. Hier wurde der Stundentakt auf einen Halbstunden-Takt erhöht, und die Busse bekamen als Kreisbusse ein neues Design. „Viele Menschen wissen ja gar nicht, dass der Landkreis den ÖPNV auf der Straße zum größten Teil organisiert, wir haben ja eine Ausnahme, Tübingen, die Stadt selbst, hat ihren Stadtverkehr in Eigenregie, alles andere läuft über den Landkreis, wird gut angenommen", sagte Walter

Die Corona-Delle sei im öffentlichen Nahverkehr noch zu spüren, so Walter. Aber wie so vieles soll sich auch das wieder ändern. Dann heißt es, auch was Veranstaltungen im Landratsamt selbst angeht: Zurück zur Normalität.

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