KI in der Justiz | Bildquelle: RTF.1

Landgericht Hechingen :

Künstliche Intelligenz in der Justiz

Stand: 22.09.22 19:32 Uhr

Die Justiz in Baden-Württemberg ist bundesweiter Pionier bei der Einführung der elektronischen Akte. Beide Oberlandesgerichte, alle 17 Landgerichte sowie 64 Amtsgerichte sind inzwischen mit der elektronischen Akte ausgestattet. Eine gute Voraussetzung um den nächsten Schritt im Digitalisierungsprozess zu gehen: den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Justiz.


Das Landgericht Hechingen. Digitalisierung wird hier großgeschrieben. Kein Wunder also, dass das bundesweite KI-Pilotprojekt namens „Codefy" gerade hier getestet wird. „Codefy" ist ein KI-gestütztes Assistenzprogramm, das den Richterinnen und Richtern vor allem das mühsame Aktenwälzen erleichtern soll.

Große Zeitersparnis

„Stellen Sie sich vor ein Richter übernimmt von einem Vorgänger eine Akte. Und die Akte ist dick. Normalerweise wird man anfangen, sich von vorne nach hinten durchzuarbeiten, um sich auch den Verfahrensgang zu erschließen. Wenn die KI den Prozessstoff vorstrukturiert, kann sie von Anfang berücksichtigen, dass beispielsweise ein Antrag, der am Anfang gestellt wurde, mit dem man sich lange auseinandersetzen würde, dass der hinterher vielleicht zurückgenommen wurde. Wenn ich das sofort sehe, muss ich mir die Arbeit nicht machen, sondern kann mich auf das konzentrieren, was noch Prozessgegenstand ist. So spare ich mir tatsächlich viel Zeit", erklärt die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges.

Positives Feedback der Mitarbeiter

Zentrale Dinge können durch das KI-Programm gezielt herausgefiltert werden und bieten schnell und einfach einen Gesamtüberblick. Noch befindet sich das Projekt in der Pilotphase, das erste Feedback fällt aber deutlich positiv aus.

„Also die Kolleginnen und Kollegen sehen da große Chancen [...], bei diesen dicken Akten da ein bisschen Unterstützung zu bekommen. Wie immer bei einer neuen Technik, funktioniert noch nicht alles ganz reibungslos, da müssen wir uns auch ein bisschen einfinden. Aber eigentlich sind alle begeistert, wenn wir sehen wieviele Chancen das bietet, wenn es noch ein bisschen verbessert und verfeinert wird", erklärt Florian Diekmann, Präsident des Landgerichts Hechingen.

Effizientes Arbeiten

Einer, der diese neue Möglichkeit ebenfalls sehr schätzt und das Programm genauer vorstellt, ist Hannes Westbomke. Er ist seit 1,5 Jahren als Richter tätig.

„Das ist ein ganz enormer Gewinn. Ich bin mir sicher, dass ich durch so ein Programm, im Vergleich zu einer Papierakte, 30-40% Zeitersparnis habe, dadurch dass ich effizient herausfiltern kann, was wirklich wichtig ist und was ich im Moment jetzt nicht brauche", so Westbomke.

Mit „Codefy" kann sich der Richter nicht nur schnell in den gesamten Unterlagen zurechtfinden, sondern auch im Gerichtsaal schnell ein Dokument an die Wand projezieren. Die eigentliche Arbeit eines Richters, kann am Ende aber auch keine Künstliche Intelligenz übernehmen.

Die Entscheidung trifft ein Mensch

„Im Grunde muss man es wirklich verstehen als das was es dann ist: nämlich ein Assistenzsystem. Das ersetzt keine richterliche Entscheidung. Die Entscheidung trifft ein Mensch. Und es ersetzt auch nicht das Aktenstudium. Aber es macht es leichter, den Stoff zu strukturieren, vorzubereiten und dann auch alles griffbereit zu haben", betont Justizministerin Gentges.

Das Pilotprojekt läuft in Hechingen noch bis Ende des Jahres und soll dann nach erfolgreicher Beendigung auch an anderen Gerichten in Baden-Württemberg zum Einsatz kommen. Zur Vernetzung aller Länder, hat Baden-Württemberg bereits ein Konzept für ein bundesweit einheitliches KI-Portal entwickelt.

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