Ernst-Wilhelm Gohl | Bildquelle: Evangelische Landeskirche Württemberg - Bild: (c) Gottfried Stoppel

Stuttgart:

Neuer württembergischer Landesbischof: Ernst-Wilhelm Gohl wird Nachfolger von Frank Otfried July

Stand: 19.03.22 15:40 Uhr

Der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl wird Nachfolger des amtierenden württembergischen Landesbischofs Frank Otfried July. Nach mehreren Wahlgängen, die zu keiner Entscheidung führten, hatte die Landessynode Gohl als Kompromisskandidaten nominiert. Gohl erzielte die notwendige Zweidrittelmehrheit. Lesen Sie hier alle weiteren Infos zur Wahl des Landesbischofs:

Die 16. Württembergische Evangelische Landessynode hat am Samstag, den 19. März 2022, Ernst-Wilhelm Gohl (Ulm) zum neuen Landesbischof der württembergischen Landeskirche gewählt.

Seine offizielle Einsetzung wird am 24. Juli bei einem Gottesdienst in der Stuttgarter Stiftskirche erfolgen. Im gleichen Gottesdienst wird der amtierende Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July verabschiedet.

Ernst-Wilhelm Gohl, Dekan in Ulm, wurde im fünften Wahlgang nach erneuter Nominierung mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit von 57 von 84 Stimmen gewählt. In den ersten vier Wahlgängen hatte es keine Entscheidung gegeben.

 

Ernst-Wilhelm GohlLandesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July, Ernst-Wilhelm Gohl, Synodalpräsidentin Sabine Foth

 

"Hoffnungsvolles Zeichen für die künftig Zusammenarbeit"

Ernst-Wilhelm Gohl war vom Gesprächskreis Evangelium und Kirche als Kandidat vorgeschlagen worden. „Ich finde, es ist ein starkes Zeichen, dass wir über alle Unterschiede hinweg uns einigen konnten," sagte Gohl zur Wahl durch die Synode, der er selbst angehört:

„Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen für die künftige Zusammenarbeit. Der Geist Jesu führt zusammen. Das möchte ich auch als wichtiges Signal in unsere Gesellschaft hineinsenden."

 

Ernst-Wilhelm Gohl und Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried JulyErnst-Wilhelm Gohl und Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July

 

Landesbischof Dr. Frank Otfried July sagte an seinen Nachfolger gerichtet: „Ich gratuliere sehr herzlich und wünsche Gottes Segensgeleit." July freue mich, "dass in den Herausforderungen und Veränderungsprozessen der nächsten Jahre mit Ernst-Wilhelm Gohl eine Person Verantwortung übernimmt, die gewillt ist, diese Prozesse mit zusteuern und mitzugestalten und dies im geistlichen Horizont des Auftrags der Landeskirche, das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen."

Weiter sagte der amtierende Landesbischof: "Gerne werde ich in den nächsten Wochen im Gespräch mit Herrn Gohl eine gute Übergabe vorbereiten."

 

Ernst-Wilhelm GohlErnst-Wilhelm Gohl

 

"Vielfältige Erfahrungen in unterschiedlichen Arbeitsfeldern als Theologe"

Synodalpräsidentin Sabine Foth, die auch Vorsitzende des Wahl-Nominierungsausschusses ist, erklärte: „Mit Ernst-Wilhelm Gohl ist ein Pfarrer an die Spitze der Landeskirche gewählt worden, der vielfältige Erfahrungen in unterschiedlichen Arbeitsfeldern als Theologe gesammelt hat und diese nun der gesamten Kirche zugutekommen lässt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm."

Privat ist Gohl der Landeskirche zufolge wichtig, mit Familie und Freunden zusammen zu sein, und dreimal in der Woche schnürt er seine Joggingschuhe zum Laufen.

 

 

Ernst-Wilhelm Gohl und Synodalpräsidentin Sabine FothErnst-Wilhelm Gohl und Synodalpräsidentin Sabine Foth

 

 

Über Ernst-Wilhelm Gohl

Geboren wurde Gohl als Pfarrerskind am 3. Juni 1963 in Stuttgart. Aufgewachsen ist er in Esslingen-Sulzgries und Mössingen.

Nach Zivildienst absolvierte Gohl im Rettungsdienst Ausbildung zum Rettungsassistenten. Anschließend folgte das Studium der Ev. Theologie in Tübingen, Bern und Rom (Facolta Valdese).

Berufliche Stationen waren von 1992 bis 1994 Vikariat an der Stadtkirche Böblingen. Von 1994 bis 2001 folgten Unständiger Dienst und erste ständige Pfarrstelle an der Christuskirche / Ökumenisches Gemeindezentrum Böblingen. Von  2001 bis 2006 war Gohl Pfarrer an der Stadtkirche Plochingen. Derzeit ist Gohl Dekan in Ulm.

Weitere Ämter und Ehrenämter sind: Gohl war unter andererem Mitglied der 14., 15. und 16.  Landessynode als direkt gewählter Theologe des Wahlkreises Blaubeuren Ulm.

Ernst-Wilhelm Gohl ist mit der Apothekerin Dr. Gabriela Gohl. verheiratet. Er hat zwei inzwischen erwachsene Kinder und einen Sohn, der im Alter von 3½ Jahren tödlich verunglückte.

 

Bischofswahl während der dreitägigen Frühjahrstagung

In der württembergischen Landeskirche werden die Synodalen und damit die Landessynode, die auch Bischofswahlgremium ist, von den Gemeindegliedern direkt gewählt. Innerhalb der Landessynode gibt es derzeit vier Gesprächskreise. Die Synodalen vertreten die vielfältigen Interessen der knapp 1,9 Mio. Kirchenmitglieder.

Die 91 Synodalen der Landessynode hatten am vergangenen Donnerstag, 17.März 2022, die Beratungen ihrer dreitägigen Frühjahrstagung aufgenommen. Obwohl die Tagung in einem hybriden Format stattfindet, sind die Synodalen vollzählig unter strengen Corona-Regeln vor Ort im Stuttgarter Hospitalhof versammelt, da nur Anwesende zur Bischofswahl zugelassen sind. Die Tagung selbst ist Pandemie-bedingt nicht für Gäste zugänglich. Interessierte können die Beratungen der Synode in einem Livestream verfolgen.

 

Frühjahrssynode 2022 der Evangelischen Landeskirche WürttembergFrühjahrssynode 2022 der Evangelischen Landeskirche Württemberg

 

Der erste Sitzungstag stand im Zeichen der Wahl des Nachfolgers von Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July, der im Sommer in den Ruhestand geht. Zur Wahl stellten sich die Tübinger Studieninspektorin am Evangelischen Stift, Pfarrerin Dr. Viola Schrenk, der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl sowie der Vorstandsvorsitzende von „die Zieglerschen e. V. – Wilhelmsdorfer Werke evangelischer Diakonie", Pfarrer Gottfried Heinzmann.

Eröffungsgottesdienst:  Ukraine-Krieg, Bedeutung von Gebet und Fürbitte

Zur Eröffnung der Tagung feierten die Synodalen einen Gottesdienst in der Stuttgarter Hospitalkirche, bei dem Landesbischof July in seiner Predigt unter anderem über die Leiden der Opfer des Ukraine-Krieges im Land und auf der Flucht sowie über die Bedeutung des Gebets und der Fürbitte sprach.

Am Freitag standen zunächst Grußworte von Daniel Born, Vizepräsident des Landtags Baden-Württemberg und Kirchenpolitischem Sprecher der SPD-Fraktion, sowie von Oberkirchenrat Dr. Steffen Merle, Referent für Sozial- und Gesellschaftspolitik der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), auf dem Programm.

Im Verlauf des Tages hielt Landesbischof July den traditionell üblichen Bischofsbericht; die Synode berät zudem unter anderem ein Eckpunktepapier zur Verwaltungsreform. Die Mittelfristige Finanzplanung bildet am Samstag einen Schwerpunkt der Tagesordnung. Für die aktuelle Stunde steht ein Friedensgebet im Zeichen des Ukraine-Krieges an.

Zusammensetzung des Wahlgremiums, Wahlverfahren

Es waren 86 von 91 Synodalen anwesend und damit wahlberechtigt. Entschuldigt waren drei Synodale des Gesprächskreis Lebendige Gemeinde und je ein Synodaler der Gesprächskreise Offene Kirche und Kirche für morgen. Die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Wahl zum Landesbischof oder zur Landesbischöfin lag damit nach der Wahlordung bei 58 Stimmen.

 

Frühjahrssynode 2022 der Evangelischen Landeskirche WürttembergFrühjahrssynode 2022 der Evangelischen Landeskirche Württemberg

 

Die Synodalen der Landessynode haben sich in drei Gesprächskreisen zusammengeschlossen: Der Gesprächskreis Offene Kirche hat 31 Sitze, der Gesprächskreis Lebendige Gemeinde hat 30 Sitze, der Gesprächskreis Evangelium und Kirche hat 17 Sitze und der Gesprächskreis Kirche für morgen hat 12 Sitze. Hinzu kommt der stimmberechtigte Vertreter der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Tübingen, Prof. Dr. Jürgen Kampmann.

Die Wahlscheine enthalten lediglich den oder die Namen der Kandidaten. Ein „Nein" ist deshalb keine wählbare Option. Wer also - bei nur noch einem Namen auf dem Wahlschein - eine Ablehnung zum Ausdruck bringen will, tut dies mit einer ungültgen Stimmabgabe.

Der erste Wahlgang: Heinzmann vor Schrenk und Gohl

 Synodalpräsidentin Sabine Foth hatte am Donnerstag ab10:55 Uhr zunächst TOP 2 (Wahl des neuen Landesbischofs oder der neuen Landesbischöfin) aufgerufen. Anschließend stellten sich die drei Kandidaten jeweils eine Viertelstunde lang vor.

Um 12:03 Uhr begann der erste Wahlgang; die Synodalen wurden einzeln zur Stimmabgabe aufgerufen.

 Um 12:29 Uhr lag das Ergebnis des ersten Wahlgangs vor: Gottfried Heinzmann erhielt 38 Stimmen, Ernst-Wilhelm Gohl bekam18 Stimmen, Dr. Viola Schrenk erhielt 30 Stimmen. Damit hatte keiner der drei Kandidaten die notwendige Zweidrittel-Mehrheit erreicht.

Der zweite Wahlgang: Gohl zieht Kandidatur danach zurück

Das Ergebnis des zweiten Wahlgangs lag um 12:52 Uhr vor: Gottfried Heinzmann 37 Stimmen, Ernst-Wilhelm Gohl 19 Stimmen, Dr. Viola Schrenk 30 Stimmen. Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit wurde nicht erreicht. Die Synodalen gingen anschließend in die Mittagspause.

Vor Beginn des dritten Wahlgangs zog Ernst-Wilhelm Gohl seine Kandidatur zurück. Gohl war offenbar bereits im Vorfeld  der Landessynode als möglicher Kompromisskandidat für den Fall im Gespräch, dass keiner der anderen Kandidaten im Verlauf der Abstimmungen die notwendige Zweidrittel-Mehrheit erreichen würde.

Später wird Gohl bei der anschließenden Pressekonferenz zu seinem Rückzieher sagen: "Mein Anliegen war: Die Runde können wir uns sparen". Denn in den darauffolgenden Wahlgängen ging es nur noch um die Frage, ob einer der beiden anderen Kandidaten eine Zweidrittel-Mehrheit erreicht oder nicht.

Die Linie seines Gesprächskreises "Evangelium und Kirche" sei gewesen: "Wir bieten einen Kompromisskandidaten, wenn´s keine Einigung zwischen den großen Gesprächskreisen gibt."

Allerdings, so Gohl auf der Pressekonferenz, sei ihm nicht klar gewesen, dass schon nach dem nächsten Wahlgang einer der beiden verbleibenden Kandidaten wegfallen werde. Hätte er das gewusst, dann hätte er nicht zurückgezogen, um die Wahl - sinngemäß - offener zu halten.

Der dritte Wahlgang: Schrenk scheidet aus

Um 16:33 begann der dritte Wahlgang; um 16:57 Uhr lag das Ergebnis vor: Gottfried Heinzmann 41 Stimmen, Dr. Viola Schrenk 39 Stimmen. Sechs Stimmen waren ungültig. Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit wurde nicht erreicht.

Nach dem Wahlgesetz war damit Dr. Viola Schrenk aus dem Verfahren ausgeschieden. Im nächsten, vierten Wahlgang stand somit nur noch Gottfried Heinzmann zur Wahl. Benötigt wurde wiederum eine Zweidrittel-Mehrheit.

Der vierte Wahlgang: Heinzmann verfehlt notwendige Zweidritten-Mehrheit

Um 19:23 lag das Ergebnis des vierten Wahlgangs vor, der um 19 Uhr begonnen hatte: Gottfried Heinzmann erhält 44 Stimmen; 42 Stimmen waren ungültig. Damit verfehlte Heinzmann auch als Alleinkandidat die notwendige Zweidritte-Mehrheit.

Gemäß dem vorgesehenen Prozedere muss nun der Nominierungsausschuss einen neuen Nominierungsvorschlag verabschieden.

Neuer Nominierungsvorschlag des Nominierungsausschuss: Ernst-Wilhelm Gohl 

In der Folge tagten die die Gesprächskreise und der Nominierungsausschuss weiter, um entsprechend dem Prozedere, das für diesen Fall vorgesehen war, einen neuen Nominierungsvorschlag zu verabschieden.

Um 20:08 Uhr lang dann der neue Wahlvorschlag vor, den der Nominierungsausschuss hat nach, wie es auf der Homepage der Evangelischen Landeskirche heißt, "intensiven Gesprächen in und zwischen den Gesprächskreisen der Landessynode" aufgestellt hatte: "Auf diesem Wahlvorschlag steht der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl".

Der Ulmer Dekan war offenbar bereits im Vorfeld der Synode als Kompromisskandidat für diesen Fall im Gespräch.

Der abschließende, fünfte Wahlgang: Ernst-Wilhelm Gohl wird neuen Landesbischof

Am Samstag um 9 Uhr begann der nächste Wahlgang mit dem neuen Nominierungsvorschlag mit Ernst-Wilhelm Gohl. Gegen 9:25 Uhr stand das Ergebnis fest:

Ernst-Wilhelm Gohl ist zum nächsten Landesbischof der württembergischen Landeskirche gewählt worden.

Anschließende Pressekonferenz

In der anschließenden Pressekonferenz stellte sich Gohl den Medienvertretern vor. der designierte Landesbischof berichtete von seinen Erfahrungen in seinen bisherigen Gemeinden und Ämtern. So habe er unter anderem erfahren, dass auch eine konservativ ausgerichtete Gemeinde offen sei für neue Ansätze, und man gemeinsam viel bewegen könne.

Vielfältigkeit in der Kirche sehe er als Bereicherung; nicht als Schwäche, antwortete er auf die Frage eines Medienvertreters.

Das Thema Oberkirchenrat sei ihm bislang wenig vertraut, damit müsse er sich noch befassen, sagte Gohl auf die Frage eines Medienvertreters, wo er im Hinblick auf seine neue Aufgabe als Landesbischofs noch Nachholbedarf habe.

Auf die Frage nach seinem Rückzieher vor dem dritten Wahlgang sagte Gohl: "Mein Anliegen war: Die Runde können wir uns sparen". Denn in den darauffolgenden Wahlgängen ging es nur noch um die Frage, ob einer der beiden anderen Kandidaten eine Zweidrittel-Mehrheit erreicht oder nicht.

Die Linie seines Gesprächskreises "Evangelium und Kirche" sei gewesen: "Wir bieten einen Kompromisskandidaten, wenn´s keine Einigung zwischen den großen Gesprächskreisen gibt."

Allerdings, so Gohl auf der Pressekonferenz, sei ihm nicht klar gewesen, dass schon nach dem nächsten Wahlgang einer der beiden verbleibenden Kandidaten wegfallen werde. Hätte er das gewusst, dann hätte er nicht zurückgezogen, um die Wahl - sinngemäß - offener zu halten.

Die Wahl Gohls als Kompromisskandidat sehen die bei der Pressekonferenz anwesenden Vertreter der Evangelischen Landeskirche nicht als Nachteil: Trotz der schwierigen Situation, dass zuvor keiner der beiden Kandidaten der beiden großen Gesprächskreise eine Zweidrittelmehrheit erzielt habe, sei eine Einigung erzielt worden, die anschließend eine - wenn auch knappe - Zweidrittel-Mehrheit erzielt hat. Dass Gohl mehr als Zweidrittel der Stimmen auf sich vereinigen konnte, sei beeindruckend und zeige auch die breite Unterstützung für den neuen Landesbischof.

Fake E-Mails: Landesbischof July fordert NICHT zum Geschenk-Kauf für seinen Nachfolger auf

Zu Beginn der Nachmittagssitzung der Synode wurden die Synodalen darüber informiert, dass derzeit fake-E-Mails verschickt werden: Vorgeblich befände sich Landesbischof July in einer anderen Sitzung und fordere den E-Mails zufolge dazu auf, Geschenke für seinen heute gewählten Nachfolger zu kaufen.

Diese E-Mails sind offenbar Spam-E-Mails, die nicht von Landesbischof July verschickt. Er fordere niemand auf, Geschenke für Gohl zu kaufen.

 

 



Quellen:

Jüngste Bearbeitung:19.03.2022-12:50 Uhr

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