Container auf Festplatz | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Landrat Joachim Walter und Dr. Lisa Federle zur Impfquote

Stand: 18.01.22 17:10 Uhr

Landrat Joachim Walter und Dr. Lisa Federle appellieren: „Diskussion um Impfpflicht darf nicht noch größeren Keil zwischen unsere Gesellschaft treiben“

Das Land Baden-Württemberg erfasst regelmäßig die Impfquoten der Landkreise in Baden-Württemberg. Im Landkreis Tübingen sind aktuell 70,6 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft; 46,5 Prozent haben bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten. Damit belegt der Landkreis Tübingen bei der Quote der doppelt Geimpften landesweit den 5. Platz; bei den Auffrischungsimpfungen Platz 9. Die Impfquote des Landes Baden-Württemberg für doppelt geimpfte Personen liegt bei 67,5 Prozent, für Auffrischungsimpfungen bei 39,9 Prozent. Auch bei der Durchimpfung der Pflegeeinrichtungen sind die Zahlen im Landkreis Tübingen erfreulich: 93 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner sind doppelt geimpft, 81,2 Prozent haben bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten. (Zum Vergleich: Mitte Dezember lag die Quote der Auffrischungsimpfungen in den Pflegeeinrichtungen noch bei 68,2 Prozent.)

„Diese Zahlen zeigen: Die Menschen im Landkreis Tübingen nutzen die hiesigen Impfangebote überdurchschnittlich gut", so Landrat Joachim Walter. „Landkreis, Universitätsklinikum und die vom DRK-Kreisverband organisierten Mobilen Impfteams tun seit Monaten alles, um den Menschen im Landkreis Tübingen ein niederschwelliges Impfangebot zu machen. Hinzu kommen die zahlreichen Impfangebote durch die Ärzteschaft." Man habe zwischenzeitlich in Abstimmung mit dem Land den größten Impfstandort in Tübingen-Hirschau vorübergehend geschlossen, weil die Zahl der Impfungen stark rückläufig war. An den Impfstandorten in der Alten Apotheke in Tübingen, in Rottenburg und in Mössingen werden derzeit täglich an sieben Tagen in der Woche im Durchschnitt insgesamt rund 750 Impfungen durchgeführt; darunter Erst-, Zweit- und auch Auffrischungsimpfungen. Hinzu kommen seit dem 17. Januar auch wieder mobile Impfaktionen in den Gemeinden.

Dr. Lisa Federle, DRK-Präsidentin und Pandemiebeauftragte im Landkreis Tübingen, zeigt sich besonders erfreut über die gute Impfquote bei den Bewohnerinnen und Bewohnern in den Pflegeeinrichtungen im Kreis: „Der Schutz der vulnerablen Gruppen war mir von Anfang an ein wichtiges Anliegen. Wir haben in den Heimen sehr früh damit begonnen, die Menschen regelmäßig zu testen. Auch waren die Pflegeeinrichtungen die ersten, die unsere Mobilen Teams zu Beginn des Jahres 2021 zur Impfung aufgesucht haben – mit dem Ziel, vor allem die Menschen zu schützen, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, wenn sie sich mit Covid-19 infizieren. Diejenigen, die eine Auffrischungsimpfung erhalten haben, haben bei einer Infektion überwiegend milde Symptome. Deshalb stehe ich voll und ganz hinter der Impfung", so Federle. Sie mahnt jedoch in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen dringend eine „Neubewertung der Situation" an. „Das Virus hat sich verändert, also müssen wir auch die Situation neu bewerten und unsere Denkrichtung ändern", ist sie überzeugt. „Die bislang vorliegenden Daten zu Krankheitsverläufen, zu Ansteckungsquoten auch bei geimpften Personen und Personen mit einer Auffrischungsimpfung und von Impfnebenwirkungen müssen dringend zusammengeführt werden, damit wir aus der Pandemie kommen". Die Sinnhaftigkeit einer generellen Impfpflicht müsse deshalb genau betrachtet und könne nicht übers Knie gebrochen werden, bevor diese Analysen nicht stattgefunden hätten, mahnt Federle.

Federle richtet ihren Dank an alle, „die dazu beitragen, dass für die Menschen im Landkreis Tübingen ein gutes Impfangebot besteht: Dem Universitätsklinikum und dem Landkreis Tübingen, die mit der Hilfe vieler engagierter Menschen im Auftrag des Landes Baden-Württemberg die Impfstandorte aufgebaut haben und betreiben, meinem Team des DRK und nicht zuletzt der Hausärzteschaft für ihre große Unterstützung."

Landrat Joachim Walter hält eine generelle Impfpflicht nicht nur aufgrund einer „notwendigen Neubewertung der pandemischen Situation aus verfassungsrechtlicher Sicht" für nicht umsetzbar. Bei Grundrechtseingriffen müsse nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der sogenannte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden. Danach müsse eine Impfpflicht geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Daran bestünden bei der aktuellen Entwicklung des Virus mehr als nur erhebliche Bedenken. Es sei anfangs aus seiner Sicht richtig gewesen, Überlegungen zum Thema Impfpflicht anzustellen. „Es ist gut und wichtig, dass wir die Möglichkeit der Impfung haben. Wir haben nun aber eine andere Situation, in der auch Virologen die Hoffnung haben, dass es sich bei Omikron um eine Immunflucht-Variante handelt, womit wir die Chance hätten, in absehbarer Zeit in die sogenannte endemische Phase zu kommen. Prof. Christian Drosten sagt, dass wir nicht auf Dauer alle paar Monate über eine Booster-Impfung den Immunschutz der ganzen Bevölkerung erhalten können. Auch er legt den Fokus auf den Schutz der vulnerablen Gruppen." Es spreche also vieles dafür, die Diskussion um eine mögliche Impfpflicht mit Bedacht und Augenmaß zu führen.

„Vor allem aber vor dem Hintergrund der tiefen Spaltung der Gesellschaft müssen wir alles tun, die entstandenen Gräben wieder zuzuschütten. Wir müssen uns auch nach dem Ende der Pandemie wieder in die Augen schauen können und miteinander leben. Wer sich nicht für eine Impfung entscheiden kann oder möchte, hat oftmals nachvollziehbare Gründe für seine Ansicht. Politisch Verantwortliche sind in der Pflicht, nicht noch größere Keile zwischen die Menschen zu treiben.", so Walter. Mit Ausgrenzung und der Androhung von Bußgeldern und Beugehaft werde dies allerdings nicht gelingen. Im Übrigen rate er „allen Anhängern des wilhelminischen Polizei- und Obrigkeitsstaates zu einer Schweigemeditation".

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